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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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1862 konnte ihm daher nicht bcsser gelingen, als es der
Fall gewesen. Mit nm so größerer Freude muß man ihn
sich mit so günstigem Erfolg in seinem rechten Fahrwasser
bcwegen sehen. Das Bild war, wie der Jdee und der
räumlichen Stellung, so auch der Ausführung und der
künstlerischen Bedeutung nach der Kernpunkt des Ganzen.

Doch hatten ihm die vicr Künstler, die sich in die
anderen Aufgaben getheilt, wackcr sekündirt. Sie durften
die glücklicheren Schwestern in hellerem Glanze und
leuchtenderen Farben auftretcn lassen, und sie haben ihr
koloristisches Können an denselben glänzend bewiesen.
Fritz Kraus malte Poiiimern und Posen frisch und selbst
mit Hnmor; Wilhelm Amberg gab Brandenburg im
Kurornate zwischen Sachsen und Schlesien stolz und
würdig. Weit überlegen waren indcsscn die beidcn
Bilder zur Linken mit den westlichen Provinzen des
Reiches: zunächst der Mitte ließ Gnstav Richter das
Rheinland mit Nassau und Hesscn zum Werke der Hülfe
herantreten; weiter nach vorn folgte Westphalen mit
Hannover und Schleswig-Holstein. Jn der Komposition
herrschte bei Beiden Freiheit und gewandte Sicherheit, in
dcn Formen Fülle und Schönheit, in der Farbe leuchtende
Kraft und feine Harmonie. An Noblesse kam nichts der
Hannovera auf dem letzten Bilde von Karl Becker nahe,
nichts der Rhenania an blühender Ueppigkeit.

Die fünf trefflichen Bildcr, die leider von ihrem
architektonischen Rahmen losgelöst werden, hat der ge-
schmackvolle Sammler, Herr Geheimrath MendelSsohn,
wie man erfährt für 2060 Thalcr, angekauft.

Creseld, im Februar 1868.

^v. L. Zur Ausschmückung unseres Rathhaussaales
mit Darstellungen aus der Geschichte der Stadt hat Ein-
gang vorigen Jahres der Berwaltungsrath des Rheinischen
Kunstvereins einc Kontürreiiz ausgeschricben. Trotz der
Nähe von Düsseldorf uud trotz des zugesagteu ansehulichen
Hvnorares von 6000 Thlr. wurden Herbst 1867 bloß
drei Skizzenreihen eingercicht. von denen indeß keine der
Ausführung würdig befunden war. Die Erklärung liegt
sehr nahe: wie soll der Künstler aus der keineswegs inter-
essanten Geschichte einer Fabrikstadt, die erst iu jüngster
Zeit sich blühender entwickelt hat, die bedeutsamsten Mo-
mente herausfinden? So gingen die gewählten Stoffe
auf das Wunderlichste auseinander. Das Eingang dieses
Jahres ergangene zweite Konkurrenz-Ausschreiben hat
ebenfalls die Aufgabe in keiner Weise näher präcisirt, so
daß dic doppelte Gefahr vorliegt, die Künstler möchteu
entweder dieselben Mißgrisfe in der Wahl dcs Stoffes
begehen, odcr ganz und gar von weiterer Betheiligung
abgeschreckt werden.

So traten im Jntcrcffc der Sache einige Bürger
unserer Stadt, welchen eine nähere Kenntniß der Special-

geschichte von Crefeld zur Seite stand, zur Berathung zu-
sammen, um den Künstlern wenigstens das Nächste zu
erspareu, die Wahl des Stoffes. Der Saal hat vier
elf Fuß hohe Wandflächen, je zwei von 14 resp. 9 Fuß
Breite, außerdem vier Felder über den Thüren, 6 Fuß
breit auf 5 Fuß Höhe. Als bedeutsamste Momente unserer
städtischen Geschichte wurden zur Ausführung empfohlen:

1. Erste Schmalseite. Die Bcrkündigung des
von Karl lV. ertheilten Stadtrechts und Stadt-
wappcns durch den Grafen Friedrich von Mörs 1373.
Scene Markt vor dem Rathhause.

2. Erste Breitseite. Einzug der vertriebenen
Mcnnoniten, als Träger der Seidenindustrie 1654.
Scene vor der Stadt, dic im Hintergrund sichtbar ist.

3. Zweite Breitscite. Friedrich's des Großen Be-
such in den Seidenwerkstätten der Familie von
der Leyen 1763. Der König betrachtet den Webstuhl
und Proben kunstreicher Gewebe.

4. Zweite Schmalseite. Einzug der Preußen,
Februar 1814, Braunschweigische Husaren werden vom
Volke freudig empfangen. Abreißung des französischen
Adlers, Aufpflanzung der preußischen Fahne.

Bezüglich der vier Felder über den Thüren
waren die zur Berathung Zusammengetretenen der Ansicht,
daß dieselben nicht iu die historische Reihenfolge einzu-
fügen seien, überhaupt nicht geschichtliche Borgänge dar-
stellen, sondern durch Kindergruppcn auf die verschieden-
artige Thätigkeit der Stadt (Seidenindustrie, Ackerbau,
Kunst und Wissenschaft) hinweisen möchten. Doch ward
dem Urtheile der Künstler anheimgegeben, auch Kinder-
gruppen mit den Wappen der verschiedenen Herrscherhäuser
zu wählen, welcheu die Stadt unterthan war.

Der Vcrwaltungsrath des Kunstvereins, welchem das
diese Borschläge entwickelnde Gutachten mitgetheilt wurde,
glaubte eine nachträgliche Beschränkuiig seines Ausschrei-
bens sich nicht gestatten zu dürfen, aber er erkannte zu-
gleich die crwähnten Borschläge als sehr praktisch und als
werthvolles Material für die Künstler an, und erklärte
eine anderwcite Veröffeiitlichuiig dcrselbcn für sehr wün-
schenswerth. Von künstlcrischer Seite aus sind bereits
dic erwähnten Borschläge als malerischer Ausführuug
durchaus günstig anerkannt worden.

Die Gemälde'sollen mit nicht glänzenden Oelfarben
auf Leinwaud ausgcführt werden. Die Farbcnskizzen, in
i/,2 der wirklichen Größc, sind bis zum 1. Juli d. I. au
den Sekretär des Rheinischen Kunstvereins, Herrn vr.
Hausmann zu Düffeldorf, einzusenden, welcher den Situ-
ationsplan des Saales mittheilt.

Hoffentlich werden diesc Zeilen dazu dicnen, der näch-
sten Konkurrenz auch aus weiteren Kreisen recht tüchtige
Bewerber zuzuführen.
 
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