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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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chen", wie es, vom Schlaf überwältigt, Spinnrocken und I
Kunkel sinken läßt, und in süßer Selbstverlorenheit das !
Köpfchen auf die Schulter fällt. Ein ganzer Kinder-
himmel voll Unschuld strahlt aus den reinen Zügen.
Artig ist auch die kleine Grnppe „Hansel und Gretel",
wo das Schwesterchen schlummernd an der Schnlter des
kleinen Brnders lehnt, der die Schlafende in treuer Sorg-
falt mit dem Arme umschlingt. Zu den schönstcn dieser
kleinen Gruppen gehört endlich „Schneewittchen". . Es
ist der Moment dargestellt, wo die böse Stiefmutter mit
dem vergifteten Kamm Schneewittchens Haar berührt, und
wo das Gift an zu wirken beginnt. Dies hat der Künstler
in dem plötzlichen Znsammenfahren, in dem Aufzucken des j
Schmerzes überans wahr und fein ausgcsprochen.

Wir brauchen Nichts hinzuzufügen; diese rein em-
psundenen Schöpfungen müssen Jedem zum Herzen
sprechen, und wir zweifeln nicht, daß sie in den trefflich
ausgeführten Photographieen sich üb:rall einbürgern wer- j
den, wo irgend der Sinn für naive Schönheit und für das
volksthümlich Poetische offen ist. W. Lübke.

Archäologische Studien zu Lucian von Hugo
Blümner. Breslau. Verlag von Max Mälzer.

1867.

L. Ll. Obgleich Lucian nie ein speciell knnstgeschicht-
liches Thema behandelt, bilden seine Werke doch eine
der wichtigsten schriftlichen Quellen übcr die griechische
Kunst, weil er es licbt, statnarische Werke und Gemälde
znr Jllustration seiner Darstellungen heranznziehen, nnd
über Künstler und Kunstwerke auf Grund einer umfassen-
den Denkmälerkenntniß, einer wenigstens für die Plastik
durch eigene Uebung erlangten gründlichen Vertrautheit
mit der Technik und eines für seine Zeit überraschend ^
fein nnd solide gebildcten kritischen Gefühls selbst in de»
flüchtigstcn Bemcrkungen sicker und treffend urtbeilt.
Diese Vorzüge sinv natürlich den Gesckicktschreibern der
antiken Kunst zu keiner Zeit entgangen, und so ist kaum
eine einschlägige Stelle, die nicht schon für die historische I
Darstellung herangezvgen wäre. Bisher aber ist in der ;
Regel jede Stelle nur in dem Zusammenhange mit den
Aussprüchen und Berichten anderer Schriftsteller über
den gleichen Gegenstand zusammengehalten worden,
während das reiche archäologische Material im Lucian
allein noch nicht zn einem selbständigen Gesammtbilve
gestaltet ist. Es lcuchtet ein, vaß sich hieraus interesiante
ncue Gesichtspunktc crgeben; nnd wäre eS auck nur der,
zu erfahren, wie sich die griechische Kunst der Vorzeit in
der Vorstellnng eines künstlerisch gebilveten, ästhetisck
sein fühlenden Mannes aus der Verfallzeit abspiegelte,
der sich über die Anschauungen seiner Zeit erhob, so wäre
eine solchc Untersuchung schon dcr Mühe werth; in so
fern sinddie vorliegenden Studieu Blümner's jedenfalls
eine dankenswerthe Arbeit. Nicht zwar, daß wesentlich
neue Ergebnisse für die Wissenschaft durch dieselben ge-
wonnen wären; aber die Autorität Lucian's gewinnt
wesentlich, wenn man so die ganze Menge feinsinniger,
von bewußten Prinzipien der Beurtheilung, die bei dieser
Art dcr Untersnchnung erst in die Augen springen, ans-
gehendcr Acußerungeu über Kunst nnd Künstler überpeht,
wenn man bemerkt, wie dieselben sich mit wohlüberlegter
Auswahl über die verschiedenen Perioden der Kunstent-
wickelung verbreiten, und in den Stand gesetzt wird, den
Sinn des Einzelnen aus der allgemeinen Ansckannng des

Autors heraus richtig zu erkennen. Der Verfasser gelangt
auf dem Wege besonnener Kritik und gründlicher Methode
durch die wohl disponirte Fülle des Einzelnen Schritt vor
Schritt zur Konstruction jenes Gesammtbildes der grie-
chischen Kunst im Geiste Lucian's, welches ans den Ur-
theilen über die einzelnen Künstler und Werke sich auf-
baut nnd dnrch die Aphorismen über die ihm gleichzeitige
Kunst seinen Abschluß erhält. Die verschiedenen Unter-
suchungen sind gründlich und klar, der Ton ruhig und
würdig; nur an ein paar Stellen, wo der empor sich
schraubeuden Ohnmacht entgegengetreten werden mußte^
(wie z. B. gegen Stahr in seinem Torso) wird er ab-
sprechend und bissig; gewiß nicht mit Unrecht. Auf
Einzelnes einzugehen verbietet hier der Raum, wir würden
sonst die Abschnitte über Kalamis und Skopas, über
Zeuxis und Aätion, u. a. genauer in's Auge fassen.
Wir verzichten darauf und verweisen diejenigen, welche
sich mit archäologischen Studien beschäftigen, aufdas Bnch
selber, das man bei Untersuchungen von Lucian erwähn-
ter Kunstwerke nicht nur nicht wird ignoriren dürfen,
sondern überall mit Vortheil zu Rathe ziehen wird.

Bon G. B. de Rossi's römischem Katakombenwerke ist

kürzlich dcr zweite Band (67 Taseln, theilweise Farbendruck,
mit Text) erschienen. Er enthält die Bcschreibung der Kata-
kombe des h. Callistus an der Via Appia, der großartigsten
und historisch bedeutsamsten dieser altchristlichen Begräbnißan-
lagen. Sowohl der Ban und die Perioden der Ausgrabung
als auch die Gemälde und der sonstige monumentale Jnhalt
der Katakombe werden darin erörtert und u. A. 500 facsimilirte
Jnschriften als Beigaben der historischen Darstellung mitgetheilt.
Die Gemälde gehören der großen Mehrzahl nach dem dritten
Jahrhundert unserer Zeichrechnung an. Den architektonischen
Theil bearbeitet, wie beim ersten Bande, der Bruder des
Verfassers, M. St. de Rossi.

Feuillet de Conches hat einen vierten Band seiner
„6Lusorie8 ä'un curieux" (Paris, Plon) erscheinen lassen.
Derselbe enthält u. A. eine aussiihrliche Studie über die An-
fänge der englischen Kunst und die frcmdcn Meister, welche zu
ihrer Entwickelimg wesentlich beigetragen, als Mabuse, Hol-
bein, Ant. Moor rc.

Das Hundcrtguldcnblatt Rcmbrandt's, welches im vori-
gen Jahrc auf der Price'schen Auktion für 1180 L von
C. B. Palmer Bedfordrow erworben wurde, ist kürzlich bei
der Versteigerung der Palmer'schen Sammlung von dem Kunst-
händler W- Drugulin in Leipzig sür l lOO L erstanden. (Vergl.
Kunstchronik 1867, S. 114).

Luilstililterricht.

-tz Bcrlin. Die höhere Zcichenschnle fiir Damen von
vr. Scholz nnd Troschcl hat der hohen Protektion dcr Kron-
prinzessin bercits ihre Uebersiedelung in ein eigenes auSrcichen-
des Lokal zu danken. Nach Pfingsten sind die neu eingerichteten
Lehr- nnd Zeichensäle in einer leer stehenden ehemaligen
Kaserne nahc dem Mittelpunkte der Stadt (neue Friedrichs-
straße 7) eröffnet worden. Zugleich hat der Unterricht eine
Erweiternng erfahren. Herr Profesior Theodor Hosemann
hat den Unterricht im Figurenzeichnen übernommcn, und wird
demnächst in Gemeinschaft mit dem Herrn Professor Adolph
Eybel nach genügender Vorbereitung der Schülerinnen daS
Malatelier eröffnen. — Unter den Lehrern, die bereits im
Wintersemester thätig waren, und die der Anstalt noch erhalten
sind, ist jüngst durch ein Versehen Herr vr. Feldner Lber-
gangen worden, der Mythologie vorträgt. — Der „Central-
verein für das Wohl der arbeitenden Klasse" hat in der
Anstalt, nachdcin cr sick von deren zweckmäßigen Einrichtungen
und crfolgreichen Wirken überzeugt, zwei Freistellen auf
ein Jahr gestiftet, welche von dcm, gleich der Zeichenschule
unter dem Protcktorate der Kronprinzessin stehenden „Verein
zur FLrderung dcr Erwerbsfähigkeit des weiblichen GeschleckNes"
besetzt werdeu sollen.
 
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