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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.5183#0206

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205

Korresporrdenzen.

Jnnsbruck, Mittc Scptembcr.

» ? * Das tjcurige Jahr scheint mir zu einer Besprech-
uug künstlerischer Leistungen wenig Stoff zu bieten. Fvrt-
während thätiz istdieGlasmalereianstaltvon Neuhanser,
wo sich Kunst und Handwerk in erfreulicher Weise die
Hand reicheu. Sie wird auch bereits für Privatzweckc in
> Anspruch genommcn; so schcn wir ebeu jetzt eiu Fenstcr
für Schloß Dillborn ausgcstellt. Den meistcn Staub
wirbcln die Architckten auf, aber begehren Sie ja nicht
zu schaueu, was bcdcckcu Nacht und Grauen, soust reden wir
Jhncn von der modcrnen Jnnsbrucker Gcthik, neben der
man den üppigeu Zopfstil des altcn Landhauses be-
wundern lernt. Dieses wurde im Lauf des Sommers
herabgeputzt, wic wir sageu dürfcn, mit möglichster Scho-
nung desVorhandenen. — Für eines unserer neugothischen
Häuser ist die Büste des Tirolerdichters Herman von
Gilmbestimmt. DieMarmorbüstewurdevonJ. Gröbmer,
einem Schüler Schwanthaler's vcrfertigt. — Einiges kunst-
historische Jntercsse bietet ein Aufsatz des V. Jahrganges
des Archives für Gcschichte und Alterthumsknnde TirolS.
Jnstinian Ladurncr schrcibt über die'Münze und das Münz-
wesen in Tirol vom 13. Jahrhundert bis zum Ableben
Kaiser Maximilian's 1519." Unter Sigmund dem „münz-
reichcn" Sohn Friedrich'smit der „lecrcn Tasche" wurden
bekanntlich zu Hall aus den Erzen von Schwaz die schönstcn
Münzen Dcutschlands geprägt. So auch jcne prächtige
Denkmünze, welche auf der einen Seite Max mit langen
Haaren im 19. Jahrc, anf der andcren Marie von Bur-
gund in ihrem 20. zcigt. — Wir werden nun an unserer
Univcrsität auch Borträge über Kunstgeschichtc haben.
Anfangs glanbte man, der Bildhauer Stolz, der im
Verlauf diescs Jahrcs zu Rom Kunststudicn machte, sei
dafür ansersehcn: zwar ein cinseitiger Ultramontaner, aber
cin kcnntnißreicher Mann; — nun überrascht uns die
Nackricht,Herrvr.Tob. Wildaner, ProfefforderPhilo-
sophie, sei damit beauftragt. Wir vcrkennen Wildauer's
Verdicnstc, namentlich als Publicisten im Kampfe gegeu
die Ultramoutancn nickt; vou seincn Kunststudien weiß
man abcr hier nichts. Jnnsbruck bietet zu weuig Mittcl
dafür; Fraukfnrt und Wicu hat er nur bei dcn Fest-
schießen bcsucht, Jtalicn nie gesehen. Wildaucr ist übrigens
schr anstcllig und wird sich vielleicht mit dcr Zeit jene
Detailkenntniß crwerben, die das schwierige Fach er-
fordert. _

Schwcrin, Ende Scrlcmber.

Sie haben schon frühcr einmal der Neubauten
unscrer letztcu Jahre gedacht. Victleicht wird Jhneu ciu
weitercr Bcricht über die Fortschrittc dersclben nicht un-
willkommen sein.

Der bedeutcndste Bau, dcr hier seit Vollendung des
ncuen Rcsidcnzschloffes unternommen wurde, ist die Pauls-

kirche, gleich dem Stadttheil, dem sie angehört, nach dem
letztverstorbenen Großherzoge Paul Friedrich beuannt.
Hinter dem Arsenal, auf einem früher von unscheinbaren
Gäßchen nnd Gärten eingenommenen Plateau gelegen,
bildet sic mit ihrer malerisch angeordneten Thurmgruppe
jetzt den hervorragendsten Punkt in dem Profile der Stadt.
Der Stil ist jene nordische Backstcingothik, in welcher hier
zu Laude so manches imposantc Denkmal kirchlicher uud
profancr Gattnng sich bis anf unsern Tag erhalten hat;
und wir können dcr Art nnd Weisc, wie diese chrwürdigeu
Muster heimischer Kunst in unsercr Paulskirche für die
Gegenwart verwerthet sind, nnr nnsere vollc Ancrkennnng
zollen. Der Landbaumeister Krüger, der Urheber nnd
Leiter dcs Baues, hat sich dadurch als tüchtig gebildetcr
und feinsinuiger Architckt bewährt. Weuiger als mit dem
architektouischen Theile dcr Leistung vcrmögeu wir uns
mit dem dekorativen einverstanden zn crklären. Krügcr ist
im Aeußeren jener mittclalterlicheu Weise gefolgt, die ein-
fachen Masscn dcs Rohbaues an Gesimsen, Bögen, Frie-
sen, Abdachuugen u. dergl. durch farbige glasirte Ziegel
zu beleben, und handhabt diese schlichte Polychromie mit
vielem Takt. Nur an den Chorwänden ist uns des Guten
zu viel gethan. Hier wäre in den unteren Parthien um so
mehr Einfachheit geboten gewesen, als dadurch die oberen,
mit Zwerggalerien versehenen Tbeile zn noch lebendige-
rcr Wirkung hätten kommen köuncn. Abcr unser Haupt-
einwand richtet sich gcgeu die Dckoration des Jnuercn.
Die Ausführung der gcmalten Flächen- und Ranken-Or-
namente an Wändcn und Gewölbcfeldcrn ist eine stillose,
zum Thcil geradezu rohe. Sie sticht gegen die schöncn
Glassenstcr deS Chors von unscrem tresslichcn Gill-
mcistcr sehr uuvortheilhaft ab und benimmt der sonst so
würdevollcn, durch edle Verhältuisse und Feinheit dcr
architektonischcn Dnrchbildnug ausgczcichueten Hallc gänz-
lich ihreu kircklichen Charakter. Einer lobeuden Erwäh-
nung werth sind hingegcn dic schöncn Backsteindetails an
Kapitälen, Friesen u. s. w., aus der hiesigen großhcrzogl.
Ziegelei, die bereits für den Schloßbau so reizende plastische
Ornamente lieferte.

Schlimm ist es, daß auch dem hiesigen Dom ein ähn-
liches Schicksal polychromer Auspinselung zu Theil werden
soll. Was wir davon bei flüchtigem Einblick sahen, deutet
auf dieselbe Quelle, wie die Dekorationsmalereider Pauls-
kirchc. Wenn diese Verunstaltung ein so imposantes Werk
der Vergangenheit trifft, muß man sie vollends verwerfen.

Bei dem Bau dcr cbcufalls gothischen Kapclle auf
dem neuen Kirchhofe istKrüger iu der oben gerügten Hin-
sickt entsckieden glücklichcr gcwescn. Der schlichte einschissigc
Raum mit seiner gemalten Holzdccke spricht ungemein an.
Die Lage ist auch hicr auf's glücklichste gewählt. Das
Kirchlein nimmt dcn höchsten Punkt eiues hügeligen
Terraius ein, deffen Abdachnngen sich gegen den stillen
Ostorfer See hinabsenken und von welchem der Blick so-
 
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