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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

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Die schweizerische Kunstausstellung in Zürich
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https://doi.org/10.11588/diglit.5184#0148

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Nr. 18.

VI. Jahrgang.

Äriträgr

smd an vr. C.V.Llltzow
(Wien, Therestanumg.
SS)od.andieVerlagsh.
(Leip)ig. KönigSstr. s>
zu richten.

7. 3uli

Inserate

k 2 Sgr. für die dret
Mal gespaltene Petit-
zeile werden vonjeder
Buch- und Kunfthand-
lung angenommen.

1871.

Beiblatt zur Zeitschrift sür bildende Kunst.

Verlag von L. A. Leemann tn Tetpzilr.

Am 1. und 3. Frettage jedes Monats erscheint eine Nummer von in derRegel einem Quartbogen. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" er-
balten dies Blatt xi-utis. Apart bezogen kostet dasselbe li/ZTHlr.ganzjährlich. Alle Buch-und Kunsthandlungen wie allePostämternehmenBestellungen an.

Jnhalt: Die schweizerische Kunstausstellung in Zürich. — Nelrologe. —
Kunftliteratur und Kunsthandel. — Personalnachrichten. — Kunst-
vereine, Sammlungen und Ausstellungen. — Vermischte Kunst-
nachrichten. — Änserate.

Die schweiserische RunstaussteUung in Zürich.

61. Seit dem 30. April hat die diesjährige schwei-
zerische Kunstausstellung ihre Wanderfahrt begonnen, am
21. Mai ist sie nach Zürich übergesiedelt und hat ihr
Quartier in der Tonhalle aufgeschlagen. Das stattliche
Gebäude am See hat durch die internationale Keilerei
anläßlich der deutschen Siegesfeier eine große Berühmt-
heit erlangt; für Gemäldeausstellungen ist es so unpassend
wie möglich, weil das sehr hoch und von zwei Seiten schief
vom Dache durch eine Menge von Fenstern einfallende
Licht die ärgerlichsten Spiegelungen und Farbenstörungen
zur Folge hat. — Die Ausstellung ist weder quantitativ
noch qualitativ bedeutend zu nennen, selbst wenn man un-
sern bescheidenen schweizerischen Maßstab bei der Be-
urtheilung zu Grunde legt. Unzweifelhaft wird sich der
Salon noch durch manches tüchtige Bild verstärken, bevor
am 15. Oktober in Basel für dies Jahr sich seine Pforten
schließen. Allein es wird noch lange Jahre dauern, bis
wir es einmal zu einer Ausstellung bringen, welche die
schweizerische Kunst würdig vertritt und uns Arbeiten von
sämmtlichen bedeutenden Schweizer Künstlern, deren Zahl
sehr erheblich ist, gleichzeitig vorführt. Einmal nämlich
besteht neben dem Jnstitute dcr schweizcrischen Ausstellun-
gen noch eine Ausstellung der französischen Schweiz, und
es giebt viele Künstler von Genf, Lausanne und Nenchatel,
die wohl an die letztere und an die Pariser Ausstellungen
ihre Gemälde schicken, auf der schweizerischen aber grund-
sätzlich durch Abwesenheit glänzen. Sodaun leben viele
unserer gefeiertsten Schweizer Künstler im Anslande, in
Frankreich, Deutschland und Jtalien, haben sich dort ein-

gebürgert, und ihre Kunstschöpfungen gelangen nie in ihre
alte Heimath zurück. So hat Referent, um nur eines
Beispiels zu erwähnen, noch nie ein Bild von Benj.
Vautier, dem trefflichen und so produktiven „Düsseldorfer"
auf einer schweizerischen Ausstellung gesehen, und doch
ist Vautier ein echter Schweizer, der in Montreux ge-
boren und erzogen ward und in Genf seine erste künst-
lerische Anregung sand. Und nun zur Wanderung
durch die Tonhalle!

Unter den ausgestellten Figurenbildern erwähnen
wir zunächst Barzaghi's „Diana von Poitiers, von
Franz 1. das Leben ihres Vaters erflehend", ein histo-
risches Genrebild von immensem Farbenglanz und tech-
nischer Meisterschast, das der schweiz. Kunstverein denn
auch angekauft hat. Die Situation ist sehr einfach. Die
nachmalige Gcliebte des galanten Monarchen ist vor ihm
auf die Knie gesunken, die gefalteten Hände flehentlich er-
hoben, den edeln Kopf lcicht nach rückwärts gebogen, halb
Verzweiflung, halb Resignation in den Zügen. Jhr Kö-
nig hat ihr den Preis, um den man ausgesprochene Todes-
urtheile loskaufen kann, osfenbar genannt, und das arme
Weib kämpft noch den fürchterlichen und hoffnungslosen
Kampf, ob sie ihn bezahlen solle oder nicht. Der einzige
Zeuge ihrer Leiden ist über den Ausgang nicht im Zweifel;
behaglich hat er sich auf sein Bett geworfen und hält mit
der Linken das verhängnißvolle Dokument in die Höhe,
wie man etwa einem Kinde ein Spielzeug neckisch vor-
enthält. Das widerliche Gesicht zeigt mehr Abspannung
als Lüsternheit, die Augen ruhen mehr spöttisch als ver-
langend auf der schönen Knieenden, und von den höhnischen
Lippen scheint es zu schallen: „Warum denn die lange
Ziererei?" Die Köpfe und Hände der zwei Figuren, der
Atlas und Sammt der Gewandung, die Scharlachtücher
und die Skulptur des Bettes, die reiche Ausstattung des
königlichen Boudoirs, Alles ist niit vollendeter und glän-
 
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