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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

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Die schweizerische Kunstausstellung in Zürich
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5184#0150

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das kühne Ziel vorgesteckt, für Frankreich der Meissonier
der Landschaft zu werden; eines seiner ausgestellten Bil-
der, „Vitznauerbach", ist ein charakteristisches Kabinetstück
seiner Manier, welche vor zwei Jahren im Salon von
Paris großes Aufsehen erregte. Ein ganzunbedeutendes
Motiv, das Stück einer Schlucht am Vierwaldstädter
See, ist mit peinlicher Genauigkeit und minutiöser Schärfe
wiedergegeben, wie etwa der photographische Apparat
nahe liegende Gegenstände auf die Platte fixirt. Drei
hochpoetische und duftige Gemälde, „Sommerlandschaft",
„Wallensee" und „Morgenstimmung" vertreten die talent-
volle Elisabeth Kelly iu St. Gallen; Stademanu in
München hat einige seiner virtuosen Winter- und Mond-
scheinbilder, Baade in München eine „norwegische Land-
schaft" ausgestellt. Mit einem „Herbsttage in den Alpen"
glänzt Steffan in München, mit einem „Meeresstrand
bei Amalfi" Prof. Ulrich in Zürich. Nicht ganz auf der
Höhe seiner sonstigen Leistungeu steht Zelger in Luzern
mit seinem „Locarno" und „Engstelersee". Beillon,
einer der talentvolleren Genfer Landschafter zeigt in seinem
„Vitznau" auf's neue seine Bravour in der glücklichen
Auffaffnng und klaren Behandlung des Seespiegels. Von
F. Diday sind nur zwei kleinere, weniger bedeutende
Bilder ausgestellt. Frisching aus Bern ist recht
glücklich in einem Motive aus der Umgebung von Düssel-
dorf, von warmem, harmonischem Kolorit, obwohl nicht
ganz frei von Härten in der Behandlung der Mühle.
Bewunderungswürdig im Tone und in der durchsichtigen
Behandlung von Luft und Wasser sind die vier Gemälde
von Bociou in Ouchy, alles Motive vom Genfer See
bei Lausanne. Endlich sei noch des „Wetterhornes",
Sturmeffekt, und des „Lowerzersee's" vonArnoldJenny
in Laufen gedacht.

Von Stillleben zeichnet sich ein „Z'nüni" (Frühstück)
vonC.Schmidt inWädensweil durch wahrhafttäuschende
Naturwahrheit aus. Mit Blumen und Früchten warten
die Damen Peters inStuttgart, Frey inFreiburgi/B.,
U. Weidenau in Luzern undFrau Stockar-Escher in
Zürich auf, deren Blumenaquarelle — die Danie ist
Dilettantin, eine reiche Patrizierin in Zürich — mit viel
Kraft und Sicherheit behandelt sind.

Nrkrologr.

* Freiherr Hugo von Blomberg isl am 17. Juni zu
Weimar, wohin er vor einigen Jahren von Berlin über-
gesiedelt war, im besteu Mannesalter gestorben. Der vielseitig
begabte. fein gebildete Mann war al« Maler, Dichter und
Künstschriststeller mii Erfolg thäüg. Blomberg hatte gleich-
zeitig mit dem in Berlin betriebenen Studium der Juris-
prudenz an der dortigen Akademie seine erste künstlerische Aus-
bildung erhalten, die er dann in Paris unter L. Logniet ver-
vollkommnete. Seine Bilder gehören sehr verschiedenen Stoff-
gebieten an. Er begann mit einem „Dornröschen" (1844),
dem 1847 „Neptun und Amymone", 1866 „Der Kaufmann
von Venedig" und 1867 „König Wilhelm bei KLniggrätz"
folgten. Unter seinen kunstliterarischen Arbeiten sei die Folge
geistreicher Aufsätze, betitelt: „Der Teufel nnd seine Gesellen
in der bildenden Kunst" hervorgehoben, zuerst anonym erschienen

im Deutschen Kunstblatt (18L6). Mannigfachen begründeten
Widerspruch erfubr seine Bearbeitung von Franz Kugler's
„Geschichte der Malerei." Seine Dichtnngen bewegen sich
vorzugsweise im Kreise des Märchens und der Humoreske.

Lmistlittratur nnd Lunsthandel.

* Lübke's „Grundriß der Kunstgeschichte", welcher nun
bereits in fünfter Auflage vorliegt, hat bei seiner neuesten
Umgestaltung verschiedene erhebliche Bereicherungen erfahreni
so z. B. ist die assyrische Kunst anf Grund des Werkes von
Place weit eingehender als früher behandelt, und ebenso den
Abschnitten 'über griechische Plastik, über die Kleinkünste der
alten Germanen, über die bildeuden Künste Jtaliens wie des
Nordens im 15. und 16. Jahrhnndert viel neues Material
ans den Ergebnissen der jüngsten Forschungen eingereibt. Die
Jllustrationen haben ebenfalls namhaste Bereicherungen und
Verbesserungen erfahren. Den Registern ist ein besonder« für
Anfänger zweckmäßiges Verzeichniß der technischen Ausdrücke
beigefügt. Wie wir hören, hatte der Berleger schon bei der
vierten Auflage die Zahl der Abdrücke auf 4V00 erhöht.
Diese Ziffer und der Umstand, daß seit dem ersten Erscheinen
des Buchs eben erst zehn Jahre verflossen sind. sprechen ebenso
deutlich für die Trefflichkeit desselben wie für die Zunahme
des Jnteresses an kunstgeschichtlichen Studien im "deutschen
Publikum.

* Von dcn „Quellenschriftcn für Knnstgeschichte und
Kunsttechnik", herausgegeben von R. v. Eitelberger, ist
der erste Band erschienen. Er enthält das „Buch von der
Kunst" des Cennino Cennini in deutscher Uebersetznng mit
Noten, Register und Einleitung von Albert Jlg. Wir kom-
men auf die werthvolle Publikation ausführlich zurück.

11. Göthe's „Euphrosyne". Bei E. Barth in Dessau
erschien Ende vorigen Jahres eine kleine Schrift, die der
Berfasser, Wilhelm Hosaeus, „ein Supplement zur Goethe-
Literatur" nennt. Dieser verführerische Ausspruch ist aus
eine photographische Beigabe des Heftes begründet und berührt
dadurch das Kunstgebiet, weßhalb eine Besprechung des Werkes
einen Platz in der Kunstchronik beanspruchen darf.

Der Titel „Euphrosyne" mit dem oben erwähnteu Zu-
satze deutet genugsam darauf hin, daß es fich um Ausschlüsse
f über den räthselhaften Theil de« gleichnamigen Gedichtes von
Goethe handelt, die durch das beigegebene Porträt erst zur
Vollendung gelangen, so wie sie auch darin ihre Begründung
finden.

Gedachtes Porträt soll nämlich die Schauspielerin Becker
f aeb. Neumanu (geb. 1778 s 1797) darstellen, und ist vom
Photographen nach einer Zeichnung hergestellt, die er sich
j nach einem im Georgium (Schloß mit Park bei Dessau) befind-
lichen Oelbilde angefertigt hat. Ueber die Gründe, die zur Wahl
! gerade dieses Bildes für gedachten Zweck veranlaßt haben,
wird sicherlich in der Schrift des Längeren und Breiteren zu
lesen sein. Für diese Zeitschrift haben sie keine Bedeutung;
ebensowenig ob der Maler G. M. Kraus oder seine Schülerin
das Werk geschaffeu hat.

Hier ist nur davon Akt zu nehmen, daß es rathsam
schien. das Urtheil einer kompetenten Behörde über das zum
Grunde gelegte Oelbild einzuholen. Es wurde deßhalb der
Kommission der Dresdener Bildergalerie vorgelegt, die sich
j dahin aussprach, daß in dem übrigens sehr verdorbenen Bilde
> ein Werk aus der Schulc des Rembrandt oder eines KLnstlers,
j der diesem sehr nahe gestanden, zu erkennen sei. Hiermit
i steht denn fest, daß das Bild schon über 100 Jahre
gemalt war, als Eupbrosyne geboren wurde. Diese
Veröffentlichung war Pflicht, damit einer weitern Verbreitung
des Jrrthums'Einhalt geschehe; ja sie schien um so gebotener,
al« die Anpreisung der Schrift trotz des nun ausgedecklen
Jrrthums noch immer wieder erneuert wird.

Der künstlerische Nachlast E. E. Schäffer's ist durch
Kauf in'« Eigenthum des Städel'schen Jnstiiuts zu Frank-
furt a. M. übergegangen. Es befinden sich darunter zahl-
reichc schön und sorgsältig gezeichnete Porträts, Umrisse zn
den von Schäffer gestochenen Arbeiten, namentlich aber vier
vortreffliche Kreidezeichnungen 1) zur Madonna della Sedia,
2) zur Poesie, 3) zur Madonna del Dnca di Terranuova,
sämmtlich nach Raffael, und 4) zu der Jrdischen und Himm-
lischen Liebe nach Tizian. Das Städel'sche Jnstitut bcsaß be-
reits früber ein fast vollständiges Werk des Meisters.
 
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