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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

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Der künstlerische Theil der Berliner Siegesfeier, [1]
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VI. Jahrgang.
Sriträge

sind an Or. C.v. LUtzow
(Wieu, Theresianumg.
25)od.andieBerlagSH.
(Leip)ly. KönigSstr. 3)
zu richten.

4. August

Nr. 20.

Inftratr

k 2 Sgr. für die dret
Mal gespaltene Petitr
zeile werden vonjeder
Buchr und Kunsthandr
lung angenommen.

1371.

Beiblatt zur Zeitschrist sür bildende Kunst.

Verlay bon L. A. Leemann tn Tetpztg.

Am l. und3. Frettage jedes Monats erscheint eine Nummer von in derRegel einem Quartbogen. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunft" er-
halten dieSBlatt Apart bezogen lostet dasselbell/ZTHlr.ganzjährlich. Alle Buch-und Kunfthandlungenwie allePostämternehmenBeftellungenan.

3nhalt: Der künstlerische Theil der Berliner Siegesfeier. — 3. Keller's
Stich der Sixtinischen Madonna. —Korrespondenz: New-S)ork(Schluh).
Kunstliteratur und Kunsthandel. — Kunstvereine, Sammlungen und
Ausstellungen. — Berichtigungen. — Inserate.

Der künstlerilche Theil der öerliner Ziegesfeier.

16. Juni 1871.

L. N. Später, als ich mir vorgenommen, komme ich
dazu, den Festschmuck, den Berlin zum Tage des Triumph-
einzuges angelegt, an dieser Stelle einer kurzen Besprechung
zu unterwerfen. Glücklicherweise aber wird mir der ge-
wöhnliche Nachtheil so verspäteter Berichte, daß sie nicht
gleichzeitig mit der Möglichkeit der Schau dem Leser zu
HLnden kommen, hier nicht zum Vorwurf. Selbst der
schnellste Bericht wäre ja diesmal doch xost ksstum ge-
kommen, da der Gegenstand desselben seiner Natur nach zu
schnell verschwinden mußte. Dagegen habe ich zwei nicht
unwichtige Vortheile durch den Aufschub gewonnen. Erst-
lich ist die geschmückte Siegesstraße inzwischen durch tau-
sende von mehr oder weniger ausführlichen Beschreibungen
so allgemein bekannt geworden, daß ich weniger mich der
Obliegenheit zu entledigen brauche, den Leser über den
Thatbestand zu orientiren. Weiter aber hat — was für den
Zweck dcr Berichterstattung an dieser Stelle ausnehmend
erheblich ist — das eigcne Urtheil Zeit gehabt, sich zu
klären. Der allgemeine Siegesjubel ist von der Summe
der gehobenen Stimmung in Abzug gebracht worden, um
als Rest die Wirkung der Kunstbethätigung an jenem denk-
würdigen Tage rein zu hinterlassen, und an der Nach-
haltigkeit des sich zugleich immer mehr präcisirenden Ein-
druckes hat die künstlerische Werthschätzung des Ganzen
und des Einzelnen einen Maßstab zur Korrektur des
manchmal befangenen momentanen Urtheils gehabt.

So läßt sich's denn jetzt mit der höchsten Zuversicht
aussprechen: die Gesammtleistung war außer-

ordentlich, im Einzelnen nur durch wenige merkliche
Schwächen, nurdurch einen plumpenMißgriffverunziert,
im Ganzen vollkommen würdig des gewaltigen Ereignifses,
das es zu feiern galt, so großartig, gediegen uud gehalt-
reich, daß sich die flüchtige Festdekoration zu monumentaler
Machtfülle und ächt nationaler Bedeutung erhob.

Der Gesammtplan des Festschmuckes war, unter
wesentlicher Mitbetheiligung des Professors Friedrich
Eggers, von den Architekten Professor Richard Lucae
und Profesior Martin Gropius entworfen worden.
„Letztere beiden", bemerkte die „Deutsche Bauzeitung" in
ihrer Nummer vom 1. Juni, „waren neben Oberhof-
baurath Strack und sBaurathj Profcssor Adler schon
im Jabre 1866 mit derselben Aufgabe betraut. Daß es
nicht geluugen ist, auch diese ihre damaligeu Mitarbeiter
für die gegenwärtige Aufgabe zu gewinnen, oder vielmehr,
daß jene Künstler die Mitarbeiterschaft derselben nicht zur
Bedingung ihrer eigenen Thätigkeit gemacht haben, erregt
in den Kreisen der Berliner Fachgenossen ein gewisses pein-
liches Aufsehen."

Gewiß, die Aufgabe ofsiciöser Blätter ist wenig be-
neidenswerth. Aber etwas Abgeschmackleres — um nicht
mehr zu sagen — als diese Anmaßung ist selten ofsiciös
verlautbart worden. Männern wie Gropius und Lucae,
als ob sie Neulinge, gewissermaßen künstlerisch noch un-
mündige Kinder wären, ösfentlich zuzumuthen, sie sollten
nur unter der Schürze von dem und jenem eine große
Arbeit übernehmen, die Geist, Phantasis und Kenntnisse
erfordert, die also den Mann reizt und befriedigt, der sich
zu fühlen Ursache hat! Jch habe zu den „Berliner Fach-
genossen", soweit sie wenigstens noch nicht zum engsten
Konklave der berliner Bauhierarchie gehören, das volle
Vertrauen, daß erst die officiöse Imputation einer solchen
albernen Anschauung bei ihnen „ein gewisses peinliches
Aufsehen" erregt hat.
 
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