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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

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Der künstlerische Theil der Berliner Siegesfeier, [2]: 16. Juni 1871
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Zur Erinnerung an Eugen Eduard Schäffer, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5184#0175

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172

lang aushaltenven reinen Schlußakkord auf gleicher Höhe
zu erhalten, diese ganz eminent schwierige Aufgabe war
glücklicherweise in Hände gerathen, wie sie innerhalb des
Berliner Künstlerkreises geeigneter und geübter für den
Zweck wohl nicht existiren.

Das großartig schöne Programm des deutschen
Kaisers: „allzeitMehrer desReichs, nicht an kriegerischen
Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des
Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit
und Gesittung" war Ernst Cwald als Motto für eine
symbolische Schilderung des neuen deutschen Neiches zu-
getheilt; der Segenswunsch des Kaisers: „möge dem
deutschen Reichskriege, den wir so ruhmvoll geführt, ein
nicht minder glorreicher Reichsfrieden folgen" stand über
August von Heyden's Schlußtableau des Friedens.

Beide Künstler sind Meister schwungvoll leichter
Gruppirung und Naumdisposition, Kenner der dekorativen
Wirkung, sicher in malerischem Gefühl und absolute
Herrscher über die Farbe. Jn dieser Beziehung gestalteten
sich denn diese beiden letzten Bilder zu den höchsten Jubel-
tönen des gesammten, insbesondere aber des malerischen
Festschmuckes. Ich beschreibe sie nicht im Einzelnen, weil
dies hier noch mißlicher und jedenfalls unfruchtbarer ist,
als bei den früher besprochenen, denn in diesem schloß die
Symbolik den Kern einer einheitlichen Handlung ein, der
hier fortfällt. Es ist mit beziehungsreichen und leicht ver-
ständlichen Figuren und Gruppen, wie der Gedanke der
Bilder sie darbot, rein nach malerischen Gesichtspunkten
eine köstliche Wirkung des Ganzen erzielt, und eineFarben-
pracht darüber gebreitet, mit deren Beschreibung sich das
Wort vergeblich abmühen würde. Namentlich der jubelnde
Aufschrei in dem Heyden'schen Bilde, mit seinem strahlen-
den Goldgrund und seinen farbenfreudigen Gestalten im
Kostüm der Frühzeit des XVI. Jahrhunderts (auch die
übrigen Maler hatten sich älterer Trachten für ihre typi-
schen Gestalten bedient), spottet jeder Beschreibung. Und
trotz dieses losgebundenen Jubels waltet eine strenge, ge-
messene Architektonik in der Komposition, ja Einzelnes, wie
die symmetrische Fältelung im Gewande der wnndervollen
Mittelfigur, streift beinahe an's Steife. Deunoch hält es
die ranschende Festfreude nicht auf. Eine schmetternde
Fanfare, ein Hynmus des Glücks und der Seligkeit klingt
aus dem Ganzen. Wem bei solchem Singen und Klingen
das Herz nicht aufgeht, der ist jeglicher Begeisterung un-
zugänglich. Eine glücklichere Gipfelung in dem Schmuck
des hier abbrechenden eigentlichen Triumphweges konnte
nicht wohl erreicht werden — weder in der Jdee noch in
derAusführung. Man darf sagen, es war hier das Höchste
in dekorativ-monumentaler Malerei hervorgebracht.

Es ist dies wohl die geeignetste Stellc, anzuführen,
weshalb man sich überhaupt für eine solche geuerell sym-
bolisirende Ausschmückung der Siegesstraße entschieden
hat. Der zwingende Grund lag in dem gewiß äußerst

feinfühlenden Wunsche des Kaisers, daß von allen Per-
sönlichkeiten bei der offiziellen Stadtdekoration abgesehen
werden möge. Werner's Bild hatte selbst wegen des
Porträts Napoleons ernste Schwierigkeiten zu bestehen,
bevor man es passiren ließ. Mag man nun immerhin die
hierdurch den das Ganze ordnenden Architekten wie den
ausführenden Künstlern auferlegte Beschränkung beklagen;
der Trost liegt diesmal recht nahe: in der Beschränkung
zeigt sich erst der Meister; — und die Berliner Künstler
haben sich als Meister bewährt, ich würde sagen: über
alles Erwarten hinaus, wenn dieses Kompliment nicht so
zweifelhafter Natur wäre. Jedenfalls müßte ich der Wahr-
heit gemäß hinzusetzen, daß ich sehr viel von ihnen glaubte
erwarten zu dürfen, denn ich wüßte nicht, wo sonst noch
wie in Berlin so mannichfaltige und so hervorragende
künstlerische Kräfte zur Berfügung stehen, die nicht gänz-
lich der Manier verfallen, und die große Jdeen auf-
zunehmen und zu produciren im Stande sind. Und welche
erhebendere Aufgabe konnte einem solchen Künstlerkreise
geboten werden, als mit all ihrem Vermögen einem so
beispiellosen Nationalfeste die Weihe der Kunst auf die
Stirne zu drücken!*)

(Schluß solgt.)

Zur Erinnerung an Gugen Gduar- Lchäffer.

il.

Jn Frankfurt hat es zu verschiedenen Zeiten her-
vorragende Männer gegeben, die mit großem Sinne ihre
Habe und ihr Wirken dem allgemeinen Wohle der Stadt
widmeten und gemeinnützige Stiftungen gründeten. Vor
Allen verdient der I)r. Senkenberg, der das Bürgerspital
erbaute und die Anatomie, und den Grund zu den natur-
historischen Sammlungen legte, um deren Bereicherung
und Vervollständigung der Reisendeund Naturforscher
Rüppel sich so hohe Verdienste erwarb, und der Banquier
Städel genannt zu werden. Städel war der eifrigste
Bildersammler und vermachte bei seinem Tode seine
Sammlung testamentarisch der Stiftung, die seinen Namen
trug, sowie sein Vermögen, mit der Verfügung, eine Kunst-
schule zu gründen. So erfolgte die Berufung Philipp
Beit's, der bis dahin in Rom gelebt, die Hessemer's
und Zwerger's als Lehrer für Architektur und Skulptur.
Von der Launitz, anfangs nur gesonnen, durchzureisen,
nahm hier bleibenden Wohnsitz. Aber mit dem Nenbau

") Jn dem ersten Abschnitt dieses Berichtes (Nr. 20 der
Kunstchronik) sind folgende sinnentstellende Druckfehler zu ver-
bessern:

S. 16l. Sp. 2. Z. 13 v. u. Anmerkung statt An-
maßung. — S. 163. Sp- 1. Z. 7 v. o. Drei Siegen
statt drei Siegern. — S. 163. Sp. 1. Z. 17 v. o. organisir-
ten statt organischen. — S. 163. Sp. 2. Z. 22 v. o. des
Architekten statt der Architekten. — S. 163. Sp. 2. Z. 24 v. o.
ihm statt ihnen.
 
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