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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

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Zur Erinnerung an Eugen Eduard Schäffer, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5184#0176

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dcs Galeriegebäudes konnte erst der Absicht des Stifters
in größeren Verhältnissen entsprochen werden. Nicht
lange währte es und es siedelten jüngere Kräfte der
Düsseldorfer Schule nach Frankfurt über. Bor Allen ge-
denken wir des genialen Rethel. Rustige, Lasynski, der
Landsckaftsmaler Funk ließen sich hier nieder und zu
ihnen gesellte sich die eigenthümliche Gestalt Ballenberger's,
grade als wäre das Mitglied einer Malergilde aus dem
fünfzehnten Jahrhundcrt wieder lebcndig geworden. Mit
vieler Theilnahme folgte das Publikum ihren künstlerischen
Leistungen, das sich besonders von den Bildern der
Düsseldorfer Schule jetzt schon mächtig angezogen fühlte.
Jedem, der damals in Frankfurt lebte, wird wohl erinner-
lich sein, welches Aufschen die Landschaften Lessing's und
Achenbach's und des letzteren Seestücke erregten. Der
neugegründete Kunstverein und seine Ausstellungen halfen
gleichfalls dazu, die Kunst zu popularisiren. Etwas später
traten auch Steinle und vorübergehend Schwind in diesen
Kreis, die mit ihren stilvollen Kompositionen, dem ent-
zückenden Reichthum ihrer Phantasie und dem Zauber der
Darstellung so edlen Genuß zu bieten wissen. Es war
eine schöne Zeit für Frankfurts Kunstleben, über dem
Veit's ideales Streben und Wirken, dem vön allen Seiten
Liebe und Verehrung entgegcngebracht wurde, gleichsam
als einigender Mittelpunkt und Vorbild schwebte.

Mit diesem Lebensabschnitt ging allmählig eine ge-
wisse Umwandlung in Schäffer's Kunstrichtung vor.
Nicht, daß er der bisher verfolgten Bahn plötzlich untreu
geworden wäre — das nicht; aber es trat ein anderes
Element daneben auf. Die trefflichen Blätter: Romeo
und Iulia nach einer Federzeichnung des Cornclius, die
Eupbrosyne nach Steinle und die Einführung des
Christenthums unter den Gcrmanen nach Veit, zeigen die
schon bekannte Art und Weise der Darstellung; dahin-
gegen beginnen die h. Genofeva nach Steinbrück und der
Erlkönig nach Neher, im Auftrage dcr Kunstvereine von
Düsseldorf und Leipzig gestochen, eine neue Richtung und
erscheine» gleichsam als Stationen auf dem Wcge zur
Madonna äslln ssäia.

Das Jahr 1844 brachte Schäffer die Erfüllung des
lange genährten und sehnlichen Wunsches Jtalien zu sehen.
Sein Ziel war Florenz. Mancherlei Schwierigkeiten waren
zu überwinden, ehe ihm die Erlaubniß ward, die Madonna
äslln skäln zu kopiren. Es ging damals wie fast immer:
das Bild war schon von verschiedenen Kopisten umlagert.
Er mußte sich schließlich mit einem sehr unvortheilhaften
Platze begnügen und seine Blicke auf das Original zwischen
zwei Staffeleien und ihren Leinwandrahmen hindurch
richten; doch seine Begeisterung für die Sache überwand
alle diese äußeren Mängel und brachte eine herrliche
Zeichnung zur Bollendung. Jm Winter 1845 kehrte unser
Künstler aus Jtalien zurück und der Stich der Mädonna
nahm nun für die nächsten Jahre seine Thätigkeit vorzugs-

weise in Anspruch, nur von Zeit zu Zeit durch kleinere
Arbeiten unterbrochen. Jm Frühjahr 1848 legte ihm
ein hartnäckiges Ohrenleiden für einige Zeit eine peinliche
Unthätigkeit auf; doch bewies er in solchen Lagen, wie
auch später, als ein Beinbruch ihn wochenlang auf's Lager
fesselte, eine bewundernswerthe Geduld. Nur konnte er
dieses Wort in Bezug auf seine Arbeit nicht hören. Wer
da, wie es wohl zuweilen von Laien geschah, seine Geduld
rühmen wollte, der erhielt sicher die Antwort: „Beim
Künstler redet man nicht von Geduld; die Begeisterung,
die den Künstler für sein Werk durchglüht, sie erzeugt und
fördert dasselbe." — Und für die Wahrheit dieses Aus-
spruches spricht das Werk, welches er geschaffen. Wir
wollen hier nicht eine Kritik desselben erneuen; es ist zur
Zeit seines Erscheinens mehrseitig besprochen worden und
ist ein ausgezeichnetes Werk; der kleine Johannes, die
Gewandung der Madonna werden stets zu den Meister-
stücken des Grabstichels zählen. Für Viele möchte cin
Brief des Cornelius interessanter zu lesen sein und die
Stimme des alten Meisters zu vernehmen, die er bei dieser
Gelegenheit abgab. Der Brief ist geschrieben am
11. August 1852 und lautet: -

„Mein lieber Professor Schäffer!

Endlich habe ich denn die Freude, Jhr mehrgerühmtes
Werk vor Augen zu haben und begreife nun vollkommen
den großen Eindruck, den es bei Allen macht und machen
wird. Sie sind doch ein rechter Hexenmeister! Sie werfen
sich auf einmal in eine ganz andere Bahn, um gleich etwas
ganz Vorzügliches darin zu leisten, und so gebe ich denn
auch allem erdenklichen Lobe meine vollkommene Zu-
stimmung."

Schäfser verkaufte die Platte an den Kunstverleger
und Drucker Dondorf in Frankfurt für 24,000 Guldcn
und hatte so auch kaufmännisch ein gutes Geschäft gemacht.
Er unternahm, mit ausreichenden Mitteln versehen, im
August 1852 eine zweite Reise nach Jtalien, wobei seine
Blicke vorzugsweise auf Venedig und Rom gerichtet waren.
Auch unterließ er nicht, Bologna zu besuchen; hatte ihn doch
Cornelius selbst in einem spätern Briefe auf den dort be-
findlich en Raffael besonders hingewiesen. Nach Empfang der
Madonna äolln ssäin schrieb nämlich Cornelius an
Schäffer: „Jetzt wäre die h. Cäcilia in Bologna etwas für
Sie — meinen Segen gebe ich Jhnen zu solchem Werk!" —
Schäffer sah das Werk, konnte sich aber nicht entschließen,
einen Stich davon zu unternehmen. Das Bild hat durch
Retouchen und Uebermalungen gelitten, aber lange nicht
so viel, wie er anzunehmen geneigt war. So verließ er
Bologna, und ging nach Rom und zeichnete daselbst die
Poesie, das herrliche Deckengemälde Raffael's in der
Ktnimg, äolln ssFnnturn des Vatikans, und es ist merk-
würdig, daß es ihm so vorzüglich gelang, da er nicht auf
einem Gerüste, sondern unten vom Boden aus, mit Hülfe
eines Glases, arbeitete. Schon saß cr auf der Diligence,
 
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