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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Amerikanische Kunstanstalten, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0103

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197

Amerikanische Kunstanstalten. — Korresponden,en.

198

^ugriff zu nehmen. Da nian dabei wiederuin nicht mir
die rein künstlerische, sondern auch die industrielle Seite
iu's Auge zn fassen hatke, so wandte nian sich, auf An-
^athen des Herrn Charles C. Perkins, an die englischen
Kunstbehörden, welche als Normal-Lehrer Herrn Walter
Sniith, der Zeit Direktor der Kunstschule zn Leeds, em-
pfahlen, dessen langjährige Wirksanikeit in den knnst-
iudustriellen Schnlen Englands für seine Tüchtigkeit bürgt.
Herr Smith wnrde denn auch als Oberlehrer an den
Stadtschulcn und als Aufseher des Zeichenunterrichts
ini ganzen Staate angestellt nnd siedelte im Lanfe des
^oniiners 1871, nachdem er vorher das Terrain reko-
gnoscirt hatte, nach Boston über. Dnrch die Freigebigkeit
bes Herrn Perkins wurde der Stadt zngleich eine Sainm-
iung von Vorlagen, Bkodellen und Abgüssen gcsichert,
innzu noch eine Anzahl von Abgüssen nach der Antike kam,
welche der Stadl ebenfalls, und zwar von der „Soeinl
^vienck ^ssoeikition", geschenkt wurden. Als Haupt-
uwtor in allen diesen Bewegungen darf wohl Herr
Pcrkins bezcichnet werden, dessen nnerniüdlicher achätigkeit
Uud umsichtiger Fürsorge die Stadt Boston in künstlerifcher
Beziehung sehr viel zn verdanken hat. Aber nicht nur
dadurch ist Herr Perkins (der auch in Europa rühmlichst
^ekannt ist, zumal durch seine beiden in England erschie-
uenen Werke über italienische Bildhauer) thätig, dast er
piesen Ilnternehninngen seine lliiterstütznng leiht, sondern
er wirkt auch direkt lehrend, indem er an der Harvard
Uuiversilät kunstgeschichtliche Vorlesungen hält und in
uächster Zeit einen Knrsus von zwölf populären Vor-
lesungen über antike Knnst in dem hiesigen Lowell Jn-
stitute halten wird.

Endlich muß noch des „Loston ^rt-Oiub'' Er-
wähuung gethan werden, der in letzter Zeit ebenfalls
einen erfreulichen Aufschwung genommen hat nnd imnicr
sruchtbringcnder zn werden verspricht, nachdem er während
seines nunmehr schon scchszehnjährigen Bestehens, kurze
spasniodische Zuckungen ausgenonimen, mebr vegetirt als
Selebt zu haben scheint. Dcr Club, an dcssen Spitze
wiederum Herr Perkins steht, hat es sich znr Aufgabe ge-
uiacht, Künstler nnd Kunstfreunde in näbere Bcrührung
Zu bringen, und durch Veranstaltung von Ansstellungen,
Vorlesungen u. s. w. das Jnteresse an der Kunst wach zu
halten.

Während sich aber auf die geschilderte Weise im
Dsten ein immer regeres Leben entfaltet, haben die Freunde
der Kunst im Westen leider einen harten Verlust zu be-
Elagen. Das großc Fener in Chicago hat nämlich auch
das Gebäude der dortigen „^euckem)- ok vosixn" ver-
äehrt, und damit ist cine der vielversprechendsten Anstalten
iu jenen Theilen der Vereinigten Staaten zu Grunde ge-
gangen. Nach allem, was inan in den Zeitnngen hörte,
war auch dieses Jnstitut in bcsteni Gedeihen, und zwar ,
schrieb nian viel von seinem Erfolge den Bcmühungen

! unseres Landsmannes Conrad Dichl zu. Herr Diehl,
i der als Professor in Chicago angestellt war, hat sich in
Düsseldorf und in Paris gebildet, mit bcsondercr Niick-
sichtnahme auf eine mögliche spätere Lehrthätigkeit. Da
sich ihm in Chicago in nächster Zeit schwerlich ein Felv
bieten wird, so hat er sich nach St. Louis gewandt und
ist daselbst eifrig bemüht, die Errichtnng eincr Knnstschule
zu betreiben.

Boston, im Januar 1872. 8. II. L.

Korrespondenzen.

Berlin, Mitte Februar 1872.

L. >1. Einen wunderbaren Wechscl der Erscheinun-
gen haben wirin den letzteu Wochen in Sachse's inter-
nationalem Knnstsalou erlebt, zu schncll nnd zu stark,
als daß cr dem Publikiim, das iu den Grnudsätzen sciner
Kunstbcnrtheilnng doch nnn cininal nicht sehr taktfest ist,
nicht hätte ctwas die Sinne verwirren nnd dcn jeweiligen
Gennß trüben sollen. Mehrere Wochen residirte dort
Schwind's „Schöne Melusine"; dann wich sie cinigen
Bildern von Schrader und Karl Becker; diese wur-
ven durch Makart's Abnndantia-Bilder abgelöst; und
nnniittelbar daranf nahni die Melusinc wieder ihrcn
Platz ein. Das ist dic augenblickliche Sitnation.

Sie werden nicht befürchten, daß ich Jhrcn Nanm
mit Gedanken und Empsinduiigen über die Melusine
mißbräuchlich iu Ansprnch nchme. Seitdem bekannt gc-
worden, daß das Werk existirt, scheint cs mir sehr über-
slüssig, zumal vor einem specieüen Publikum von Kunst-
frennden noch darüber zu reden. Wer eS nicht kennt,
dem fehlt etwas; und wer cs nicht pnrs bewnndcrn
kann, dem fehlt noch sehr viel mehr. Nur eins möchte
ich gerue sagen dürfen, darf es aber leider nicht: daß es
! der Nationalgalerie gehörte oder cinverleibt zu werden
Aussicht hätte. Wer nns hicr etwas gcnauer kennt, weiß
indessen, daß der Ankanf cincs solchen Werkes zn sehr Pflicht
einer sogenanntcnNationalgalerie wäre, um auch uur unter
die möglichen Fälle gerechnet zu wcrden. Diescs Kuiist-
werk ist zu gesund, nni an dic Jnvalidenstistung, die in
Preußen Kunstfonds heißt, Anspruch zu habcn — ob-
gleich derselbe noch immer die enorme Höhe von 25000
Thalern jährlich crrcicht; — und jetzt sind es gar
75000 Mark!

Jch sprcche auch nicht von den Bildcrn, die Makart
für einen Speisesaal gcmalt hat, um den Gästen dcn
Appetit zu vcrderbcn. Nicht deSwegen, weil schou Andere
darüber an diescr Stelle ihre Ansicht auSgesprochen habcn,
sonderu weil ich finde, daß cs nur bci Künstbetrachtungen
für das „große"Publikum erforderlich ist, diesen Dingen
gegenüber dic crnstc Amtsmiene der wissenschaftlichcn
Kritik mit Anstrengung zu behaupten; wo man über gc-
wisse fundanientale Puukte im Neinen ist, wie hier vor
 
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