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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Kinkel, Gottfried: Die Madonna von Loretto
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0195

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381

Korrcsponden',eii.

382

sei, iind es bildeteii sich darüber verschiedene Gernchte,
da man glaubte, in Rom sei das Original gestvhlen
und cine alte, abcr schlechte Kvpie untergeschoben worden.
Fnßend anf dcr Ansicht, daß man schon in Loretto seit
1749 ein schlechtes Bild für das Original ansgegeben
habe, glanbt der Verfasser nnserer Schrift einfach, daß
cben dieses schlecbte Bild nach Paris gelangt sei.

Dort nuii schämte nian sich der Erwerbung, schaffte
bald ein besseres Exeinplar au und schenkte das Bild
aus Loretto im Jahre 1820 nebst ciner Kopie nach Reni
an die Pfarrkirche des Städtchens Morangis, welcheS
sechs Stunden von Paris liegt.

Der Verfasser hat, um keinen errcichbarenPunkt seiner
Untersuchung offcn zu lassen, dies Bild bis in dic
Kirche von Morangis verfolgt und beschreibt es
als cine gut gezeichncte, aber roh geinalte und gemeine
Kopie aus deiu 17. Jahrhundert. Eine Nebersichi
der bekaunten oder in der Literatur erwähnten Exeniplare
der Madonna anS S. Maria dcl Popolo, ein Bcrzeich-
niß der aus Jtalien 1796 und 1797 eutfiihrlen Kunst-
wcrke uud einc nack ciner guten Zcichnung gemachtc
Photographie des Kyburger Gemäldes sind werthvolle
Zngaben dieser kleinen Schrift, welcke zwar Echtheit und
Staninibaun, des vorliegenden Exemplars »icht in's Neine
bringt, aber mil solcher Selbständigkeit, Äusdaner und
Besonncnheil neue Thatsachen redigirt, daß sie vollkomnicn
verdiente, dcm Verfasser seine jetzige Stellung als Pro-
fessor der Kunst- und Kulturgeschichte an der Hochschule
Zürich einziitragen. Auch seitdem hat das Glück ihn be-
günstigt: im letzten Sommer fand er auf der Züricher
Stadlbibliothek das früher berühmte, aber längst ver-
schollene gemalke Tischblatt aus, welchcs in seiner genauen
Tatiruiig für des jüngern Holbein Anfänge dcn einzigen
starken Pfeiler bietet, nackdem in den letzten Jahren sc
viele Stützen gebrochen sind, auf welche die Geschichte

von des Meisters frühreifer Thätigkeit sich aufgebaut hatte.

Gottfricd Kinkel.

Äorrespondenzen.

Ncw-Uork, im J»ni IS7S.

0. .4. Die neueste Erschcinung in der Kunstwelt ist
dic Statue Shakspearc'S in Bronze von John Quincy
Adanis Ward, welche am 23. Mai im Central-Park
m it großer Feierlichkeit euthüllt wurde. Vor acht Iahren,
als noch der Rebellionskrieg wüthetc, wurde der erste
Anstoß gegeben, und Edwin Booth, dem bedeutendsten
Darstcllcr Shakespeare'scher Charaktere in unseru Tagen,
so wic den Schauspielern Wheatley, Wallack und Hackett
sder letztcrc scitdem verstorben) ist man für die ersten er-
folgrcicheu Schritte verpflichtet, wodurch die uöthige Mit-
tel herbeigeschafft wurdeu. Die Erwarlung war nicht
wenig gespaunt. Man hatte dem Künstler keine beschrän-
kendenVorschriften gemacht, ausgenomnien dieBcdiuguiig,

sich möglichst tren an das sogcnannte Chandos-Porträt,
die alte Büste iu Stratford, und an das der ersten Aus-
gabc von Shakespeare's Werken beigegebene Bild zu hal-
ten, uiid sein Name schien Gewähr, daß das Werk unter
allen Umständen cdel und wllrdig aussallen würde. Jn-
desien sind die gehegtcn Hoffnungen leider nur theilweise
erfiillt worden, denn wenn die Shakcspearestatue auch hoch
über den verunglückten, oft karrikatureuhaften Darstellun-
gen steht, mit dencn maii in New-Nork das Andcnken
großer Männer auf sehr zweifelhafte Weise ehrt, und un-
leugbar das Werk eines KünstlerS ist, muß nian sic doch
ein verfehltes Kunstwerk iienuen. Der Dichter stcht mit
gesenktem Kopfe, in der rechten Hand ein Manuscript, in
einer Stellung, die sich eher für einen grübclnden Hamlet
eignen würde, als für dessen Urheber mit der göttergleich
uiiversicchbaren Schöpferkraft. Man erwartet und ver-
langt, daß er sich aus dieser zusammengedrückteu Stellung
aufrichten möge, welche selbst dcr Darsteller Hamlet's nur
auf Augcnblicke fcsthalten dürftc, und empfindct etwas wie
eine Dissonanz, der die Auflösung fehlt. Noch audere
Uebelstände machen sich fühlbar. Der Künstler scheint
nicht gewußt zii habcn, was mitdem linkcn Arm anfangen,
und legte die Hand darum recht nichtssagcnd und nüchtern
in die Seite. Der kurze Mantel ist über den rechten
Arm geworfen und kommt dabei in bedenkliche Kollision
mit den weiten Pumphosen, dcnn eine Anfbauschnng ist
dadnrch hervorgebracht, wclche an daö geschmacklose Extrem
in den heutigen Damenmodeii erinnert, wic überhaupt
das an sich so kleidsame und dankbare altenglische Kostüm
im Faltenwurf anffallend ungeschick! behandelt ist. Die
Statue steht, da daS ihr bestimmte Piedestal noch nicht
ferlig ist, auf cinem abscheulichen hölzernen Untersatz, den
man sich einstweilen schon würde gefallen lassen, wenii
man nicht wüßte, daß er die treue Nachbildung des aus
Schottland erwarteteu Originals ist.

Wie der Winter, so brachtc auch der Frühling einen
solchen Neichihum von Werken europäischer Maler, daß
mau es eineUeberfliithuug nenuen kvnnte. Versteigerung
folgte auf Versteigerung, ohne daß die Preisc darvm merk-
lich heruntergedrückt worden wären. Eine der reichsten
Sammlungeii, aus 156 Bilvcrn bestehend, brachte der
Kunsthändler Avery zum Verkauf. Außer einem großen
Bilde von Bouguerean, „Dcr Kanephoros", das aber
trotz seiner technischen Vollendung den Beschauer ziemlich
kalt läßt, und einigen Landschaften und Viehstücken, be-
stand der größtc Theil aus kleineren Genrebildern, er-
lesenen Kabinctstücken, zum Schmuck von Wohnzimmern
geeignet, darunter vicle Werke jüngerer Küustler, welche
man bisher hier nicht kennen zu lernen Gelegenheit hatte.
Meyer von Bremen, Julius Hübner, Habamard,Seignac,
Dieffeiibach, Moormans, Jourdan, Coomans, Detaille,
Esbcns, Beranger, Carand, Gide, Escosura, Zamacois,
Vibert, de Bricndt, Boughton, Theodor Frere, Sierig-
 
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