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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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165

Kunstliteratur. — Kunstvereine,

166

Lunstliteratur.

Denksprüche vo» Marie v. Olfers. Unter diesem Titel
ist im Verlage der Kunsthandlung von Amsler und Ruthardt
in Berlin ein kleines, nett ausgestattetes Album erschienen,
das sich sogleich viele Freunde bei Jung und Alt erworben
hat und auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdient.
Das Talent des kunststnnigen Früuleins hat sich bereits ofl
in zierlichen Arbeiten bewährt, die auf berliner Äusstellungen
und Bazaren bewundert wurden; in diesem Album bringt die
Künstlerin eine Gabe, die durch Vervielfältigung Viele zu
erfreuen geeignet ist. Es sind ein Dutzend Tellerbilder; der
gereimte Denkspruch bildet den Rand und wird durch Dar-
stcllungen im Farbendruck, die den Boden des Tellers ein-
nehmen, illustrirt. Die Komposition ist einsach, naiv, aber
gerade in dieser ungezwungenen Einfachheit liegt der Haupt-
reiz. Ein Engel fültert schreiende Vögelchen im Neste: „Gott
giebt Fulter den Vögelein, aber sie müssen drum schrein";
ein Frosch springt vom Schooße einer gekrönten Maid herab:
„Setz einen Frosch auf goldnen Stuhl, er hüpft doch wieder
in seinen Pfuhl"; ein Kinderpaar in Karnevalstracht: „Fast-
nacht alle Tag nur ein Narr ertragen mag"; ein liebens-
würdiges Narrenpärchen: „Jeder hat einen Sparren frei,
wer's nicht glaubt, hat zwei"; ein vornehmes Dämchen, der
ein Hündlein die Schleppe nachträgt: „So schön das Kleid
auch sei, 's wird endlich Lumperei" rc. Die Tendenz des
Bilderbuchs ist am besten durch das im Umriß auf dem
Deckel ausgeführte dreizehnte Bild ausgedrückl: ein Junge
in Schellenkappe klopft an eine Pforte, die ein Engel öffnet:
„Jm Scherz klopft mancher an und im Ernst wird aufge-
than". So ist das Ganze wieder eine Jllustration des be-
kannten Dichterwortes: Hoher Sinn liegt oft im kind'schen
Spiel. I. E. Wesselp.

Lunstvereine.

ir. L. Archäologische Gesellschaft in Berlin. Jn der

ersten Sitzung besprach Professor Curtius die neuesteu Ent-
deckungen von Schliemann in Nen-Jlion. Nach vieter
aufgewandter Mühe und Kosten war Schliemann, der bekaunt-
lich Neu-Jlion sür das alte Troja in Anspruch nimmt, auf
die Ruiuen eines Tempels gestoßen, den er nach seiner Theorie
für de» Tempel der Minerva hält; unler audern baulichen
Resten hatte sich vor allen Dingen eine Metope mit anstoßenden
Triglpphen ergeben, die Metopc mit der Darstellung des Helios
aus dem Sonnenwagen. Der Wagen selbst ist nicht sichtbar;
von den vier vorgespannten Pferden sind die beiden vordersten
nach rechts gewandt, das dritte sast en tsve dargestellt, während
das vierte in flachem Relies anf der Fläche angebracht ist;
Helios selbst, in langem Gewande, mit einer Art Shawl um
die Schultern, ist mit dem Gesicht en Lev dargestellt; seine
Krone ist dnrch größere und kleinere Strahlen, die mit
einander abwechseln, gebildet. Während bei der Bildung der
Pferde Anklänge an die Parthenonskulpturen sich stnden, ist
die Gestalt des Helios in einem viel späteren Stil gehalten;
die Erinnerung an klassische.Vorbilder und die malerische
Anlage des Ganzen ist nicht zur Harmonie gebracht. Danach
und mit Rückstcht auf die Gestaltung der Triglpphen und die
sonderbare Bildung der Strahlenkrone wurde das Relief, also
auch die Enlstehung des Tempels in die erste Kaiserzeit
hinunlergerückt. Prof. Strack legte die Photographie der
jetzt im British Museum ausgcstellten, mit Hochreliefs um-
gebenen Säule aus dem Artemistempel von Ephesus vor;
nach einer Münze von Ephesus hatte man schon früher das
Vorhandensein von Reliefs an den Säulen geschlossen. Die
sechs Figuren, in ziemlich schlanken Proporlionen gehalten,
gehören mit zu dem schönsten, was uns aus der Epoche des
Skopas und Praxiteles erhalten ist. Weiter'referirte Prof.
Bruns auf Grund seiner Reise in Jtalieu über die neuesten,
schon vielfach in Zeitungen erwähnten Ausgrabungen auf dem
römischen Forum. Nördlich von der Phocussäule, in ziem-
licher Entfernung von dem Bogen des Septimius Severus und
den gewöhnlich auf die Rostra bezogenen Fundamenten ist
man in dem Unterbau eines mittelalterlichen Bauwerkes auf
zwei Marmorstücke gestoßen, die nngefähr fünf Meter lang,
unter einander parallel, noch in ein anderes Marmorstück als
Basis eingefalzt stehen, so daß wohl daran, daß sie sich auf
ihrem ursprünglichen Ausenthaltsort erhalten haben, nicht zu
zweifeln ist. Neben mehrmaligen Darstellungen eines Feigcn-
baumes fallen besonders Personen auf, die Schriftrollen in

der Hand halten, und andere, die ähnliche Gegenstände in
einen Scheiterhaufen zn werfen scheinen, daneben ein Tribunal
mtt dem Vorsitzenden, und aus den Stufen eine Frau mit
einem Kind im Arme stehend. Nicht unwahrscheinlich ist die von
Mommsen ausgehende Erklärung, daß es sich um Verbren-
nen der Schuldverschreibungen handelt, eine von den Kaisern
öfters beliebte Maßregel. Ob die Frau mit dem Kinde dann
auf Vormundschaftsgesetzgebung sich bezieht, und ob das Relief
unter Trajan oder Hadrian gehört, konnte nicht zur Gewißheit
gebracht wexden. Darauf legte Or. Engelmann das !862
in Rom an der Via Labicana gefundene, im Besitz des Malers
Wittmer in Rom besindliche Laokoonrclief im Original vor.
(Vgl. Arch. Zeitg. 1863, S. 89, Tas. OI.XXVIII.) Er suchte
nachzuweisen, daß die gewöhnlich gegen das Alterthum des
Reliefs vorgebrachten Gründe nicht stichhaltig sind. Zunächst
ist zwar noch kein antikes Relief von ovaler Form nach-
gewiesen. aber ursprünglich war das vorliegeude Relief gar
nicht ooal, sondern rechteckig, wie sich duraus, daß die Krllin-
mung auf der linken Seite viel zu stark ist, sowie aus den
Beschädigungen, welche die Extremitäten des linken und rechten
Knaben bei der Abarbeitung der Ecken erhalten haben, ferner
aus dem nur ganz oberflächlich behauenen, nicht geglätteten
Rande ergiebt. Wahrscheinlich hatte die Platte bei irgend
einem Zusalle an einer der Ecken Havarie erlitten, und es
wurden dann, um wenigsteus die Komposition zu retten, die
sämmtlichen Ecken abgearbeitet. Ebensowenig darf aus der
Verschiedenheit der Bearbeitung auf Fälschung geschlossen wer-
den; gerade ein Fälscher, der sich einen bestimmlen Stil zu
eigen gemacht, würde nicht neben beffer ausgeführten Theilen,
wie dem Leibe und den Scheukeln des Laokoon, bei anderen, wie
beim Hauple, flch mit oberflächlicher Bearbeitung durch Bohr-
löcher zufrieden gegeben haben. Noch weniger dürfen die Ab-
weichungen von der bekannten Grnppe des Batican für
Fälschung sprechen; ein Neuerer würde sich solche starke Ab-
weichungen, wie ste hier erscheinen (vier Schlangen statt zwei,
der eiue Knabe ist ganz losgelöst von der Gruppe, der andere
stürzt scheinbar mit dem Kopfe voran aus der Höhe; der
Vater ist wie in der Gruppe auf dem Altar niedergesunken,
es fehlt aber die dies motivirende Umschlingung durch die
Schlangen), nie und nimmermehr gestattet haben. Wenn
man einwendet, daß beim Vater, wo doch jedenfalls das
Original der Gruppe beuutzt ist, der Arm in der falschen
Restauration der Gruppe erscheine (man will bekanntlich jetzt,
daß Laokoon den rechten Arm an das Haupt legt), so fehlt bis
jetzt noch jeder sichere Beweis für die Richtigkeit der neuen
Annahme; die einzige Stütze, der Kopf in Neapel, darf gar
nicht hereingezogen werden, und es ergeben sich gegen das
Anlegen der Hand an den Kopf direkt Schwierigkeiten. Daß
an keine Fälschung zu denken sei, wurde allgemein anerkannt,
doch wollten mehrere, besonders Prof. Adler, die Renaissance
als Entstehungszeit annehmen. Auf das Madrider Relief, das
in vielen Beziehungen mit dem Wittmer'schen übereinstimmt,
und von dem eine Zeichnung vorlag, konnte wegen Mangel
an Zeit nicht mehr eingegangen werden.

/X Münchener Knnstverein. Kurze Zeit vor der Be-
lagerung von Paris durch die deutschen Armeen gelang es
dem bayer. General-Consul Hrn. Schwab daselbst, noch eine
Anzahl von Bildern, welche er eben erworben, aus der Stadt
und nach Demschland zu schafsen. Vor einigen Wochen hatte
Hr. Schwab die Güte, die ganze Sammlung im hiestgen Kunst-
verein auszustellen, wofür ihm Künstler und Kunstfreunde zu
lebhaftem Danke verpflichtet sind, um so mehr, als ste hier
nur höchst selten Werke von sremden Künstlern der Gegenwart
zu Gesicht bekommen. Jn den ersten Wochen der inter-
nalionalen Ausstellung des Jahres 1869 war die Begeisterung
für die modernste Richtung der französifchen Kunst eine unter
den Künstlern ziemlich allgemein verbreitete, und man konnte
namentlich jüngere darauf schwören hören, daß es nie größere
Meister gegeben als Courvet und Dore. Seitdem hat diese
Begeisterung sowohl an Umfang als Jntensität namhaft nach-
gelaffen, und es ist ein öffentliches Gebeimniß, daß sich der
besonnenere Theil des Publikums von den Produkten abzuwen-
den beginnt, welche durch jene Fremden hervorgerufen wurden
und noch werden. Die Reaktion gegen die alte akademische
Richtung war eine heilsame und trug ihre guten Früchte. Seit
sie sich aber zu übernehmen begann, macht sich auch schon der
Rückschlag bemerkbar. So kam es denn auch, daß die von
Hrn. Schwab ausgestellten Bilder sehr verschieden beurtheilt
wurden. Zunächst wäre zu konstatiren, daß die meisten der-
 
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