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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Meyer, Bruno: "Die Wiedertaufe im Berliner Museum"
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0093

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175

Rottmann's Fresken in den MUnchener Arkaden.

17k

Schatten eineö faktischen Hintergrundes verleiht*), — ich
sage: weit entfernt, Retraktationen schreiben zu müssen,
hat Waagen es vielmehr stcts mit Dank und Anerkennung
ausgesprochen, daß ihm in Petersburg vollständig freie
Hand gelassen worden, daß er ohne jede Rücksicht habe
ausscheiden bürfen, und daß der Kaiser sich mit seinem ganz
uuabhängigen Wirken befriedigt erklärt habe. Welche
Vorstelluug übrigens, auf eine kaiserliche Nmherführung
die Benennungen in einem auf 289 Seiten ungefähr
1600 Bilder beschreibenden Kataloge zurückzuführen!

Wenn Waagen trotzdem bei der Abfassung dieses
Kataloges noch nicht mit genügender Schärfe in der Kritik
vorgegangen ist und manches gebilligt hat, was er ver-
muthlich selber, wäre er der wie jetzt geordneten fertigen
Sammlung gegenübergetreten, verworfen haben würde,
so ist es boshaft, darin maln liäes zu sehen und nicht
den ganz ausreichenden methodologischen und psycholo-
gischen Erklärungsgrund gelten zu lassen.

Dem Katalogisten lag mehr eine Sichluug als
eine Feststellung ob. Er wies daher das sicher lluächte
zurück und legte deni sicher Bestimmbaren den richtigen
Namen bei, so einc im Wesentlichen gut geordnete Samm-
lung schaffend, an der sich die fortschreitende Wisseuschaft
weiter erproben mochte, indeni sie auch die fraglicheren
Fälle mit den zu jedem Einzelnen berufensten Kräften
untersuchte. Das ist vollkommen methodisch.

Psychologisch aber ist es durchaus erklärbar, daß einer
so herrlichen und aus so ausgezeichneten Quellen zusam-
mengeflossenen Sammlung gegenüber, wie die Ermitage
ist, nach sehr erheblichen und mit Zuversicht vorznnehmen-
den Ausrangirungen cin Moment der Scheu vor der
lleberlieferung eiutrat, der vor allen hyperkritischen und
gewagten Entscheidungen zurückschrecken ließ.

Das Nrtheil, daß der Petersberger Katalog dem
Kennerblicke Waagen's am wenigsten Ehre mache,
mag ein Berufenerer als A. Dove begründen, nnd dann
mag es gelten.

Die Behauptung, daß es dem wissenschaftlichen
Gewissen Waagen's llnehre macht, ist unerweisbar,
weil dem Thatbestaude widersprechend, und somit zum
mindesten vorwitzig. —

Die Spitze des Artikels bestehl dann in einer in
Form einer Vertrauenserklärung gefaßten Ermahnung an
den Kronpringen, die Wiedertaufe ini Berliner Museum
ruhig geschehen zu lassen.

Jch halte nun zwar dafür, daß der Kronprinz des

") ,Der hier gewünschte Aufschluß ist ganz in der zu
erwartenden Weise durch Alfred Woltmann in dem schon
angeführten kurzen Briefe an A. Dove ertheilt wordeu. Es geht
aus demselben hervor, daß Woltmann nicht nur keine „Retrak-
talioneu", sondern nicht einmal vereinzelte Bemerkungen zum
Petersburger Kataloge in Waagen's Nachlasse gefunden hat.

Anm. des Berf.

deutschen Reiches es nicht nöthig hat, sich von irgend Je-
mandem Muth einsprechen zu lassen; auch glaube ich zu
wisscn, daß man sich im vorliegenden Falle einer ganz
überflüssigen Mühewaltung unterzieht, maßen der deutsche
Kronprinz gar nicht daran denkt, wie weiland der König
von Sachsen auf seinem Lionardo, der nun einmal
rettungslos und unerbittlich ein Holbein war, so seinerseits
auf irgend einem alteingelebten Namen im Kataloge gegen-
über der durch Julius Meyer und Bode in kompetentester
Weise vertreteneu modernen Kiiiistwifsenschaft zu bestehen.

Jndessen wenn einem eine derartige unnütze Be-
niühung als Stoff znr Redeübung behagt, so ist das viel
zu unverfänglich, um etwas dagegen zu sagen. Jch hielt
es nur für meiue Pflicht, gegen den rücksichtslosen Ge-
brauch unziemlicher Redeblumen lediglich durch ein ein-
faches Zeugniß für die aus Mangel an ausreichender
Jnformation ignorirte Wahrheit einzutreten.

Bielleicht ist es auch nöthig, daß ich mich im Voraus
gegen das abgeschmackte Stichwort „Waagenkultus!"
verwahre. Die Leser werden erkennen, daß davon keine
Rede ist.

Wir wollen schaffen, so rastlos und treu, wie wir
können, und uns freuen, wenn wir dem Schatze des
Wissens, Ler uns überliefert ist, etwas Gutes und
Weseutliches hinzuzufügen gewürdigt werden.

Aber es sollte mir leid thun, wenn wir unsere Bor-
gänger in der Arbeit erniedrigen müßten, um auf ihre
Schultern zu steigen. Jch vermöchte darin keinen Be-
weis für ihre, sondern nur für unsere Niedrigkeit
zu sehen. Bruno Meyer.

Nottmmm's Fresken in den Wünchener
Ärkaden ").

München, Ende November.

/X Als vor ein paar Jahren in diesen Blättern
darauf hingewiesen wurde, wie es eine Ehrenschuld Mün-
chens sei, die berühmten Rottmann'schen Fresken
in den Arkaden des Hofgartens vor dem völligen Unter-
gange zu retten, da erhob sich alsbald ein lebhafter Streit
darüber, ob diese unschätzbaren Bilder an Ort und Stelle
belassen und von sachverständiger Hand restaurirt oder

U Soeben, bevor Obiges unter die Presse geht, finde
ich in Mllnchener Blättern folgende „Erklärung": „Gegen-
über ebenso nngerechten alr maßloßen Angrifsen in der Presse
auf die von Herrn Leopold Rottmann an seines verewigten
Bruders landschaftlichen Fresken im hiesigen Hofgarten bisher
ausgeführte Restauration erklären die unterzeichneten Mit-
glieder der vom k. Ministerium nnd der k. Akademie der
Künste ernannten Kommisston zur Berichterstattung über den
Zustand, resx. die Herstellung der gedachten Fresken, daß
die von Herrn Leopold Rottmann bisher ausgeführte Restaura-
tion nicht nur nicht das Mindeste an der Originalität der
Werke verändert oder beschädigt hat, sondern daß vielmehr
die Aufgabe in einer Weise gelöst worden ist, wie sie mit
 
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