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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Guttenberg, G.: Der Salon von 1872, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0106

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VIII. Jahrgang.

Gcitrügc

stnd an I>n. C.V. Lützow
(Mien, Theresianumg.
2S) od. an die Verlagsst.
(Leipstg, KiinigSstr. s>
zu richten.

10. Iannar

Nr. 13.
Instrate

s. 21/2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Buch- und Kunsthand-
lung angenommen.

1373.

Beiblatt zur Zeitschrist sür bildende Kunst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die ALonnenten der „Zeitschrift sür Lildende Kunst." xratis; für sich allein Lezogen
kostet der Jahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Inhalt: Der Salon von 1872 III. (Schluß), IV. — Friedrich Bürklein -s. — Ednard His. — Münchener Kunstverein, Ausstellung. — Düsseldorfer
Akademie, Berufung von E. Dücker für die Landschafterklasse. — Berichtigung. — Berichte vom Kunstmarkt: Berlin, Auktion Mecklen-
Lurg; Wien, Auktion Sedelmeyer- — Neuigkeiten des Bnch- und Kunfthandels. — Jnserate. — Beilage von I. Engelhorn in Stuttgart.

Der Salon von 1872.

111.

(Schluß.)

DasPorträtfach wardurch manchesguteBildver-
treten und ließ in vielen Stückeu das ernste und eifrige
Stndium tüchtiger alter Meister erkennen. Beachtenswerth
ist, daß die altdeutsche Schule jetzt bei den Franzosen zn
Ehren zu kommen scheint; manche Portraits zeugen nicht
nnr von sehr entschiedcnen, mitunter glücklichen Versuchen
den warmen Goldton, die in allen Abstufungen klare Farbe
herauszubekommen, welche uns aus den Bildern jener
Meister entgegenleuchtet, sondern sie schließen sich diesen
auch im Arrangement und Format (dem Quadrate sich
nähernd) möglichst an; sehr gelungene Bilder in dieser
Richtung, die den Einfluß Holbein's unverkennbar an sich
tragen, waren ausgestellt von Paul I. A. Baudri,
Portrait von Edmund About, C. F. Gaillard, Frauen-
portrait, Alexandre Collette, eine Frau aus Savoyen.
Eine selbständigere, freiere Auffassung, ungezwun-
gene, noble Haltung bei glücklicher Auffindung und
Wiedergabe der individualisirenden Merkmale, zeichneten
die Portraits nachfolgender Künstler aus: Lievin de
Winne (Bclgier),das beste Männerporträt des Salons von
1872, lebensgroß, Kniestück, noble Auffassung, glanzlose,
fast stumpfe Farbe, aber gegen den grauen Hintergrund
von feiner Wirkung; Edward H. May (Amerikaner,
SchülcrCouture's), PortraitdesGeneralsMeredithNead;
D6sir6 Langse, männliches Portrait; Mademoiselle
Jacquemart, Portrait des Präsidenten Thiers; C. F.
Gaillard, Portrait eines Osficiers; Fantin-la-Tour,
ein halbes Dutzend Portraits, eine Tischgesellschaft bildend;
Jules Eliü Delaunay, Damenportrait (von demselben
war auch eine reizende „Diana" ausgestellt); Madame

Beauvais, Mädchenportrait; Jules Cornillet, Damen-
portrait; Auguste Anatole Deschamps, reizendes Mäd-
chenportrait; Eugöne Faure, Damenportrait; Alexandre
Piot-Normand und ArmandLaroche, Damenportraits;
Aleris Pörignon, Porträt der Comtesse Pepoli. An-
toine A. E. H6bert, Director der Acadvmie de France,
hat das Portrait einer jungen, engelsschöncu Marquise
mit Haaren wie Ebenholz und einem Teint wie Blüthen-
schnee gemalt; er scheint von ihrer Anmuth so ergriffen
worden zu sein, daß sie ihm wie eiu überirdisches Wesen
erschien, und als solches hat er die junge Marquise L . .
auch dargestellt. Wie eine Schemenkönigin sitzt sie da,
ihr Körper ist aus Duft gewebt, aus ihrem Antlitze mit
den prächtigen dunklen Augen liest man zn gleicher Zeit
Stolz, Milde und mädchenhaftes Bangen; ihr Haupt krönt
ein Demantdiadem, und ein Schleier, dünn wie Spinnwebe,
gleitet zu beiden Seiten über Schultern und Arme herab,
ohne sie zu verhüllen.

Die eigentliche neue französische Moderichtung im
Porträtfache habe ich noch nicht angedeutet, und doch war
sre im Salon merklich vertreten; diese modernen Portraits
passen nicht so sehr für den Ahnensaal, wo sie die nach-
kommenden Geschlechter mit Stolz und Berehrung er-
füllen sollten, sie könnten vielmehr als Aushängeschilder
für Modewaarenhandlungen dienen. Die Männer müfsen
darauf verzichten, von den moderneu Malern conterfeit
zu werden; sie sind zu wenig dankbar, sie bieten zu wenig
„Stoff". Dafür aber sind jene Damen sehr willkommen
und gesucht, welche in prunkoollen Toiletten und farben-
sprühendem Schmuck Ersatz für das entschwundene Juwel
der Iugendfrische und Anmuth zu finden wissen. Solche
Damen werden in ganzer Lebensgröße und Lebensfülle,
decolletirt bis zur Jndiscretion, angethan mit dem ganzen
 
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