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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Allmers, Hermann: Noch ein Wort für Rottmann's Fresken
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0115

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219

Kunstlileratur.

220

Endlich kommt noch ein Umstand hinzu, der von
einer nichl hoch genug zu schätzenden Bedeutung ist. Die
halde Arbeit ist-, so zu sagen, schon beschasft. Es ist
nämlich nicht einmal mehr nöthig, dafür die sonst un-
entbehrlichen Aquarellkopien erst anzufertigen, da von
sämmtlicken Fresken bereits in trefflichster Weise auf
Befehl König Ludwig's I. durch den schweizerLandschafter
Scheuchzer Kopien in Wasserfarben genömmen wurden,
gegenwärtig aufbewahrt im königl. Kupferstichkabinet
der alten Pinakothek. An Treue und Durchbildung lassen
diese Aquarelle kaum etwas zu wünschen übrig, nur der
blaue Luftton hat auf ihnen einen von den Originalen
abweichenden Stich in's Grünliche, sicherlich entstanden
durch das Durchwirken des stark gelblichen Papieres.

Daß die königl. bayer. Regierung diese Kopien
(natürlich gegen genügende Garantie) mit größter Be-
reitwilligkeit zu so schönem Zwecke herleihen würde, leidet
keinen Zweifel.

Rottmann's Arkaden-Fresken, auf diese Weise in an-
sprechender mäßiger Größe vollendet wiedergegeben, wären
ein Schatz für jede Kunstsammlung, wären hochbedeutende
Vorbilder und Lehrmittel für jede Akademie, aber auch
für den einzelnen Kunstfreund, in Mappen aufbewahrt
oder als reizender Wandschmuck, wären sie eine unver-
siechbare Quelle edelsten Genusses, vor allem aber für die,
welche sich einst des Anblicks der Originale erfreuten oder
für jene, denen das Glück gar zu Theil wurde, selbst die
Motive derselben jenseits der Berge in Jtaliens Schön-
heitswelt zu schaueu.

Wer unternimmt das schöne würdige Werk?
Jm Voraus Dauk ihm und Glückwunsch im Namen
Tausender. Hermann Allmers.

Rechtenfleth, 2. Januar 1873.

üimstliteratilr.

vr. Hermann Luchs, Schlesische Fürstenbilder des
Mittelalters. Namens desVereins für das Mu-
seum schlesischer Alterthümer in Breslau nach Ori-
ginalaufnahmen von Theodor Blätterbauer, Karl
Bräuer, Albrecht Bräuer, Bernhard Mannfeld und
Adalbert Wölfsl herausgegeben. Mit 47 Bildtafeln.
Breslau, Verlag von Ebuard Trewendt. 1872. 4.

Des ersten Heftes der Schlesischen Fürstenbilder
von Or. H. Luchs haben wir bereits früher (5. Jahrgang,
Kunstchronik, S. 162) gedacht. Jetzt liegt das Werk voll-
endet da, ein stattlicher, an Abbildungen reicher Band.
Den Tafeln, die in Steindruck, Chromolithographie,
Radirung hergestellt sind, ist neben sorgsamer Ausführung
anzusehen, daß ihnen eine charakleristische, verständniß-
volle Zeichnung zu Grunde liegt, nur der Farbendruck
ist miiunler etwas hart gerathen. Zu einem großen Theile
sind diese Deukmäler, sast durchgängig Grabmonumente,
hier zum erstenmale veröffentlicht, und damit ist ein reiches
und interessanles Material zur allgemeinen Kenntniß ge-
bracht, welches ebenso in historischer wie in kunstgeschicht-
licher Beziehung seine Bedeutung hat. Dies gilt auch

von dem Text, in welchem die Biographien der Bischöfe
von Breslau und der Herzöge der versckietenen Linien,
zum Theil mit Verwerlhung neuer archivalischer Quelleu
geschrieben, den größlen Umfang einnehmen, aber auch
jedesmal das für Kunst- und Kultnrgsschichte Interessante
berücksichtigt ist. An dieser Stelle haben wir dem Werke
wesentlich nach letzkgenannter Seite hin zu folgen. Auf
manches für Archäologie des Mittelalters, für Ikonogra-
phie und Kostümkunbe Wichlige haben wir bei der früheren
Gelegenheit hingedeutet. Einen Punkt möchlen wir jetzt
noch berühren. Bei Beschreibung des Grabmals von
Rudolf von Rüdesheim, Bischof von Breslau (gest.
1482) sagt der Verfasser: „Er steht auf einem Löwen,
dem Symbol des Bösen, das er überwuuden". Aber
eine solche Deutung ist wenigstens nicht unbedingt und
nicht in allen Fällen zuzugeben. Unsere Kenntniß der
miitelallerlichen Thiersymbolik ist gerade bei den auf
Grabsteinen angebrachlen Thieren eine ziemlich unzu-
reichende, und es ist vorläufig rathsam, über diesen Gegen-
stand mik derjenigen Vorsichl zu sprechen, welcke Schnaase
in seiner Geschichte der bildenden Künste (Bb. IV, 2. Aufl.
S. 274ff.) beobachtet hat. Manchmal ist allerdings sicht-
lich, daß die Figur zu den Füßen des Abgebildeten etwas
Besiegtes und unter die Füße Getretenes darstellt. So
steht auf einem der berühmtesten schlesischen Grabmäler
Herzog Heinrich II. auf einem bezwungenen Mongolen.
Für den Löwen unter den Füßen ist die Verheißung des
90. Psalms herangezogen worden: „Auf Löwen und
Drachen wirst du treten". Wenn aber, wie häufig bei
Frauen, ein Hund an solcher Stelle angebracht ist, so läßt
sich dafür nicht leicht eine entsprechende Deutung fiuden,
und manchmal möchte man eher an Symbolisirung von
Eigenschaften der Verstorbenen denken. Bielleicht, sagt
Schnaase, mochte dabei etwas sehr Aeußerliches mitsprechen.
Wenn man nämlich den Berstorbenen auf dem Rücken
liegend abbildete und seine Füße aufwärts standen, bilde-
ten sie eine unbequeme Lücke, welche man ausfüllen wollte,
und indem man nach einem passenden Gegenstande suchte,
sprach bei dessen Wahl eine dunkle, mehrdeutige Sym-
bolik mit.

Für die Geschichte der künstlerischen Technik ist beson-
ders der Nachweis von Werth, daß eine Reihe farbiger
Grabmonumente, die nach frühererAnnahme aus gebrann-
tem Thon sein sollten, nicht aus diesem Material, sondern
vielmehr aus Stein und Stuck sind. Bei dem berühmten
Denkmal Herzog Heinrich's IV. in der Kreuzkirche zu
Breslau hatle der Verfasser das schon früher erwähnt.
Genaueres über diesen Punkt wird bei Bolko II., Herzog
von Schlesien-Schweidnitz (gest. 1301), mitgeiheilt, dessen
schöner Grabstein in der Kirche zu Grüssau dem erwähnten
nahe steht, nur daß er, etwas später entstanden, schon den
ersten Schritt zu dem Bewegteren und Pathetischen zeigt,
ohne den Formenadel der früheren Gothik zu verlassen.
Die fast ganz runde Figur ist in ihrem Kerne, ihrer
Hauptmasse Sandstein, alles Borstehende, Erhabene und
Unterschnittene (Nase, Schild, Finger, Locken, die Gewand-
falten) ist ein feiner weißer Stuck, so daß der Bildhauer
diese Theile, die Extremitäten, erst zuletzt angesetzt und
ausgearbeitet haben mag.

Ueberblicken wir die hier publicirten Denkmäler in
ihrer kunstgeschichtlichen Folge, so trilt uns während der
ersten Periode eines Aufschwungs der mittelalterlichen
Kunst in Schlesien, in der Zeit des Uebergangsstils und
 
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