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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Eisenmann, Oskar: Die Brandmarken der alten Pinakothek zu München
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0130

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Nr. 16.

Bciblati zur Zeitschrist sür bildende Kunst.

VIII.Jahrgang.

Äciträgc

flnd an vi. E. v. Lützow
(Wlen, Thereflanuing.
25)od. an dicVcrlagsh.
(L-Ipflg, Königsstr. s>
zu richten.

Änstrate

L 2>/2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Bnch- und Knnsthand-
lnng angenommen.

31. Iaimar

1873.

DieS Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend-, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" gratio; für sich allein bezogen
loftet der Jahrgang s Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bet den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Die Brandmarken der alten Piuakothel zn München. — Aus Straßbnrg. — Der Salon von 1872 (Fortsetzung). — Marggrasf's
Katalog der alten Plnakothek. — DaS Berliner Goethe-Denkmal. — Brieskasten. — Jnserate.

Die Grandmarken der alten Pinakothek
M München.

Jch weiß es nicht, ob dem einen oder andern Leser,
der dann und wann die Räume dcr genannten Kunsthalle
besucht, aufgefallen ist, daß sich seit geraumer Zeit an den
Täfelchen einzelner Gemälde derselben dunkelrothe Punkte,
etwa in Gestalt und Größe gewöhnlicher Oblaten, vor-
finden. Die Meisten mögen sich den Kopf über die wenig
augenfällige Erscheinung nicht weiter zerbrochen haben,
Manche hielten sie vielleicht für ein Galeriezeichen, einige
Wenige aber Wird wohl die Neugier, oder ein regeres
Jnteresse für die Sammlung bis zu einer Frage an sich
selbst oder einen der Galeriediener verlockt haben. Zu
diesen letzteren gehörte ich und erhielt vor wenigen Tagen
von einem derselben die unumwundene Bestätigung einer
längst gehegten Vermuthung. Er ließ sich nämlich, frei-
lich wie von einer unbestimmten unheimlichen Ahnung
erfüllt, mit einer gewissen verschämten Zurückhaltung
dahin vernehmen, daß dadurch diejenigen Gemälde be-
zeichnet seien, die für den Fall einer Feuersgefahr als die
werthvollsten zuerst gerettet werden sollen. Mit
erneutem Jnteresse betrachtete ich mir nün die betresfenden
Werthstücke der Sammlung, die in so bedeutungsvollem
Sinne ausgezeichnet worden, und konnte meines Erstaunens
kaum Herr werden ob dcr Ueberraschungen, welche da dem
also Eingeweihten bereitet waren. Denn neben vielem
Trefflichen, dessen Wertherkenntniß auch für das blödeste
Auge nicht zu verfehlen war, findet sich beregter Weise
hervorgehoben eine nicht unbeträchtliche Zahl von Mittel-
gut, dagegen übersehen, oder gar prinzipiell verachtet eine
rnindestens ebenso große Zahl der allerwerthvollsten, in
einem solchen Falle ganz unersetzlichen Nummern, was

ich sofort jedem Urtheilsfähigen und Vorurtheilslosen
erweisen werde. Aber schon jetzt kann ich ein Wort
tiefster Jndignation darüber nicht unterdrücken, daß in
dem Getriebe einer als Vorsehung sich gebahrenden Ver-
waltungsmaschine ein solch'unerhörtes Borkommniß mög-
lich ist. Es mag dahingestellt bleiben, wer den ersten
Anstoß dazu gegeben, oder vielmehr, was weit wichtiger,
wer die letzte entscheidende Hand zu dieser Brandmarkung
der alten Pinakothek angelegt, nur so viel steht für mich
unerschütterlich fest, der diese Auswahl getroffen hat, das
ist — ein Maler gewesen! Ebensowenig ist es von Be-
lang, zu wissen, ob man an maßgebender Stelle von der-
artiger Fürsorge für die Güter des Staates unterrichtet
war, oder nicht; denn gleichviel, diese maßgebende Stelle
trifft dabei ein ebenso schwerer Vorwurf und eine ebenso
große Berantwortung, wie den Galeriedirektor selbst, und
zwar, wenn sie darum gewußt, daß sie dem Modus eineS
solchen Vorgehens zugestimmt, und wenn sie n ich t darum
gewußt, eben daß sie nicht darum gewußt.

Jetzt aä proäueonäum, proütenäuw st liczuiäanäuw
muß ich den Leser bitten, sich mir aus einer kurzen Wan-
derung durch die Säle und Cabinete der Pinakothek anzu-
schließen.

I. Saal. Nr. 51, obschon ein Lchter Dürer, wahr-
scheinlich das Porträt Fugger's, ist keiner Marke gewür-
digt worden, dagegen Nr. 56, die Ehebrecherin vor
Christus, ein wenig ansprechendes Produkt des Cranach'-
schen Ateliers trägt eine solche. Man wird es bestreiten,
daß das in seinem Grunde mit dicker grüner Farbe über-
strichene und auch sonst nicht unberührte Bildniß Nr. 51
von Dürcr's Hand selber sei, allein, die Berechtigung
eines Zweifels daran eingeräumt, so viel sollte doch einem
Malerauge einleuchtend sein, daß es auch als Schulbild
 
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