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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Aus Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0186
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VIII.Jahrgang.

Sciträgc

sind an l)r. C. v. Lützow
(Wien, Theresianumg.
25) od. an die Verlagsh.
(L'eip)ig, Königsstr. 3)
zu richten.

21. Mär)

Nr. 23.
Inscratc

L 2><2 Sgr. sür die dre
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Buch- und KuNsthand-
lung angenommen.

1873.

Bciblatt zur Zcitsthrist sür üildendc Kunst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten der ,,Zeitschrift für bildende Kunst" xratis; für sich allein bezogen
kostet der Jahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Aus Tirol. — Das Parisurtheil in der Kunst des Mittelalters. — Kraus, Das Spottcrucifix vom Palatin. — Heinrich Pommerenckefi. —
Konkurrenz für Entwürfe zur inneren Ausschmückung des Kölner Domes. — Münchener Kunstverein; Ne-w «ritisll Instiwtion Osller^. —
Germanisches Museum; Neubau des Braunschweiger Museums; Neue Erwerbungen der Berliner Nationalgalerie; Goslar, alte Wand-
malereien. — Neuigkeiten des Buch- und Kunsthandels. — Zeitschriften. — Inserate.

Äus Tirol.

Jnsbruck, Ende Februar.

Wie wir unlängst hörten, kommt an die Stelle
des rothen Kleckses über dem „Josefialtarl" in der alt-
ehrwürdigen Hofkirche ein Fresko von Mader. Wir
wissen diesen Künstler in seiner Sphäre zu schätzen; sein
Fresko gehört aber ebensowenig an diesen Platz, wie der
rothe Klecks, mit dem sich unsere Betschwestern vorläufig
behelfen. Es ist weder der Bau dep Kirche, noch ihr
Schmuck im Jnnern stilistisch einheitlich durchgeführt;
Alter und Geschichte haben aber eine gewisse Harmome
hergestellt, die man durch neue Zuthaten dieser Sorte
nicht stören sollte. Möge die Kirche wie bisher „Tirols
Westminster" bleiben, man bewahre den Raum der
Wände für Dcnkmäler; hierher wäre der Grabstein
Collin's zu übersetzen; hier wären Erinnerungstafeln
anzubringen für Knoller, Koch, Fallmerayer, Senn,
Gilm und andere, wenn sie auch just keine heiligen Lei-
ber sind.

Maderhat heuer seinen Freskencyklus aus der Legende
des heiligen Veit in der Kirche zn Kemeten vollendet; in
seiner Richtung berührt er sich am ehesten mit dem wackeren
Hellweger, während Plattner, der sich jetzt zu Rom für
die Vollendung seiner Aufgaben im nenen Friedhof vor-
bereitet, zwar eine kräftigere Natur ist, jedoch manchmal
über die Grenzlinien des Schönen hinausstolpert. Auf
dem Gebiete religiöser Malerei stehen diese drei Künstler
jedenfalls zu Jnsbruck in erster Linie, und auch Kirchen-
vorstände anßerhalb Tirols könnten, wenn Bedarf an
frommen Bildern ist, gar wol auf sie reflektiren. Es
'st diesen Männern Ernst mit der Sache, und wie viele
Künstler gibt es noch, die bei der gänzlich veränderten

Richtung der Zeit solche Bestellungen nicht schablonen-
mäßig nebenher abthun!

Am 14. Februar hatten wir eine kleine Gemälde-
auklion; es wurde der Nachlaß der Kaufmannsfrau Th.
Habtmann versteigert. Es interessiren Sie vielleicht einige
Preise, die erzielt wurden. Für eine große Landschaft von
I. Unterberger wurden 90 fl. bezahlt; Wörndle ging für das
Gleiche ab; Hans Brnnner erhielt 50 fl.; für eine hübsche
Landschaft mit Schafen von R. Eberle zahlte man 105 fl.,
und was würde wol Raffalt sagen, wenn er hörte, daß
ein „Abend" von ihm nicht funfzig Gulten erreichte. Viel-
leicht hätte man mehr erhalten, wenn man die Bilder
einem Auktionator in einer großen Stadt überlassen hätte.

Eine gute Erwerbung hat das Ferdinandeum ge-
macht. Schlagen Sie das Kllnstlerlexikon von Nagler
nach, Sie finden dort einen Kammermaler des Erzherzogs
Leopold und später des Kardinals Madruz verzeichnet:
er heißt TheophilPolak. Ein geborner Pole, kam er im
ersten Drittel des siebzehnten Jahrhunverts nach Tirol, wo
er dreißig Jahre hindurch thälig war und manche Kirche
mit geschickter Hand schmückte. Sein Todesjahr ist unbe-
kannt. Das Ferdinandeum kaufte ein Votivbild von
ihm. Erzherzog Max, der Deutschmeister, auf den Knien
wird von einem heiligen Pabste der thronenden Madonna
vorgestellt, das Christkind auf ihrem Schooß hat segnend
die Hand erhoben. Das gut erhaltene Bild zeigt einen
achtenswerthen Künstler, auf den rffenbar die Venetianer
wirkten, Ler aber dabei manche ältere deutsche Tradi-
tion nicht vergaß. Engel halten über dem Hanpte der
Madonna eine gvthische Krone; die Landschaft hat deut-
schen Charakter und könnte gar wol durch Reminscenzen
aus Dürer angeregt sein.
 
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