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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Bach, Max: Denkmale deutscher Kaiser
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Ein Selbstbildnis von Bartol. Passerotti
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0204

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Ein Selbstbildniß von Bart. Passerotti. — Kunstliteratur.

Möchte Vorstehendes dazu aufmuntern und anregen,
diese Lücke in unserer Literatur bald auszufüllen! Auch
Giesebrecht macht in Bezug auf das Ceremoniell bei Kaiser-
krönungen darauf aufmerksam, daß das Material zu einer
solchen Arbeit vorhanden, aber bisher gar nicht oder
doch nicht erschöpfend benutzt worden ist.

Max Bach.

Ein Sellistbildniß von Äartol. Passerotti.

Jm Laufe des Herbstes 1872 wurde in Boston auf
einer Auktion ein kleiner, kaum kenntlicher Porträtkopf
zum Preise von 37 Cents (ungefähr 13 Neugroschen)
losgeschlagen und von dem Befitzer alsbald gegen einen
alten Kupferstich vertauscht. Der Porträtmaler L. A.
Schirmer, dem der Kopf zu Gesicht kam, glaubte unter
dem Schmutze, welcher denselben bedeckte, eine gute Arbeil
zu erkennen, und nachdem er das Bild gereinigt und den
alten Firniß beseitigt hatte, kam denn auch eine keck ge-
malte, sehr lebendige Skizze zum Vorschein. Da das
Bild auf eine zweite Leinwand sehr ungeschickt aufgezogen
war, so daß die Bildfläche Falten zeigte, so schritt Herr
Schirmer daran, diese zweits Leinwand abzulösen, und
entdeckte nun eine Inschrift auf der Originalleinwand,
welche, wenn dieselbe ächt ist, von einigem Jnteresse für
die Kunstgeschichte zu seiu verspricht. Sie lautet nämlich
folgendermaßen:

8urtolo°." kusssrotti. IHs ckl suu muno sus.
eftiAis cki sts. ck'snui 51 iu Lost Oonuto äu ssso s
ms 6io. Lutts. I)sti. ^cki 9 O. 1571.

Da die Künstlerlexika den Bart. Passerotti 1540
geboren werden lassen, so würde er nach dieser Jnschrift
wenigstens 20 Jahre älter werden.

Herr Schirmer hat Photographien von der Skizze
anfertigen lassen, und Abdrücke davon nach Dresden und
nach Florenz gesandt, um durch den Vergleich mit den
dort befindlichen Selbstporträts des Meisters die Aehnlich-
keit feststellen zu können.

Der höchst lebensvolle Kopf ist ziemlich gut er-
halten. Nur in dem Barte ist eine abgeriebene und,
wie es scheint, wieder zugeschmierte Stelle. Die Arbeit
des Herrn Schirmer beschränkte sich auf das Reinigen.
Retouchen hat derselbe an dem Bilde nicht vorgenommen.

^__ K.

Lunstiiterlltur.

Dr.I. Richter, Christliche Architektur und Plastik
in Rom vor Constantin dem Großen. Jena, From-
mann 1872. 28 S. 8.

Der Verfaffer dieser kleinen, anziehend und anregend
geschriebenen Abhandlung stellt Eingangs derselben den
Satz auf, daß „in dem Aufkommen des Basilikenstils !
fchon das Aufgeben der erstchristlichen Bauweise con-
statirt sei, auf Grund der bis jetzt noch nicht widerlegten
Behauptung, daß die christliche Basilika aus der heidnischen
Gerichtshalle hervorgegangen sei." Ebenso geht die

Rotunde, das Modell und Motiv des christlichen Kuppel-
baues, auf die antiken Rundtempel, namentlich auf das
Pantheon des Agrippa zurück. Es lag im Jnteresse der
Kirche, sich antiker Tempel zu ihren Zwecken zu bemäcktigen.
Man begnügte sich durch Weihungen die bösen Geister
aus ihnen zu vertreiben; höchstens nahm man einige Ilm-
gestaltungen vor, die in Folge des veränderten Kultus
nothwendig erschienen. — Die erste Kirche in jener ur-
christlichen Bauweise wurde vor einigen Jahren von Rossi
und Marchi in der römischen Campagna entdeckt. Aus
den noch vorhandenen Grnndmauern konnte der ziemlich
einfache Grundriß hergestellt werden. Eine Vergleichung
mit den Katakombenkirchen gibt die Mittel an die Hand,
sich ein allgemeines Bild von der erstchristlicheu Bauweise
zu machen. Bei einiger Phantasie erkennt man bereits
eine scharf ausgeprägte Trennung des Chors vom Lang-
haus durch zwei Ausbuchtungen, die man mit dem späteren
Querschiffe vergleichen kann. Das Hanptmerkmal der
urchristlichen Kirche scheint die Stellung des Altars in der
Mitte gewesen zu sein. Jn S. Apollinare in Classe bei
Ravenna hat sich der Altar an dieser Stelle noch vor-
gefunden. Mehr läßt sich über die Konstruktion jener
Kirchen nicht feststellen, bevor nicht in Aussicht stehende
Entdeckungen im Orient ein umfangreicheres Material her-
beigeschafft haben. Mit größerer Bestimmtheit läßt sich
nach des Berfassers Ansicht der Charakter der erstchrist-
lichen Plastik erkennen. Doch geht aus seiner Schilde-
rung des bedeutendsten Monuments, welches in Betracht
kommt, dcr Statue dcs guten Hirlen von S. Paolo tuori
Is murs im Museum des Lateran, nicht ganz deutlich her-
vor, ob und in wie weit die Stilunterschiede von der
altklassischen Kunst so bedeutend sind, daß man auf Grund
dieses einen Monuments, der auf S. 20 beschriebenen
Lampe im Vatikan und des Reliefs im Lateran (S. 24)
eine eigenthümliche und selbständige Entwickelung der
altchristlichen Plastik annehmen kann. Jedenfalls geht
der Verfasser in seinem Enthusiasmus für jene Kunstrich-
tung zu weit, wenn er im Hinblick auf die verschieden-
artigen Typen des guten Hirten behauptet, in der alt-
griechischen Kunst hätte nur ein Typus fürZeus, Apollorc.
als berechtigt gegolten. Wenn er bier besonders die
archaische Kunst im Auge hat, so läßt sich diese schon des-
wegen nicht mit der altchristlichen vergleichen, weil diese
in unmittelbarer Umgebung der heidnischen Kunst ent-
standen ist. und somit fremde Muster und Vorbilder nach
Gutbefinden umbilden und verwenden konnte, während
die archaische Kunst der Griechen ganz auf eigenen Füßen
stand. Wenn auch de Rossi, Uoms sottsrrsnss, I,
S. 347 die Ableitung des guten Hirten aus einem heid-
nischen Typus als unrichtig nachgewiessn hat, so ist deß-
halb noch nicht jede Verwandtschaft mit einem antiken
Schema überhaupt zu negiren. Iugendliche Götterge-
stalten, wie die eines Apollon, vielleicht auch die Gestalt
eines Orpheus, der auf Katakombenmalereien zuweilen
erscheint sz. B. Usrrst, T. XX) in ähnlicher Weise wie
der gute Hirte von Thieren umgeben, mögen bei der
Bildung jenes Typus immerhin mitgewirkt haben.

Jedenfalls sind wir dem Berfasser dankbar für die
mannigfachen Fingerzeige, die er für die Werthschätzung
der altchristlichen Kunst gegeben hat. Wir wünschen, daß
sie Anregung zu weitereu Forschnngen in „dem allgemeinen
über die erstchristliche Kunst gelagerten literarischen Dunkel
dieffeits der Alpen" geben mögen. Rosenbcrg.
 
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