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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Langl, J.: Optische Täuschungen auf dem Gebiete der Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0290

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Dics Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonneme,i oer „Zeitschrist fnr bildende Knnst" xratl^; fnr sich allein bezogen
kostet der Jahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt. Optische Tänschungen auf dem Gebiete der Architektur. — Aus Straßburg. — Nekrologe: I. von Keller; Ch. Lncy. — Kunstverein in Königsberg.

— Umgcstaltung der „Albertina" in Wien. — Waffeninnseum der Stadt Wien. — Kopienmnsenm in Paris. — Hermannsoenkmal. — Nenig-
keiten des Buchhandels. — Zeitschriften. — Inserate.

Hcft !>. dcr Zcitschrift für bildcndc Kunit wird ciunctrctcncr Hiiidcrnifsc wc,ic>i crst nni 27. Juni crfcheinc».

Bciblatt znr Zeitschrist stir bildendc Knnst.

VIII. Jahrqaiig.
Sciträo,e

sind an vr. C. V. Lützow
(WicN, Theresianumg.
25) od. an die Per'lcigSh.
tkcilllig, Königsstr. S)

20. Jiilii

Nr. 36.
Znscraic

n 21/2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Buch-
nnd Kunsthandlung an-
genommen.

l!!73.

Optisthe Täuschungen anf dcm Geliiete
der ^rchitektur.

Uiiter vbigcm Titel ist in Berlin bei Ernst nnd Kvrn
(als Scparatabdruck aus Erbkam's Zeitschrist siir Ban-
wesen) eine hvchst interessante Schrift von A. Thiersch,
Privatdozenten an der k. polytechn. Schule in München,
erschienen, in welchcr der Autor die verschiedcncn Ansichten
über die sogenannteii optischcn Korrektionen an den grie-
chischen Tenipeln kritisch ervrtert. Seit Penrose durch
seine svrgfältigen Blessungen der Bauten auf der Akro-
polis die schon früher von Pennethorne und Hoffer beobach-
leten Krüniinuiigeii der horizontalen Gliedcrungcn niit
aller Präcision nachwies, haben sich in der Gelehrtenwelt
lebhafte Diskussivnen über diesc Entdecküng an der an-
likcn Architeklnr entsponnen. Die weitcren Untersnchnngen
konnten das Vorhandensein der Thatsache nur bcstätigen,
nnd es blieb nur noch die Frage offen: Was ist die Ur-
sache der Täuschung, und welche Gesetze beobachteten die
Griechen bei den Korrektionsniitteln? Wir hatten bis
dahin au den Hellenen blos das feine Gefühl für Rhyth-
inus und Verhältnisse angestaunt; nicht Wnnder konute
es uns nehincn, wcnn ihr für die Form so fein empfind-
sames Auge die wenn anch unendlich schwachcn optischen
Täuschungen an ddr Architektur herausfühlte imd die-
selben dnrch Corrceturen anszugleichen suchte.

Noch kreuzen sich bis heute die Ansichten übcr das
„Waruin", nnd auch der Verfasser obiger Schrift hat der
Sache noch kcinen positiven Schluß gegeben. Aber die
genaue Zusammenstellimg alles vorhandenen Diaterialcs
in Wort und Bild, wic es in der Arbeit von Thiersch

vorliegt, ist geeignct, den Leser zn eigenen Reflepioneu
anzurcgen und das wcitcr zu denkcu, was bisher über
den Gegcnstaiid schon gedacht wurde. Die Hypothese
Hofser's, daß das Gefühl eine Abneigung gegen das
Slarre, Abstrakte der geradeu Linie überhaupt besitze,
und daß die Griechen die lebensvvlle Schvnheit der Natur,
welche keine strengeu, mathematischeii Vinien kennt, ans
ihre Gebäude übertrageu wollten, hat in gewissen Be-
ziehungen ihre Berechtigung; nur greift sie nicht in den
Kern der Sachc. Denn die Linicn sind nicht geschwellt,
um geschwellt zu erscheinen, sondern vie Geraden sind
geschwellt, um eben gerade zn erscheinen; denn wären
sie gerade, so käme eine falsche Schwellung iu entgegen-
gesetzter Richtimg zur Erscheiuuug. Diesem Punkte stehen
die Ansichten Penrvse's nähcr, der von der Korrektion
des Zwiebekdreieckes ausgeht, wv der Eiufluß schiefer
Vinien auf eine gerade die Täuschung greller erscheinen
läßt. Kugler und Jiil. Brann finden in den Curvaturen
eine gewisse Elasticität der Foruieu, durch welche die
Schwere, die Vast gleichsam vergeistigt werde. Sie
nehiuen damit aber die Schwellungen als wirklich sichtbar
an, was sie nicht sind; wir fllhlen sie nur uubewußt in
der Erscheimmg der Geraden als Korrektivn einer op-
tischen Täuschung.

Die Berichte Vilruv's über die vptischen Korrek-
tionen zeigen, daß der einzige noch erhaltene Autvr über
die Architektur dcr Alten selbst nicht in die eigentlichen
Ursachen eingeweiht war. Zwei Stellcn, welche Thiersch
aus Schneider's Coimnentar zu Vitruv auführt, (Helio-
dorus unv Philo) bestätigen nur, daß das feinfühlende
Auge der Griechen die optischen Verzeichnungen erkannte
 
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