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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Meyer, Bruno: Der Berliner Gypspapst, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0386

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VIII. Jahrgang.

Äcitrüge

flnd an vr. C. v. Lützow
(Wicn, Therestanumg.
SS)°d.andi-VerlagSH.
(Lcipzig, Königsstr. 3)
zu richten.

13. Levtemlirr

Nr. 48.
Illscratc

L 21/2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Buch-
und Kunsthandlung an-
genommen.

1873.

Beiblatt znr Zeitschrist sür bildende Kunst.

Dies Blatt, jede Woche am Hreitag erscheinend, erhalten die Abonnenlen ver „Zeitschrift für bildende Kunst" xralis; für sich allein bezogen
kostet der Jahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Inhalt: Der Berliner Gypspapst. (Fortsetzurlg.) — Ungarische Landeszeichenschule. — Gesuch des Konservators der Kunstdenkmäler in Preußen. — Bild-
hauer Kietz. — Frankfurter Kriegerdenkntal. - Erster knnstwissenschaftlicher Kongreß. — Raffael's Fresken aus der Magliana; ein Portrait von
Holbein; Säcularfeier der Geburt Michel Angelo's; Düsselvorf: H. Linderoth; Straßburg: Das Kleber- und das Desaix-Denkmal. — Jnserate.

Der Serliner Gypspapst.

Von Bruno Mcyer.

(Fortsctzung.)

Ganz besonders weiß sich nun Herr Bvtticher ctwas
auf eine Anzahl von Bildwerkerklärungcn, welche ihm
in seinem Kataloge gcglückt sein sollen, nnd auf welche
er in seiner Flugschrift gegen Conze in einer Weisc
pocht, daß er die Widerlegung derselben, resp. die Auf-
weisung ähnlicher Leistungen auf dem Gebiete der ar-
chäologischen Hermeneutik geradezu zum Prüfsteine für
die Berechtigung zu einem Urtheilc über seine Thätigkeit
als Direktor der Berliner Skulpturengalerie macht.

Es ist einc bekannte, aber nicht bcncidenswerthe
Eigenschaft des Dilettantismus, der Wissenschaft wegen
jeder Lücke, die sie bisher im Erkennen gelassen, und die
zufällig dcm Dilettantismus auszufüllen vder auch nur
zu bemerken gelingt, einen schweren Borwurf zu machen
und womöglich die Existenzberechtigung abzusprechen, statt
daß sich jeder der Wissenschaft Angehörige freut, wenn
er einen bis dahin herrscheuden Jrrlhum als solchen er-
kennt, und bescheiden sein Ergebniß, wenn es den Bei-
fall der Verstehenden findct, dcn übrigen Ergebnissen der
Wissenschaft anreiht. Man kann an dem einen oder
anderen Benehmen mit Sicherheit feststellen, welcher Ka-
tegorie der Betreffende angehört.

Bötticher stellt sich — und sehr mit Fug und Recht
— durch seine Art und Weise in die Reihe der Dilet-
tauten, und er würde auch mit Schonnng als ein solcher
behandelt werden, wenn er nicht dic unqualificirbare
Schwäche hätte, sich mit Dreistigkeit durch seine An-
inaßung dem schärfsteü Urtheile bloßzusiellen.

Was dies sein Streitroß für ein Klepper ist, und
welche Donquixotiaden der in den Gestlden der Ar-
chäologie irrende Ritter Bötticher auf demselben zum
Besten gegeben, das nicht den Kennern dieser Sachen
— denn die lachen von Anfang au darüber —, sondern
dem größeren Publikum klar zu machen, hat Jhr ge-
schätzter Mitarbeiter Adolph Rosenberg neulich in
einer kleinen bei Gebrüder Bvrnträger (Ed. Eggers)
in Berlin erschienenen Brochüre unternommeu, die den
Titel führt: „Herr Professor Bötticher als Archäolog.
Ein Beitrag zur Geschichte der Berliner Archäologie."
Er weist hier eine große Zahl der frappantesten Miß-
griffe Bötticher's gerade in mehreren von ihm selbst be-
sonders hochgeschätzten Erklärungsversuchen nach, so die
tektonische Unmöglichkeit, die Dresdener Dreifußbasis
als Basis für einen Fackelleuchter zu erklären; er geißelt
ferner die Leichtfertigkeit, mit welcher über den Inhalt
des Gewandstreifens der Dresdener Pallasstatue gesprochen
wird; dann die ergötzkiche Flüchtigkeit, das Kupferstich-
werk über die Alterthümer Roms von Baptista de Ca-
valleriis unter dem Namen Laxt. äs Ouvut anzu-
führen, und sehr vieles Aehnliche; und er kommt zu
dem ausgesprochenen Resultate, daß in dem 762 Seiten
starken Buche nicht ein einziger lichter Punkt, nicht eine
einzige neue Ansicht sich finde, die gut ist.

Besonders beherzigenswerth für diejenigen, die auf
Bötticher's Worte schwören, ist die Erinnerung daran,
daß die Entdeckung der Sahlkante an den Gewändern
als Charakteristikon der Phidias'scheu Schule nicht, wie
Herr Bötticher 'bescheidentlich glauben zu machen ver-
sucht, von ihm, sondern von dem Bildhauer Schweig-
häuser und aus dem Jahre 1804 herrührt.
 
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