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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Meyer, Bruno: Zwei Trümpfe - zwei Triumphe
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0402

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VIII. Jahrgang.

Seitrage

sind an vr. C. V. LÜtzvW
(Alien, Theresianmng.
25) od. andie Verlagsh.
(Lcipzig, Königsstr. 3)

L6. Leptrmber

Nr. 50.
Inscratc

a 21/2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Buch-
und Kunfthandlung an-
genounnen.

1873.

Beiblatt zur Zeitschrist sür bildeude Kuust.

Dies Blatt, jcdc Wvchc am Freitag crjcheinend, erhntten die Abomicnic» der „Zciijchrist siir bild-nde Knnst" xrntl«; sür sich alicin bczvge»
kostct der Jahrgang 3 Lhlr. svwvhl im Buchhandel wic auch bei den dcutjchcn und österrcichischen Pvstanstalten.

Znhalti Zwci Triinipfe — zwei Triuniphc. — Berlini Kvrrespondenz. — Fricdrich Baniberger s. — Statistik der Bau- und Kunstdenkniiilcr des Regicrungs-
Bezirks Wiesbadcn. - Nassanischer Kunstoereiii. — Düsseldors; Ausstellungen.

Zmei Trümpfe — ;u>ei Triumphe.

Daß eia neues großes Bild von Hans Makart
ein Ereigniß ist, das lange Zeik vor nnd nach seincm
officicllen Eintritt viel Staub anfwirbelt, ist man seit
fünf Jahren schon gewohnt. Form und Jnhalt aber
der Aeußerungen, mit denen Bertreter der verschiedensten
künstlerischen und kunstkritischen Standpunkte das Er-
scheinen seines neuesten Werkes begrüßten, mußte mehr zu
bedeuten haben, als das Gewöhnliche; das ging, wenn
noch nicht aus der allgemeinen Uebereinstimmung und
dem durchgängigen Ernste der Behandlung, schlagend
daraus hervor, daß selbst die glühendsten und nnbeding-
testen Parteigänger und Bewunderer Makart's Fort-
schritte und überraschcndes Gelingen in den Beziehungcn
anzuerkcnnen und festzustellen fanden, die sie bisher zu
Gunsten ihres Erkorenen als möglichst irrelevant hin-
zustellen und nach Möglichkeit zu ignoriren hatten be-
müht sein müssen, während die Gegner nicht davon zu
überzeugen waren, daß nicht gerade da, wo es bei Ma-
kart immer fehlte, die Seele des Kunstwerkes ihren Sitz
habe. Die Wahrheit in Form und Farbe, die Schön-
heit in Gestalten und Komposition, das Leben in Aus-
druck und Geberde, Würde nnd Klarhcit des Gegen-
standes — all das hatte man vermißt, und in einer von
Einseitigkeit und Manier nichts weniger als freien
koloristischen Virtuosität und Bravour des Vortrages
keinen hinreichenden Ersatz für die Schädiguug der Kunst
durch principielle Vernachlässigung jener Haupterforder-
nisse gefunden und nur die Zcugen cines bedeutenden
Talentes für die Dckoration, nicht für die Darstellung
zu erkennen vermocht.

Da schuf er seine Caterina Cornaro; und freudig
riefen die Anhänger: „Da habt ihr Alles, was ihr je ge-
fordert habt und fordern könnt"; und es sprachen be-
ruhigt die Bedenklichen: „Von dem Künstler, der das ge-
malt hat, braucht wenigstens der Kunst keine Gefahr zu
drohen, wie das nach Früherem wohl zu besürchten war."

Jn der That ist Makart in diesem Werke kaum
wieder zu erkennen: nur an einigen Punkten tauchen
charakteristische Eigenschaften seiner früheren Arbeiten
noch auf und knüpfen das neue Bild unmittelbar an
seine Vorgängcr au. Sonst kritt selbst dem genauen
Kenner Makart's und dcm aufmerksamen und scharfsich-
tigen Beschauer eine so durchgreifende Verschiedenheit
des Grnndcharakterö entgegen, daß er sich unschwer
überzeugcn ließe, eineiu ganz anderen Künstler gegenüber-
zustehcn, als dem, der die „iiioderiieu Amvretten", die „sieben
Todsünden" uud die „Abundantiabilder" gemalt hat.

Es wäre im höchsten Grade interessant und lehr-
reich zu erfahren, welchen psychologischen Vorgängen in
dem Künstler dics Bild, wie es nun vor nns steht, seine
Entstehung verdaukt; ob sich ein normaler Abklärungs-
proceß in dcm einst allzu wild gährenven und wüthenden,
rasend überschäumenden Geiste des Künstlers vollzogeu
hat, und als Erstling seiner eintretendeu Reife dieses
Gemälde aus den schöpferischen Tiefen seiner Phan-
tasie hervortral; oder ob cr sich nur, selber angewidert
von Stoff und Manier seiner bisherigen Hervorbrin-
gungen, quasi zur Erholung, einmal auf etwas Anderes,
etwas Ernstes, etwas Anständiges geworfen hat, um doch
auch künstlerische Qualitäten, die er zu besitzen sich
bewußt war, von denen er aber, uni mit Geringerein zu glän-
zen, kaum «Nebrauch gemacht, ini strahlendsten Lichte zu
 
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