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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Meyer, Bruno: Zwei Trümpfe - zwei Triumphe
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0407

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803

Zwei Triimpfe — zwei Triumphe. — Korrespondenz.

804

und Klarheit durchgebildrt, wie wenn wir die vollcn-
detesten Arbeiten der Kleinkunst selber vor uns hätlen.

Mit dieser eminent stilvollcn und würdigen Be-
handlung verbindet sich nnn noch einc ungemeine Kraft
in der Vergegenwärtigung des Wunderbaren; und in
dieser Hinsicht ist in einem Hauptpunkte das wahrhaft
Unübertreffliche geleistet. Durch das ganze Mittelalter
ziehen sich die Versuche, in der Sage den mittel-
alterlich - christlichen Geist mir dem antik Heidnischen zu
vereinigen und zu versöhnen. Das Bewußtsein, der
antiken Kultur als des Untergruudes und des Haupt-
elementes jeder denkbaren und jedenfalls der faktisch
vorhandenen nicht entrathen zu können und daher lieber
eine Verständigung suchen zu müssen, als die Feindschaft
immer mehr zu steigern, führte von selber dazu. Es ist
bekannt, daß dieser Gedanke bis auf Goethe hin, durch
die Faustsage übertragen und wiederum angeregt, künst-
lerische Form gesucht hat, und wem fällt es nicht bei,
daß die „Vermählung des Faust und der Helena" das
willkommene Stichwort für die Charakterisirung der mo-
dernen, die Gestaltung christlicher Stoffe durch die An-
schauung des klassischen Alterthums läuternden Kunst ge-
worden ist. Vielleicht aber noch nirgends ist diese
mystische Vermählung schlagender zur künstlerischen Dar-
stellung gelangt, als hier, wo auf der einen Seite in
Tannhäuser sich das Mittelalter gewissermaßen verkörpert
darstellt, und ihm in der Venus mit ihrem luftigen Troß.
die Antike —> anschmiegend und hingebend — entgegentritt.

Sowohl durch die Kraft und Energie der Leiden-
schaft unter dem rein menschlichen Gesichtspunkte, wie
durch die so zu sagen kulturhistorische Bedeutung des
Stoffes und dessen gerade hierin außerordentlich gelun-
gene Darstellung ist Knille's Bild ein wahrer Triumph
der Kunst; und mit einem kräftigeren Trumpfe konnte er
kaum sich Geltung zu verschaffen hoffen; besser konnte
er namentlich in der Nationalgalerie kaum vertreten sein.

Bruno Mcycr.

Lorrespoildenz.

Berlin, 12. September.

Die Ausstellung im Vereinslokale der Ber-
liner Künstler hat wesentlich cine andere Physiognomie
als die Ausstellungcn der Kunsthändler. Währenv die
letztercn die übersandtcn Bilder ohne Wahl und Qual
aufstellen und aufhängen, wo sich ihnen ein Plätzchen
darbietet oder nicht, oft dreifach über eiuander geschichtet,
so daß von einem künstlerischen Genusse für den Be-
schaucr selten oder nie die Rede sein kann, ist man im
„Künstlerhause" — leider noch nicht wörtlich zu nehmen
— endlich bemüht, jedem Bilde ;u einer gewisien Zeit
nach einem bestimmten Turnus sein Recht widerfahren
zu lassen, d. h. ihm eine möglichst günstige Beleuchtung

zu gcwähren, soweit reines Obcrlicht dieselbe überhaupt
zu gewähren im Stande ist. Eine Art von Censur,
die dort vom Vorstande geübt wird, hält absolut Schlechtes
und im höheren Grade Mittelmäßiges fern, so daß we-
nigstcns nach unten hin ein gewisses Niveau geschaffen
ist, das nicht überschritten wird. Wenn trotzdem die
Spitzen verhältuißmäßig selten eine schätzbare Höhe er-
reichen, so mag dies zum Theil daran liegen, daß Künst-
ler einmal keine Geschäftsleute sind, zum Theil auch an
der Engherzigkeit gewisser Kapacitäten, denen der eigent-
liche Kunsthandel größere Garantien für schnellen Absatz
bietet.

Aus Mangel an Menschen wenden wir uns zu
einem „Pferdeportrait" von Steffeck. Auf die Gefahr
hin, daß auch die Reiterin Portrait ist, müssen wir ge-
stehen, daß sie den Genuß ihres herrlichen Thieres be-
dentend beeinträchtigt. Man hat in den Holbein'schen
Portraits einen „großen historischen Stil" erkennen
wollen, d. h. wenn ich recht verstanden habe, die Dar-
gestellten als vollgültige Repräsentanten ihres Zeitalters,
als die geistige und physische Potenz ihrer Periode be-
trachtet. Man kann dasselbe mit ungefähr gleichem
Rechte von den Stesieck'schen Pferden sagen, so sehr
halten Jndividualität und Typus einander die Wage.
Wenn wir gleich nach Steffeck Douzetle, den Mond-
scheinlandschafter pur sxosllsnes, nennen, so hat dies
seine Berechtigung. Auch er ist eine hervorragende Spe-
zialität, auch er ist durch virtuoses Portraitiren der
Natur zu seinem Ziele gelangt. Seine Wassermühlen
bei Mondscheinbeleuchtung sind trotz der ziemlich starken
Auflage noch immer nicht ohne Reiz, weun nur, wie zu
befürchten ist, die Nachfrage uicht plötzlich nachläßt.
Denn ultrs. posss nsmo obliAutur: Taglandschaften
sind ihm bis jetzt mißlungen.

Th. Hagen's Schweizerlandschaft — cine hohe
Gebirgskette mit aufsteigendem Gewitter, obligatcn
Schweizer-Hütten und sitzenden Touristen im Vorder-
grunde — ist glücklicherweise im Privatbesitz, was nicht
bloß ihrer großen Dimensionen wegen für den Künstlec
ein Glück ist. — Weitaus bedeutender ist eine „Ober-
bayerische Landschaft" von K. Dielitz. An einem frischen
grünen Abhang steht unter vollstem Sonnenlicht ein Hirt
mit einer Sennerin im Gespräch, beide zwar ein wenig
von der Natur oder vom Maler vernachlässigt, aber
doch lebensvoll und wahr. Aeußerst fein in der Ab-
stufung der Töne ist ein „Abend am Genfer See" voN
Neubert: herabwallende Nebel im letzten Kampfe niit
der uutergehenden Sonne. Durchweg anerkenncnswerlh
sind einige Landschaften von Engelhardt, aus denen
wir eine energisch und klar gemalte Partie „Aus deN
Oetzthaler Alpen" mit einheitlicher Beleuchtung hervor-
heben.

Eine „Jtalienische Landschaft" mit den abenteuer-
 
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