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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 9.1874

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Neue Erscheinungen des Farbendruckes
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Petersen, Friedr. Carl: Der Salon, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4816#0384

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763

Der Salon.

764

Schon im Jahrgang 1872 (Nr. 19) der Kunst-
chronik ward von uns die hohc Bedeutung dieses Unter-
nehmens, sowie die vollendete Schönheit der ersten
Blätter hervorgehobeu, von denen das eine das Jnnere
der Peterskirche, das andere die Camera della Segna-
tura im Vatikan darstellte. An diese schließen sich dies-
mal wieder zwei berühmte Werke der Renaissance, näm-
lich die Stanza d'Eliodoro des Vatikan und die
Sala del Collegio im Dogcnpalaste zu Vencdig.
Raffael's dramatisch bewegte Darstellung der Vertreibung
des Tempelschänders Hcliodor durch dcn Engel des Herrn,
welches Bild wir zur Rechten haben, gab dem kunstge-
schmückten Gemache den Namen. Dieser Darstellung
gegenüber seheu wir desselben Mcisters mächtige Reiter-
scene „Attila und Leo der Große vor den Thoren Roms"
und endlich über dcm einzigen Fenster iu der Wand des
Hintergrundes in dreifacher Darstellung und gleichfalls
dreifacher Beleuchtuug (EngelSglanz, Mondeslicht und
Laternenschein) die herrliche „Befreiuug Petri aus dem
Kerker" ein ganz wunderbares Bild, das, obwohl an
tiefschattiger Wand, noch in voller Lichtwirkung erscheint.
Nicht minder als die Klarheit ist die Treue hervorzu-
hebeu, mit welcher in so kleinem Format diese Darstcllung
wiedergegeben ist. Uebcr diesen drei nach oben rundabge-
schlossenen Bildflächen (die Wand mit dem Meßwunder
von Bolsena haben wir unsichtbar im Rücken) erhebt
sich mit ihren vier alttestamentlichen Bildern (Jakob's
Himmelsleiter, Moses vor dem feurigen Busch u. s. w.)
das einfache Kreuzgewölbe der Decke. An dieser sieht
man weder die verschwenderische Gestaltenfülle, die reich- I
gegliederte Eintheilung, noch die leuchtende Gold- und
Farbcnpracht der Decke in der Camera della Segnatura,
sondern die Bilder sind nur durch breite graue und
nüt Gold ornamentirte Bänder und Streifen von ein-
ander gesondert und, wie Burckhardt annimmt, nicht wie
in der Camera della Segnatura als ausgespannte Tep-
piche, sondern als Mosaiken gedacht. Ein in gleicher
Weise eingefaßtes Medaillon mit dem päpstlichen Wap-
pen krönt das Ganze, das durch das Zusammenwirken
von vorzugsweise Dunkelblau, Braun, Grau und
Gold einen höchst würdigen und ernsten Eindruck
gewährt, den Köhler's Blatt äußerst getreu wieder-
giebt, so auch den Spiegelglanz des Fußbodeus, welcher
ebenfalls einfacher gemustert erscheint als der der ersten
Stanze mit seinem prächtigen Alexandrinerwerk.

Endlich ist noch an dem Blatte die Anwendung
wirklichen Goldes zu bemerken, um dcn Golvschmuck
des Originals wicderzugeben, was bei der Camera della
Segnatura nicht der Fall, sondern durch goldige Far-
bentöne erreicht ist. Jedenfalls kann bei einer derartigen
Anwendung wirklichen Goldes nicht vorsichtig genug
verfahren werden.

Feine Ornamente und namentlich Linien wirken

so ganz vortrefflich, während bei größeren Flächen das
Gold oft gegen die dünne Aquarellfarbe zu schwer er-
schcint, ganz abgesehcn davon, daß die Goldwirküng
auch ja nur von einem bestimmten Gesichtswinkel aus
zur Geltung kommen kann.

Bei einem so fein organisirten Künstler, wie Köhler
ist, dürfen wir jedoch ruhig sein, daß auch in dieser
Hinsicht stets der rechte Weg eingeschlagen wird, wovon
schon das zweite Blatt ein hinreichendcs Zeug-
niß giebt.

Dieses stellt, wie schon erwähnt, einen Prachtsaal im
Dogenpalast von Venedig dar, dieSaladclCollegio,
und hier strahlt uns in Verbinduug mit dem Purpur der
Draperien und den farbenleuchtenden Gebilden eines
Paul Veronese und Tintoretto und auf's Höchste gesteigert
durch den herrlich dargestellten breiten Lichtstrom, der
links durch ein Fenster dringt, ein Goldglanz entgegen,
daß wir von freudigem Staunen ergriffen werden; und
doch ist Alles nur durch Farbe erreicht, kein wirkliches
Goldpünktchen auf dem ganzen Blatte.

Führte uns die Köhler'sche Publikation bis dahin
nur Schöpfungen dcr Renaissancezeit vor, so werdeu
wir nach einer Mittheilung der Verlagshandlung viel-
leicht schon in wenigen Monaten zwei neue Blätter zu
bewundern haben, die uns in eine ganz andere Welt
versetzen, das eine in die Frühzeit, das andere in die
Blüthcperiode des christlichen Mittelalters. Ersteres
wird das Baptisterium der Orthodoxen zu Ravenna
zur Anschauung bringen, letzteres die Capella palatina
mit ihrem Gold- und Mosaikenschmuck, das prächtigste
Monument der Hohenstaufenherrschaft zu Palermo.

Es sei noch bemerkt, daß die Herstellung der Blät-
ter in Farbendruck der bcwährteu Anstalt vou Winckel-
mann L Söhne in Berlin zu danken ist.

H.

Der Salon.

iii.

(Fortsctzung.)

Einen Auftritt aus dem Leben der h. Genovefa
wählte Emile Itasse zum Vorwurf. „Genovcfa
war etwa sieben Jahr alt, da kamen eines Tages
St. Germain, der Bischof von Auxerre, und St. Loup,
der Bischof von Auvergne, durch Nanterre, bemerkten
sie unter der Menge und ließen sie hervortreten, worauf
Genovefa zu ihren Eltern sagte, sie werde groß sein
vor Gott." Diesen Auftritt verherrlichte Utasse, mit
unendlicher Sauberkeit, wir wollen es nicht bestreiten.
Ungleich anziehender als dicse Leinwand ist gleichwohl
das etwas realistisch behandelte Gemälde Henri Le-
 
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