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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Valentin, Veit: Die Formsymbolik, [2]
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Verschiedenes und Inserat
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0018

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25

Korrespondenz.

26

Henügen, um wenigstens die Richtung anzudeuten, nach
^elcher hin unsere Anschauung sich cntwickelt.

Giebt man aber dem Verfasser seine Thesen zu,
deren Anerkennung oder Verwerfung uns als die wich-
^Aste Frage erschienen ist, so erkennen wir gerne an,
er sie geistvoll durchführt und in den verschiedenen
^Aen und Unterarten, in welchen er, der schematisiren-
Äleigung seiner philosophischcn Richtung entsprechend,
^e Formsymbolik sich äußern läßt, cine erfreuliche Ge-
dankenschärfe bewährt. Sein Schriftchen bildet daher ein
Utteressantes Studium und wird 'bei keinem denkfähigen
^ser verfehlen, lebhafte Gedankcn, sei es für, sei es
^vider, anzuregen. Wir freilich wünschen dem Verfasser,
^ möge seine Begabung unvoreingenommen von einem
sertigen System verwenden lernen. Dann wird seine Aus-
tuucksweise, die oft der schlichten Natürlichkeit entbehrt,
a»ch den Uneingeweihten verständlicher wcrden und da-
tmrch seinen Gedanken eine größere Ausbreitung ver-
schaffen, als sie in diesem Gewande finden werden.

Veit Valentin.

Korrrjvoildkly.

Magdeburg, im September 1874.

Wer jetzt nach längerer Abwesenheit die alte, ihm
Vvn früher bekannte Elbfestung besucht, der wird sich
lange Zeit umschauen müssen, bevor er sie in deni neuen
Gewande, das sie inzwischen angelegt hat, wiedererkennt.
Bekanntlich war der alte Festungsgürtel, der seit dem
Wiederaufbau nach der Zerstörung die Stadt umgab,
dem hervorragenden Handels- und Jndustrieplatz Nord-
beutschlands schon längst viel zu eng geworden, und der
Nothschrei nach einem neuen passenden Kleide statt des
Een, welches Wachsthum und Bewegung des städtischen
Lebens übermäßig hinderte, wurde von Jahr zu Jahr
dringender. Der völlig unzureichende, mühsam zwischen
dein Flusse und dem Fürstenwalle eingeklemmte Bahnhof
^var nur ein Uebelstand von vielen andern, aber er
hat sich Jedem, der auch nur einmal Magdeburg als
Reisender besucht hat, unauslöschlich eingeprägt und
ttfreute sich eines fast sprüchwörtlichen Ruhmes.

Dies ist nun endlich anders uni> besser geworden.
Nachdem man schon vor acht Jahren mit der Anlage
eines weiten Kreises von detachirten Forts begonnen
hatte, um den wichtigen Waffenplatz gegenüber den Ber-
besserungen des modernen Artillerie- und Belagerungs-
vresens brauchbar zu erhalten, ist dann auch vie alte
Enceinte im Süden und Westen der Stadt niedergelegt
und in einem weiten, nach Außen zu ausgedehnten
Bvgen neu aufgebaut worden. Das hierdurch ge-
^vonnene Bauterrain bot zunächst Raum für den neuen
^ahnhof, der alle sieben hier mündenden Bahnen in
^ch aufnimmt; dann bleibt ein weites Feld für einen
veuen Stadttheil, der allmählich aus bem Boden

wächst und der übervölkerten, dichtbewohnten inneru
Stadt Erleichterung zu verschaffen verspricht.

Die Festungswerke interessiren zunächst den Jn-
genieur und Strategen, und wir trauen es der preu-
ßischen Militärverwaltung gern zu, daß hier allen
Ansprüchen der modernen Fortifikation Genüge gethan
ist. Aber unwillkürlich irrt das Augc des sinnenden,
nur im ästhetischen Jnteresse dort wandelnden Beschauers
an den kolossalen Wällen entlang, bleibt an den Thoren
haften und sucht nach Elementen der künstlerischen
Schönheit. Die Frage drängt sich auf die Lippen: war
es denn nöthig Alles dieses gerade so unschön zu
bauen? Konnte man nicht mit denselben oder doch
nur mit wenig größeren Mitteln ein wirklich schönes,
auch künstlerisch werthvollcs Thor Hinstellen? An Gcld
war ja gerade in dicsem Jahre kein Mangel, und der
Architekt hätte sich wohl auch gefunden, wenn es auch
^ gerade kein Sanmicheli war! Aber wir befinden uns
nicht an der Etsch, sondern an der Elbe, mitten in
einer ebenso fruchtbaren wie flachen Ebene, aus der
unzählige qualmende Schornsteine emporragen; wir
leben nicht im 16., sondern im 19. Jahrhundert, wo
Fortifikation (und der Nutzbau überhaupt) einerseits
und die Architektur als Kunst andererseits zwei Kreise
geworden sind, deren Peripherien sich nicht mehr zu
berühren pflegen. -—- Durch diesen Gedanken vorbereitet,
betreten wir die Stadt selbst, vorsichtig, um auf dem
über jede Beschreibung schlechten Pflaster der neuen
Straßen nicht zu fallen; — wir wollen in gutem Ver-
trauen anf die Stadtverwaltung glauben, daß es nur
provisorisch ist.

Es geschieht nicht oft, daß eine Kommune so frei
übcr eine ganz neuentstandene und in kurzer Zeit
aufzubauende Stadt verfügen kann, wie es hier der
Fall ist. Ich lasse dabei völlig dahingestellt, ob über
den neugewonnenen Boden Stadt oder Staat oder Beide
das Verfügungsrecht haben, und auf wessen Konto das
Gute oder Schlechte, was dort geleistet werden wird, zu
setzen ist. Jn jedem Falle liegt hier die Möglichkeit vor,
einen ganzen Stadttheil als monumentale Ein-
heit aufzufassen und ihm stilistischen Charakter
zu verleihen. Die Frage: „Will man die neuen Straßen
und Plätze (?) nach vernünftigen Bauprinzipien ge-
schmackvoll (gleichviel nach welchem Geschmack, wenn
nur überhaupt nach irgend eines Menschen Geschmack)
und stilvoll hergestellt sehen, oder wird jeder beliebige
Bau- und Maurermeister nach seiner bizarrcn Laune,
jeder Grundstückbesitzer nach seinen Bedürfnissen schalten
und walten dürfcn", — mußte vorher aufgeworfen und
gelöst werden. Man wende mir nicht ein, daß ich hier
ulopistischen Jdeen das Wort rede. Wir haben z. B.
in Hannover ein Beispiel, wo der ganze neuentstan-
dene Anbau eine Stileinheit darbietet, die eben durch
 
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