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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Bergau, R.: Das Epitaph auf Wenzel Jamnitzer's Grabe zu Nürnberg
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Bergau, R.: Fr. Fischbach's Ornamentik der Gewebe
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0087

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Fr. Fischbach's Ornamentik der Gewebe.

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kunst nothwendiges Jnstrument in den Händen haltcnd.
Sie erinnern an die Allegorien an einem großen, zehn
Fuß hohen, wie es scheinl, jetzt verschollenen Tafelanf-
satz, vessen ausfiihrliche Beschreibung, nach einem alten
Manuscriptc, in Nr. 31 nnv 32 von M. M. Mayer's
„Nnrnberger Geschicht-, Knnst- und Alterthums-Frennd"
abgedruckt ist, und an Jamitzer's Arbeiten in ber Mathe-
matik:

Diese allegorische Figuren haben in Ersindung und
Zeichnnng sehr große Aehnlichkeit mit jenen, welche auf
dem ersten Titelblatte von W. Jamitzer's, im Jahre
1568 erschienenen sjetzt sehr seltenen) Werke: „ikvrspev-
tivn. oorporurn rsAnlnrium", jedoch in etwas anderer
Stcllung, mit anderen Attributen und anderer Bedentnng
sich finden.

Dieses Titelblatt hat man (d. h. A. Barisch, C-
Beckcr, Naglcr, R. Weigel, A. Andrescn, Wessely u. A.)
stets für eine Komposition Jamitzer's angesehen und
wegen der Anklänge der Einzelheiten des Epitaph's an
die eigenen Werke Jamitzer's hat man dasselbe dann
ebenfalls für ein Werk des großen Goldschmieds gehalten.
Beides sind jedoch Jrrthümer.

Die Titelblätter zur „ksrspsetivn vorporuin rs^u-
lnriuiu" sind nicht, wie die Zeichnungen der geometri-
schen Körper, — sie sind im Original zum Theil im
Kgl. Kupferstich - Kabinet zu Berlin noch erhalten —
welche der Meister selbst mit besonderer Liebe und Sorg-
falt, seines hoheu Alters wegen jedoch, wic er sclbst sagt,
„mit schwerer Hand" gefertigt hat, von ihm setbst,
sondern, vielleicht nach seiner allgemeinen Angabe, von
Jost Amman, jenem phautasievolleu, überaus frucht-
baren Künstler, welcher vom Jahre 1560 bis zu seinem
im Jahre 1591 erfolgten Tode in Nürnberg gelebt und
gearbeitet uud besonders anch viele Titel-Ornamente für
Bücher aller Art gefertigt hat, gezeichnet und, wie die
der übrigen Blätter, in Kupfer radirt. Jamitzer hielt
sich eben schon für zu alt, als daß er seine Zeichnungen
selbst radiren mochte, übertrug diese Arbeit daher dem
jungen, kurz vorher nach Nürnberg gekommenen Künst-
ler, dem er dann wegen seines ausgesprochenen Talentcs
für Kompositionen von Titel- Ornamenten auch alle
Titelblätter übertrug. Es ist bekannt, daß Amman auch
sonst noch nach Entwürfen des Jamitzer gearbeitel (siehe
A. Andresen, Deutscher Peintre-Graveur, Bd. I, Seite
126—29), auch wiederholt sein Portrail (siehe Andresen
a. a. O-, Seile 112, 172 u. 203) gefertigt hat. Zu-
dem steht auf den Titelblattern zu Jauutzer's Perspek-
tive das Monogramm I. (nicht aber 3.), wäh-
rend es auf deu andern, von Iamitzcr selbst entworfenen
Blättern fehlt.

Da nun aber das fragliche Epitaph ganz in der
Manier des Jost Amman komponirt und gezeichnet ist
uud wir auö dem Zusammen-Arbeiten von Jamitzer

und Amman schließen dürfen, daß sie mit einander be-
freundet waren, müssen wir wohl aiiuehmen, daß I^>t
Amman auch die Zeichnung zu dem Epitaph gefertigt
habe, welches dann nach dieser Zeichnung nwvelllu
und von einem der vielen trefflicbeu Rothgießer Niirw
bergs gegosseu worden ist. Hätte W. Jamitzer, was j>>
an sich nicht ungewöhnlich wäre, sein Epitaph selbst g^'
serligt, so hälte er wohl schwerlich daraus Aiweutungen
an seine Werke augebrachl. Seineiu bescheivenen S>n>n'
und seiner Frömmigkeit entsprichl ohnc Zweifel w>B
mehr das andere, runde Epitaph, welches auf demselben
Stein befestigt ist, und welches (vielleicht eine ArbeU
seines Freundes Balentin Maler) in slachem Relief vie
Auferstehung Christi darstellt. Daß aber einige Ze^
nach seinem Tode seine Freunde, zu größerer Ehre süe
den Meister, dieses zweite Epitaph mil den besprochenen
Andeutungen an seine Arbeiten machen ließen, erscheint
keiueswegs befremdeud.

!>i. Bergau.

Fr. Fjschbach's Ornamentik der Gewebe.

Seitdem Vr. Bock die Aufmerksamkeit der Archäo-
logen und Kunstfreunde zuerst wieder auf den hohen
Werth der mittelalterlichen gemusterten Seidenstosse ge-
lenkt und zur Nachbilduug derselben, zunächst für kirch-
liche Zwecke angeregt, hat das Studium dieser so lange
vcrnachlässigten Schätze immer größern Umfang gewon-
neu und ist, seitdem auch unscre Gewerbe-Museen sich
dafür interessiren, in stets steigendem Maße auch prak-
tisch für die Zwecke der Kunstindustrie unserer Tage
nutzbar gemacht worden. Die großen Fabriken von
Casaretto in Crefeld, Giaui und Ph. Haas in Wien
u. A. haben die echten alten Muster oder solche, welche
im alten Geiste neu komponirt sind, vortrefflich in Seide
und Sammet, mit Gold rc. burchwirkt, zuerst für litur-
gische Gewänder, dann für Prachtgewänder profanen
Zweckes, für Tapeten und zuletzt für Möbelstoffe und
Borhänge ausgeführt. Jn der allerneuesten Zeit werden,
z. B. von Flammersheim in Köln, Hochstätter in Darm-
stadl u. A. die alren Stoffmuster vielsach auch für Pa-
pier-Tapeten verwendel, und zwar zum Theil in direkter
Nachbildung, zum Theil indem man die alten Motive
für neuc Kompositionen ähnlicher Art benutzt.

Friedrich Fischbach in Hanau, der bekannte gc-
schmackvolle Ornamentist, welcher wie wenige Andere auf das
Kunstgewerbe unserer Tage, so weit es mit dem Flächen-
Ornament zu thun hat, von Einsluß gewesen ist, er-
kannte von Anfaug an die hohe Wichtigkeit der alten
gewebten Stoffe ats Vorbilder für das Studium der
Ornamente überhaupt und als Fundgrube für Motive
zu neuen Kompositionen. Schon während der Zeit seines
Studiums in Berlin in den Jahren 1859 bis 1862 —
 
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