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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Groller, Balduin: Aus Wiener Ateliers
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Die k. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft zu Dresden
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Die k. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft zu Dresden.

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ist sowohl dnrch dic vornehmere koloristische Wirkung
im Allgemeincn, als anch durch gewissenhaftere Durch-
bildung der Charaktere im Detail überboten. Müller's
Karawaue ist bunt zusammengewürfelt aus Kopten,
Arabern uud Negern; jeder cinzelne Kopf ein Meister-
stück au Charakteristik. Aus manchem Gesichte lächelt
auch der Schalk heraus, der von frühcr her noch iu
Müller's Geist seine liebenswürdigeu Allotria treibt.
Ein Theil der Gcsellschaft lagert, thcils sitzcnd, theils
liegend, im Kreise und ist mit einem Spiele beschäftigt,
bei welchem Steinchen in die iu den Wüstensand ge-
scharrten Löcher geworfen werden. Auf der anderen Seite
machen Einige Toilette; ein Jüngling läßt sich den Kopf
rasiren. Ein schlankes, hochaufgeschossenes, braunes
Mädchen in schwarzer Gewandung bringt Wasser, eine
kleinere schwarzbraune Dirne Brod herbei für die ver-
ehrliche Gesellschäft, die sich insgesammt in harmlosester,
behäbigster Stimmung zu befinden scheint. Ein tief-
blauer, wolkenlvser Himmel wölbt sich über der sorglosen,
gemüthlichen Compagnie; im Hintergrunde ragen die
Pyramiden von Ghizeh in stummer Größe in die Lüfte.
— Ein zweites Bild „Abend vor Kairo", harrt eben-
falls der letztcn Feile, doch soll Liese erst nach Voll-
endung eincr neuerlichen Reise nach Aegypten angelegt
werden. Die Karawane ist in der Dämmerung vor

Kairo angelangt, und gerade die Darstellung des eigen-
thümlichen Doppellichtes einer ägyptischen Dämmerung
bildet das interessante Problem, das zu lösen sich der
Künstler vorgenommen hat. Die eigentliche Däm-

mernng hat.dort eine sehr knrze Dauer, sie währt i
höchstens zehn Minuten, dann tritt sofort die Nacht ein
im grellen Gegensatz zu dem Tage, der noch vor wenigen
Minnten gehcrrscht hat, und nach raschem, fast unver-
mittelten Uebergangc. Auf Müller's Bild steht der

Mond schon hoch am Himmel und doch wirkt noch das
Sonnenlicht mit intensiver Kraft, in der nächsten Mi-
nute wird ihr Licht nicht mehr das des Mondes beein-
trächtigen können. Aufdem dunklen Firmamente schwimmen
blutig rothe Wolken, die Dämmerung webt ihre geheim-
nißvollen Schleier, Ler Dunst des Abends hebt sich,

und alle stillen Geister der Nacht sind bereit, sogleich j
hervorzuschleichen, wenn die Sonne ihr glänzendes Antlitz !
verborgen haben wird. Die Lichtwirkung des Bildes
ist eine magische; es ist ein großartiger Zug aus der j
Psychologie der Natur in ihm festgehalten.

Wir können Makart's Atelier nicht verlassen,
ohne auch auf seine Arbeiten einen Blick geworfen zu
haben. Da thront ein grandioses Gemälde „Ariadne
auf Naxos", ein bacchanlischer Triumphzng, so von
Lust und jauchzendem Jnbel erfüllt, von solcher Farben-
freudigkeit, daß es den ganzen Sinn des Beschauers
gefangen nimmt und ihm selbst ein gut Theil seiner ^
Freudigkeit mittheilt. Jch habe in diesem Raume

nur die Unmittelbarkeit, das Hinreißende der Wirkung
des Bildes empfnnden, und diese Wirkung würdc sichcrlich
nichts von ihrer Intensivität verlieren, wenn das Bllt>
immer in ähnlicher Umgebnng bleiben könnte, ww
ihm hier so sehr zu Statten kommt. Es ist ein Saal-
bild, das bei ciner nüchternen, frostigen Umgebung uicist
zur Geltung gelangen kann; wer es erstehen wollll',
müßte in der Lage scin, ihm einen prächtigen Saal »u
widmen, oder sich einen Saal dazu zu bauen und dew-
riren zu können. — Ein anderes erst untermaltes B>lv
zeigt uns Kleopatra in ihrer Sterbestunde; eiue ih^
zwei Dienerinnen ist ihr vorangegangen in den
und licgt bereits entscelt zn ihren Füßen, die anvere P
noch um die sterbende Herrin beschäftigt, um ihr daun
selbst zn folgen. Die Färbnng des Bildes scheint, veiu
geschilderten düsteren Vorgange entsprechend, eine ernstc,
düstere werden zu wollen- Noch ein weiteres Bild öe-
faßt sich mit Kleopatra; es zeigt nns die Königiu, u-'ic
sie dem Antonius auf dem Nil entgegenfährt. Das
Bild ist als Mittelstück eines Frieses gedacht, abcr'
bisher nicht ergänzt worden. Es könnte auch „Eriu-
nernng an bcssere Zeiten" heißen, denn in guter Zcll
ward der Fries bestellt, und dann abbestellt, als d>c
bösen Zeiten kamen.

Bulduin Grollcr-

Die k. Sammlnngell für Kunü und WijseN'
schaft M Dresden.

o. Die Generaldirektion der königlichen Samw-
lnngen für Kunst und Wissenschaft hat Lie löblichc
Gepflogenheit, über die wichtigeren Borkommnisse be>
der Verwaltung der genannten Sammlungen, nament-
lich über die Vermehrung des Bestandes und die
Einrichtungen im Jnterefse der öffentlichen Benutzung,
Berichte zu veröffentlichen, welche der zweijährigen
Finanzperiode des Staatshaushaltes entsprechen. Bereits
liegt ein zweiter derartiger Bericht vor über die Ver-
waltungsjahre 1872 und 1873. Dcrselbe zeugt von
der regeu nnd einsichtsvollen Fürsorge der General-
direklion in der Berwaltung der Sammlungen.

Der Bericht gcdenkt zunächst in warmer Anerken-
nung der Wirksamkeit des früheren Referenten der
Generaldirektion, des im vorigen Jahre verstorbencn
Hofraths Vr. v. Zahn, zu dessen Nachfolger Prof. Hof-
rath vr. W. Roßmann ernannt worden, und wendet
sich dann dcn Maßregelu für die Erweiterung des
öffentlichen Besuchs der Sammlungen zu, welche >n
der oben genannten Verwaltungsperiode eine wesentlichc
Ausdchnnng erfuhren. Die Wirkung der neuen Ein-
richtungen war eine ganz beträchtliche Steigerung des
Besuchs. Die Gemäldegalerie wird jetzt jährlich, nur
 
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