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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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277

Korrespondenz.

278

, ?»»3 vereinigt. Wenn nur der Simson nicht ein so
^lichtt, ungeschlachtcr Riese wäre! Der farnesische
?^kiiles ist ja auch kein Adonis und soll auch keiner
aber in seinen Zügen liegt wenigstens eine gewisse
^k)eit, während der Gcsichtsausdruck des Bloch'schen
>»>son nichts als gcmeine Sinnlichkeit zeigt. Man
°klte vnn Rcchtswegcn für den jüdischen Helden Mit-
'k' eiiipsinden, aber man freut sich ini Gegentheil, daß

llngeheuer von den Philistern — und von welchen
Wlistcrn! — unschädlich gemacht wird.

Herr Sachse eröffnete sein geschmackvoll ausge-
»»Üetes, voni Architekten Backhaus crbautcs Kunsthaus
^ ^er Mittc des Oktober. Ein geräunügcr Obcrlicht-
^aal ini ersten Stockwcrk umfaßt die Gcmäldeausstellung.
^»8 nian auch über den absoluten Werth des Ober-

berechtigte Zweifel hegen, für wechselnde Aus-

k'chts

^kkungen dieser Art, für Räume von der Größc des
achse'schen scheint mir das Oberlicht das einzig ver-
kt'eiidbare. Hoch einfallendes Seitcnlicht, im Prinzip
^kviß das allein richtige, kann nur bei Kompartimenten
^°» geringcr Tiefc zur Geltung kommcn. Als Deko-
^ktivn des Saales hat Herr Sachse den Kaulbach'schen
ok>es gewählt, der sich um die großen Wandgemälde
uenen Muscum zieht und die Hauptmomente der

»n

^Uktnrgeschichte in salirisch-humoristischer Weisc glossirt.

Fxjes wurde in Wachsfarbcn auf Geldgrund von
^eiinarer Künstlcrn unter der Leitnng B. Woltze's
»»sgeführt.

Jn der Gemäldeausstellung erregte besonders eine
^zahl höchst origincller Aqnarellbilder von Hubert
^»konimer (London) allgemeines Aufsehen. Eines
> Äte die Berhaftung eines Wilddiebes in einem baye-
kuschen Dorfe dar. Der Unglückliche erscheint, völlig
Zebrochxn, von Weib und Kindern umringt, in der Thür
>e>uer zerfallenen Hütte, an der er sich krampfhaft mit
Händen festhält. Vor ihm steht cin Förster und
Gensdarm, der den Steckbrief prüfend mit den Ber-
^chtigen vergleicht. Dann sieht man noch einen Theil
Dorfstraße mit neugierigen Gevattern und Basen
k»>d erschrecktcn Knabcn und Mädchen. Das Bild reicht
'» dcr Farbe z. B. an die Passinischen Aquarelle nicht
^>'aii. Der Maler scheint mit Absicht eine kalte Farb-
k"s>gkeit gcsucht zu haben, um die trübe Stimmung der
buuzen Situation noch zu verstärken. Die ergreifende
^»Walt dicses Bildes lag in der erstaunlichcn Wahrheit
k>»d in der Schärfe der Charakteristik, welche nirgends
^»» Uebertreibung neigte. Man wurde stellenweise geradezu
»» die „chargirte" Charakteristik Menzel's erinnert. An-
äwhender iu der Farbe waren zwei kleine Bildchen: ein
»ltes Ehepaar beim Mittagsessen, und eiue junge Dame
>» luftiger Soimnertoilette, welche vor eincm Landhause
>»it einer älteren Frau plaudert. Eines der reizendsten
»»d pikantesten Figürchen, welchc je ein Maler gemalt

hat! Dagegen war ein größeres Bild, welches eine Art
Hexcntanz darstellte, unter dcm Titel „u k'uir^ Over-
turs" in Farbe, Komposition und Sujet miudestens
abschreckend. — Als ein Bild von größerer Bedeutung
waren „die Bacchantinnen" von dem Wiener Eugen
Felix zu registriren. Als der Schauplatz dcs Vorgangs
konnte man sich einen Hain des rebenbekränzten Naxos
oder eine andere durch bacchischen Kultus berühmte
Stätte denkcn. Die Mitte des Bildes nahm das bron-
zene Bild eines Pan auf einem steinernen Pfeiler ein.
Der Abend hat sich auf das Gefilde gesenkt: durch eine
Lichtung des Hains blickt man auf blaue Berge im
Dämmerlichtc. Da sind zwei Bacchantinnen herbeigeeilt,
um dem Gotte ihr Opfer darzubringen. Die eine der
Schwestern umfaßt sein Bild mit der linken Hand,
während sie mit der rechten einen weingefüllten Pokal
zur Spende erhebt.- Eine reichliche Fülle röthlichen
Haares fällt auf ihren Nacken herab; jedes Gewandes
ledig steht sie da, in keuscher Grazie unbewußt ihre
Reize enthüllcnd. Wir haben keine naturalistische Ab-
schrift eines beliebigen Modells vor uns, noch eine
schemenhafte, abstrakte Körperformel ohne Fleisch und
Blut, sondern ein mit den idealsten Reizen ausgestattetes
Weib, dessen einzelne Züge der Natur entlehnt, aber
schwcrlich irgcndwo vereinigt anzutreffen sind. Einc
zweite Bacchantin liegt im Vordergrunde auf eineni
Pantherfelle ausgestreckt. Sie stützt sich auf den rechten
Arm und bietet mit der erhobenen Linken Trauben dem
Gotte dar. Rosen, Azaleen und andere Kinder der
Flur sind in Fülle auf dem Boden verstreut. Eugen
Felix hat, wie bekannt, den Franzosen ihre delikate
Formengebung und ihre Farbenkünste abgelauscht, und
diese seine Vorzüge machten sich in glänzender Weise
auf diesem Bilde geltend, dem ersten, das man von ihm
in Berliu gesehen. Hoffen wir, daß unsere Berliner
Künstler, die im Allgemeinen nicht konservativ sind,
manches von ihm gelernt haben! Jedenfalls wünschen
nicht wenige von ihnen das eminente technische Können
des Warschauer JozefBrandt (München) zn besitzcn,
von dem, gleichfalls zum ersten Male, ein größeres Bild
in der Kunsthandlung von Honrath und van Baerle
ausgestcllt ist.

Der Gegenstand ist, wie gewöhnlich bei Brandt,
seltsam und bizarr. Eiu langer Zug ukrainischer Ko-
saken in phantastisch aufgeputzten Kostümen reitet unter
Führung des Hetmans am frühen Morgen durch die
grasreichen Gesilde ihrer Heimath. An ihrer Spitze
zieht eine Musikbande mit Guitarren, Tamtams und ähn-
lichen Jnstrumenten einher. Auch Brandt hat seine
virtuose Technik von den Franzoscn gelernt und findet
um ihretwillen bei uns, wo man das Aeußerliche meist
über Gebühr schätzt, große Bewunderung. Jch darf
bei diesem Bilde konstatiren, daß es von Zeichnungs-
 
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