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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Die kaiserliche Kupferstichsammlung und die Hofbibliothek in Wien
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Verschiedenes und Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0185

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359

Nekrolog. — Kuiistuuterricht uiid Kiinstpflege.

369

diugt an als „Bücher" und wegen ihres literarischen
oder historischen Gchaltes, — aber als Erzeugnisse der
bilvenden Kunst kann ihrer eine auf irgend wclche Voll-
ständigkcit Anspruch machende Kiipferstichsammlung eben-
sowcnig entrathen. Jch sehe keinen Ausweg aus diesem
Dilemma. Alle diese Dinge noch einmal durch Kauf
anzuschaffen, daran wird wohl Niemand im Ernst denken,
der die Verhältnisse kcnnt. Nicht nur daß ein solches
Untcrnehmcn unabschbare Suinmcn kosten möchte, ist cs
heute wahrscheinlich überhaupt undurchführbar, denn der
Kunsthandel ist nicht im Stande, auch nur einen bedeu-
tenderen Theil der betreffenden Objekte herbeizuschaffen.

Die Gebietsabgrenzung würde aber ohne Zweifel
so geschehen müsscn, daß lediglich die Einzelblätter in
dcn Bänden und Mappen der Kupferstichsammlung ver-
bleibcn, diese also nicht mehr wie bisher das ganze
Gcbiet der graphischen Künste würde umfassen können.

Dies ist jedoch nicht der einzige Nachtheil, den die
Uebertragung in's neue Museum mit sich bringt.

Bckanntlich bedarf jede Kupfcrstichsammlung schon
einer recht stattlichen Handbibliothek, um in ausreichendem
Maße benützbar zu sein, aber eine, mit einer großen
uuiverseUcn Bibliothek verbundene derartige Kollcktion
bietet den unschätzbaren Vorzug, fortwährend auf das
Gesammtgebiet der Literatur reknrriren zu können. Wie
nothwendig dies gerade bei kunstgeschichtlichen Studien
ist, weiß jeder, der sie treibt, und es ist hierfiir recht
bezeichnend, daß Adam Bartsch, der berühmte Ber-
fasser des „Ueintrs Aruvvur", ausdrücklich sagt, daß
ihm die Durchführung seiner großen Arbeit nur da-
dnrch möglich geworden, daß ihm cine Bibliothek von
deni Umfange der kaiserlichen zur freien Disposition
gestandcn; denn die kunstgeschichtliche Literatur aller
Zweige war ihm ebenso nöthig wie die historische oder
theologische, und für vielerlei Aufschlüsse mußte er oft
zu Büchern ans den scheinbar entlegensten Wissenschafts-
gebieten greifen.

Jn allen diesen Beziehungen ist gerade die Kupfer-
stichsammlung der Wiener Hofbibliothek heute eine der
bestversehenen Anstaltcn, — vielleicht dw bestversehene
ihrer Art. Jhre beiden größten Schwesterinstitute, die
Kupferstichkabinete von Paris und London, hat man
ebenfalls, in richtiger Würdigung des wirklichen Be-
dürfnisses, in Verbindung mit den Bibliotheken gesetzt
und belasscn. So wurde das Pariser Kabinet nicht
etwa den Kunstsammlungen des Louvre angereiht, son-
dern der Uibliotiisgns imtionuls, wofür Leon de Laborde
in einem Artikel der Lsvuo äsg äoux Nonäos (1872)
mit den gewichtigsten Gründen eingetreten ist, und auch
in London ist das Kupferstichkabinet im britischen Mu-
seum untergebracht, also wiederum in direkter Beziehung
zur Bibliothek.

An die in die neuen Museen zu übertragende Bel-

vcdcregalerie bildet die Kupferstichsaiiimlung keincrlc>
organischen Anschluß, zumal da dasjenige, was etwa noch
als Berbindungsglied gelten könnte, eine Handzcich'
nungensammlung, im kaiserlichen Besitze ja nicht vor-
handen ist.

Der Versasser diescs Aufsatzes hat in den nicistcv
der großen öffentlichen Sammlungen gearbeitet ui>d
weiß aus eigener Erfahrung die oben aufgezähltcn Vvr-
züge gerade dcr Wiener Hofbibliothek zu würdigen.
ist wahr: ihre dermaligen Räumlichkeitcn lassen vicst
sehr vicl zn wünschen übrig, — aber auch das ka»u
ja leicht vom Grunde aus verbessert werden, wenn ciw
mal dic naturwissenschaftlichen Sammlungcn aus der
Nachbarschafl entfernl sinv, und so Platz für ein Kupstr'
stichkabinet gemacht wird.

Das künstlerische Schaffen in seiner Gcsaminthc^
in dcn neuen Musccn varzustellen wird schon wcgeu
des Fehlens der Miniaturen und Handzeichnungen uic
niöglich sein; und so kann es sicherlich nicht geratheU
erscheinen, eine durchaus organische und durch die gc'
wichtigsten praktischen Gründe sich bewährende Jnst^
tution, wie die der Verbindung der Bibliothek mit der
Kupferstichsammlung es ist, etwa um eines bloßen Theo-
rems willen zu löscn: eine Trcnnung, dic am Endc Nic-
mandem zum Nutzen gereichen, der Sache selbst aber eineU
unersetzlichen Schaden zufügen würde. vn.

Nckrolog.

» Jean-Franvois Millet, der bekaunte französische Land-
schaftsmalcr, eines der Mitglieder der Kiinsilerkvlonie von
Barbizou, starb daselbst am 19. Januar, gegen 60 Jahre alt.
Er war einer der energischsten Vertreter der modernen rea-
listischen Landschast, aus dem Bauernstande hervorgegangeu
und dcr schlichteu, objektiven Auffassung des Naturlebens, w>c
sie dem Laiidmann eigen ist, auch in seiner Kunst zugetham
Lange Zeit hindurch kämpfte er mit den WiderwLrtigkeite»
der Zeil und den ihm feindlichen Strömungen des Geschmackö-
Erst die letzten zehn Jahre brachten ihm die volle Anerkennung-
Nnter scinen zahlreichen Werken nennen wir den Säemann,
die Heubindcr (1851), die Aehrenleserinne» (1857). die Woü-
kämmerin (1863) und das merkwürdige, an die Todtentanz'
bilder gemahnende, von der Ausstelliing vou 1859 zurückg^
wiesene Gemälde: „Der Tod und der Holzhacker."

kulistiuitrrricht nud knnstpsirgr.

Preußisches Kunst-Budget. Die Budget-Kommission be-
rieth kürzlich das Kapitel 126: „Kunst und Wissenschaftck'
Hauptgegenstand der Diskussion war das neu entworsene Statut
für die Äkademie der Künste und die damit verbundene nelie
Organisation. Der Referent beantragte einige Abänderungen,
die sich hauptsächlich um den Wunsch drehten, die gewählteN
Mitglieder im Senat zu verstärken und den Unterricht in der
Künstlerschule und den Meisterateliers auch Schülerinnen zu°°
gänglich zu machen. Bei den Kunstmuseen kam das Cn^
lassungsgesuch des General-Direktors Grafen Usedom znc
Sprache. Die Verhandlungen über die Abänderung der be-
stehenden Verhältnisse beider Museen, welche besonders i»ö
Auge faßten, die einzelnen Abtheiluugen der Museen, Ge^
mätdesammlung, Kupserstichsammlung, ägyptisches MuseuiN
u- s. w., selbständiger zu stellen, konnten noch zu keinem Re--
sultat geführt werden, znmal da durch die Demission des Gs-
neral-Dircktors die Angelegenheit schon an sich verzögert wird-
 
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