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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Allmers, Hermann: Rottmann's Arkadenfresken in Farbendruck
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Bergau, R.: Ornament-Stiche
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0203

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Ornament-Stiche.

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kommt und dem Heimgekehrten endlich rufen sic die
schönsten Anblicke in die Seele zurück, sie mit seligen
Erinncrungen erfiillcnd.

Hcrmann Allmcrs.

Orilament-Stiche.

Jm sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert hat eine
Anzahl geschickter Kupferstecher die künstlerischen Entwürfe,
welche sie selbst oder andere bedeutende Künstler für künst-
gewerbliche Gegenstände verschiedenster Gattung, für
goldene und silberne Gefäße, Schmuckgegenstände, Spitzen,
Möbel, Waffen, Ornamente aller Art rc. rc. gefertigt,
in Kupferstich vervielfältigt. Es geschah wohl, ganz
wie in unsern Tagen, aus zwiefacher Ursache: theils
um einem größern Kreise von Kuustfreunden zu zeigen,
was der Einzelne vermochte, theils und ganz besonders,
um den Ateliers und Werkstätten Vorbilder für aus-
zuführende Arbeiten zu liefern. Die Spuren des Ein-
flusses solcher in Küpferstich ansgeführtcr Musterblätter
oder Musterbücher können wir noch heut vielfach nach-
weisen. Die Folge dieser Benutzung in den Werkstätten
war, daß sehr viele dieser Kupferstiche, die zum Theil nur
fliegende Blätter waren, deren Auflage wegen des damals
noch bcschränkten Verkehrs und also auch nur geringen
AUatzes meist auch nicht groß gewesen sein mag, schon
früh durch den Gebrauch zu Grunde gegangen sind.
Später, als die Mode sich geändert hatte, wurden sie
wenig geachtet, oft in den Winkel geworfen, und gingen
auch dabei vielfach zu Grunde. Die Sammler achleten
sie nicht, weil die dargestellten Gegenstände sie nicht in-
teressirten und weil die Verfertiger dieser Blätter meist
nicht zu den Meistern ersten Ranges gehörten, die man
doch vorzugsweise sammelte. Daher kommt es, daß
diese Blätter, Arbeiten eines Altdorfer, Aldegrever,
Beham, Virgil Solis, W. Jamitzer, Georg Wechter,
Paul Flynt, Bernh. Zan, Sibmacher u. s. w., heute
sehr selten sind.

Den wirklichen Werth der bezeichneten Kupferstiche
nüt Darstellungen von Ornamenten und Gegenständen
des Kunstgewerbes erkannten in neuerer Zeit zuerst die
Franzosen, welche sie bei ihrer Pflege des modernen
Knnstgewerbes wieder benutzten, aus ihnen Anregung
und Motive für Gegenstände unserer modernen Bedürf-
nisse sich holten. Französische Antiquare kauften daher
in Deutschland um geringes Geld Alles, was der Art
zu finden war, auf und brachten es nach Frankreich;
Anderes ging nach England. Eine große Sammlung
von ältern Ornamentstichen legte z. B. O- Reynard
an und stcllte aus derselben sein aus 220 Blätteru iu
Folio bestehendes großes, für viele Zwecke sehr nützliches
und verdienstvolles Werk „Ornomont« äos unLionZ
nruüros cku XV uu XVIII möcls" zufammen. Scine

Sammlung der Original-Stiche, über welche ein ge-
druckter Auktions-Katalog vorlicgt, wurde im Februal
1846 zu Paris verkauft.

Als dann im letzten Jahrzehnt auch in Deutsch'
land das Jnteresse für Hcbung des Künstgewerbcs er-
wachte und sich schnell in weite Kreise verbreitete und
man sich nach mustergiltigen Vorbildern für neue Ar-
beiten mnschaute, wurde man auch bald auf die Kupfer"
stiche, besonders die Ornamentstiche jener dcutschcn Mcister'
des sechzehnten Jahrhunderts aufmerksam und begauu
sie zu suchen. Die erste öffentliche Sammlung der
Art, welche mit besondcrer Rücksicht auf bie Bcdürfnisst
ber modernen Kunst-Jndustrie angelegt wurde, ist d>e
Ornamentstich-Sammlung des k. k. Museums für Kunst
und Jndustrie zu Wien, über welche wir den vortrefst
lichen Katalog von F. Schestag besitzen.

Einmal auf dcn Werth dieser bis dahin gar nichl
beachteten Stiche aufmerksam geniacht, suchten die Ku-
stoden der großen Muscen ihrcn Vorrath davon, der
vorher meist in dcn Dcpots lag, hervor und ordncten
ihn. Bald fingen auch bie Privatsammler an nach deiN
Besitz solcher Blätter zu strebcn. Da sic im Handel
aber sehr sclten vorkomincn, sticg der Preis dcrsclbcn,
ganz ohne Rücksicht auf den künstlcrischen oder histe-
rischen Werth der Blätter, schr schnell zu einer gaNz
unsinnigen Höhe, wie z. B. die Preislisten bcr Auktioncn
Santarelli (Leipzig, November 1871) und Edmund Pe-
sonyi (München, Oktober 1872) beweisen, so daß der
Erwerb derselben nun nicht mehr den öffentlichen An-
stalten, sondern nur noch den reichsten Privat-Saiunn
lern möglich wird. Wegen der großen Kostbarkeit wcrden
solche Blätter von Len Besitzern natürlich mit Argus-
augen bewacht. Das Studium dcrselben für wissen^
schaftliche nnd künstlerische Zwecke ist dadurch überaus
erschwert und ihre Benutzung in den Ateliers gaNZ
unmöglich.

Da aber das Verlangen nach diesen Blättern n>ll
jedem Jahre niehr und mehr wächst und für die meisteN
Fälle gute, wenn möglich auf mechanischem Wege her-
gestellte Kopien fast genau denselben Zweck erfüllen,
wie die seltenen unb kostbaren Originale, wäre es sclst
erwünscht, wenn ein Verleger sich entschließen wollte,
in einem großen Werke gute Nachbildungen mög^
lichst aller deutschen Ornamentstiche des sech^
zehnten Jahrhunderts nach gut erhaltenen AbdrückeN,
vielleicht in verschiedenen, einzeln käuflichen SericN,
vervielfältigen zu lassen unb um mäßigen Preis abzu-
geben. Daß dieses Unternehmen rentabel sein würde,
beweist der schnelle Absatz der aus gleicher Veranlassung
entstandenen nenen Ausgaben von Sibmacher's Spitzen-
niuster-Buch und des Möbelwerkes von Vredeman de
Vries. Das oben genannte französische Werk von Reynai'd
erfüllt den gewünschten Zweck nur zuni Theil, weil es die
 
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