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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Zur Öffnung des Medicäergrabes in Florenz
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Müller, Sigurd: Zur dänischen Kunstgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0223

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435

Zur dLnischen Kunstgeschichte,

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Art, daß die Füße des Einen zu Häupten des Andern
sich befanden. Der unter der Figur der Abenddärnmerung
liegende war baarhäuptig und mit einem dunkeln Rock
(tonuosllu) bekleidet; der andere, unter der Morgen-
dämmerung ruhende, trug ein langes helles Gewand
und eine Kopfbedeckung von karmoisinrothem Sammet.
Die Untersuchung der Schädel ergab, daß der mit dem
dnnkeln Gewand bekleidete einem jungen Manne, der
andere einem noch jüngeren angehörte. Es folgt daraus,
daß der erstere Leichnam der des Lorenzo ist, der andere
der seines Sohnes Alessandro. Jener ist brachycephal,
von sehr entwickelter Schädelbildung, die linke Seite
des Schädels etwas niedriger als die rechte, der Unter-
kiefer weit vorstehend, das Kinn viereckig, die Zähne
sehr schön und vortrefflich erhalten. Der Schädel des
Hcrzogs Alessandro gehört zu den dolichocephalen; er
ist kleiner als der anderc und regelmäßiger; die Nase
muß aufwärts gebogen gewesen sein; die Backcnknochen
springen ctwas vor. Beide Schädel enthielten noch das
zu Staub gewordene Gehirn, vermischt mit harzigen
Bestandtheilen von der Balsamirung, welche in die Nasen-
höhle eingedrungen waren. Bei der Messung der Schädel
ergab sich, daß der Kopf des Herzogs Alessandro 700
Gramm ungestoßenen Pfeffers faßte, der des Herzogs
Lorenzo 740.

Bei der ersten Berührung zerfielen beide Körper
in Staub. Die Stoffe flogen auseinander beim bloßen
Anhauchen, mit Ausnahme des Leinens, welches immer
eine gewisse Konsistenz bewahrt- Und von Leinen war
das feine, lange, schön gestickte Hemd des Hcrzogs Ales-
sandro, am Halse mit einem schmalen, gestickten Kragen
besetzt.

Nachdem die Untersuchung der Leichname beendet
und durch den Sekretär der Galeriedirektion, Herrn
Baldazzi, ein notariellcr Akt darüber aufgenommen war,
wurde der Deckel des Sarkophags wieder geschlossen und
die Statuen in dauerhafterer Weise, als es ursprünglich
geschehen, darauf befestigt."

Zur dünischen Lunstgeschichte.

Erst neulich bin ich darauf aufmerksam geworden,
daß sich in der letzten (dritten) Ausgabe von Kugler's
Geschichte der Malerei einige Bemerkungeu über
dänische Kunst finden, nnd daß in denselben eine be-
deutende Anzahl Fehler sind. Jn der Ueberzeugung, daß
es die Pflicht jedes Lesers ist, wenn er in einem so
bedeutenden Werke, wie das Kugler'sche, Jrrthümer ent-
deckt, namentlich mit Rücksicht auf spätere Auflagen,
darauf aufmerksam zu machen, erlaube ich mir die nach-
folgenden Zeilen in dieser Zeitschrift zu veröffentlichen-
„Die Kunst der skandinavischen Länder" — so heißt
es in der von Hugo Freiherrn von Blomberg besorgten

dritten Ausgabe — „steht natürlich im Allgemeineil
mit der deutschen in mannigfachem Zusammenhang-
Wenig fruchtbar auf dem historischen Gebiet (Carl Bloch
in Rom) besitzt sie einige tüchtige Vertreter des Genre-
faches (W. Marstrand, Dalsgard, R. Simonsen), na-
mentlich aber der Landschaft (Bösen, Ellersen, Lunde,
Skoogaard, Schovelin, Libert, Kiärschan, neuerdings
Stump und C. Naumann) und der Marine (W. Melby
in Hamburg, C. F. Sörensen, Larson u. a.) — — ^
Am bekanntesten durch figürliche Darstellungen aber ist
in Deutschland sicher Elisabeth Jerichau-Baumann a»s
Kopenhagen."

Künstler mit den Namen Dalsgard, Bösen, Ellersen,
R. Simonsen, Skoogaard, Kiärschan, Stump, NaumanN
und Larson haben in Dänemark nie existirt. Mit Dals-
gard, Bösen und Larson sind wahrscheinlich Dalsgaard
(ausgespr. Dalsgord), Boesen (ausgespr. Bosen) »nd
Larsen gemeint; da aber Boesen schon 1858, LarseN
1859 gestorben ist, dürfen ihre Namen nicht mehr
in ein Berzeichniß jetziger dänischer Künstler aufgc-
nommen werden. Auch gehört „Naumann", mit deM
wohl nur Neumann gemeint sein kann, nicht eigcntlich
unter die Landschaftsmaler, er ist ein hervorragender
Seemaler, hat abcr niemals einen Baum oder ein
Feld gemalt. Skoogaard soll Skovgaard sein, Ellersen
Eilersen, N. Simonsen N. Simonscn, Kiärschan
Kiärsch 0 u, Stump Rump, W. Melbh in Hamburg
entweder W. Melbye in England oder (wahrscheinlicher)
Anton Melby in Hamburg. „Stump" soll „ucuer-
dings" aufgetreten sein; schon im Jahre 1848 hat er
treffliche Bilder gemalt und ist jetzt beinahe ein Sech-
ziger. Daß einer unserer bedeutendsten Figurenmaler
als Carl Bloch „in Rom" angeführt ist, daß ferner
bei dem Namen der einzigen hier aufgeführten Künstlerin,
die nicht als Dänin geboren ist, E. Jerichau-BaumanN,
die Worte „aus Kopenhagen" hinzugefügt sind, obwolst
der Erstere niemals außer Dänemark wohnhaft gewesen,
und die Letztere in Polen geboren, in Düsseldorf zur
Künstlerin erzogen ist, will ich nur kurz erwähnen. Weit
mehr zu tadeln ist die höchst unkritische Auswahl der
Namen der Maler, die als Repräsentanten unserer Kunst
dastehen sollen. Jedem Dänen muß es wenigstens sehr
auffallend sein, Namen wie Liebert und Schovelin
in derselben Reihe mit Skovgaard und Rump zu sehen,
besonders in einem Verzeichniß, in welchem man Kyh "
und Kölle vergebens sucht.

Daß man im Auslande von dänischer Kunst se
gut wie Nichts weiß, ist sehr zu bedauern. Es giebl
aber ein Wissen, welches schlimmer ist als gar keines;
wider ein solches seien denn diese Bemerkungen gerichtet-

Kopenhagen, im März 1875.

Sigurd Müller.
 
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