Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

DOI Artikel:
Abrest, Paul d': Der Salon, [1]
DOI Artikel:
Verschiedenes und Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0272

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Korre>pondenz.

534

533

"Eßigen Züge athmen Leidenschaft und Heldenmuth.
^se Respha könnte ebenso gnt einc Judith sein. Jhre
icidung ist eine reiche, um den Kontrast noch zu ver-
^rken; ein Gewand von schwerem gelben Stoffe be-
den ganzen Körper der trauernden Mutter, ihr
^^rwuchs verschwindet unter einem violetten Tuch,
^ssen Ende hoch im Winde flattert; große Ohrhänge,
Halsband und goldene Reife nm die Arme verrathen
^ königliche Wittwe, der man den Reichthum zwar
^kassen, dafür aber das Theuerste geraubt hat. Der
^ler hat es vermieden, den unschnldigen Sühnopfern
^ erschreckenden und entstellenden Merkmale, die den
^ivaltsamen Tod begleiten, aufzuprägen. FLr diese
^nglinge soll die ewige Ruhe ein seliger Schlummer

Die beiden Söhne der Respha sind wie verklärt;
^ ist, als wüßte ihre Seele von ver Hingebung ihrer

Ar

utter und als raubte ihnen dieses Bewnßtsein allen
^chmerz. Die übrigen bäumen sich krampfhaft gegen
Todeskampf; der Maler wußte die Köpfe mit
^eschick so zu wenden, daß man nur dic erstarrten
E°rper sieht.

Beckcr hat sich offenbar eine große und schwierige
^ufgabe gestellt und lief mit seiner Auffassung Gefahr,
^ das Grotteske zu verfallen. Dieser Gefahr ist er
äiiicklich entronnen. Sein Bild ist von den Uebertrei-
i'Ungen der Nachfolger Negnault's frei; die leidenschaft-
^'che Muttcrliebe, der Kampf zwischen Mcnsch und Thier,
^e Verklärung unschuldiger Sühnopfer kommen darin
'i" schönem Ausdruck. Dabei zeichnet sich dasselbe dnrch
^ie sorgsame Behandlung des Details aus; namentlich
^^er durch eine bei den Modernen seltene Diskretion in
Malerei. Den sogenannten „Jmpressionisten", die
glauben, man müsse, um den Bildern Bedeutung
^ geben, recht dicke Farben auflragen, zeigt Becker, daß
i'ch, auch ohne gegen Geschmack und Maß zu sündigen,
8^vße Wirkungen erzielen lassen.

Paul d'Abrest.

KorresPondriiz.

London, im Mai 1875.

Die königliche Kunstakademie in London hat ihre
Ausstellung am 3. Mai, zwei Tage nach Eröff-
^ug des Pariser Salons, eröffnet. Der materielle Er-
^kg hat sich wie immer als ein glänzender erwiesen;

Zahl der Besucher zu > Schilling pro Kopf pflegt
^Ue große Summe, die zwischen 12,000 und 17,000
^lund Sterling schwankt, zu erzielen. Durch diese
^lnnahmequelle ist die königliche Akademie eins der
^ichsten Jnstitute in Europa geworden. Die gcgen-
^urtige Ausstellung ist jedoch qualitativ hinter dem
^urchschmtt ver letzten Jahre zurückgcblieben. Die eng-
^lche Malerei ist in der That gegenwärtig bemerkens-
^rther in Bezug auf die wachsende Mässe der Pro-

duktion, als in Bezug auf die Fortschritte der Kunst.
Jm Jahre 1873 betrug die Zahl der zur Ausstellung
eingcsandten Werke 4169, 1874 schon 4481, während
in diesem Jahre nicht weniger als 4800 Kunsterzeug-
nisse Zulaß suchten. Der Präsident Sir Francis Grant
bemerkt diesen Zahlen gegenüber, daß sie ein jährliches
Anschwellen der Zahl der Werke konstatiren, welche für
> die Ausstellung bestimmt sind, derart, daß in diesem
! Jahre 319 mehr als im vorigen, nnd 631 mehr als
im Iahre 1873 zur Ausstellung eingesandt wurden,
Der Präsident fügt hinzu i „Ich halte es für gut, auf
j diese statistischen Notizen hinzuweisen, damit das Pu-
blikum und die Künstlerschaft sich eine Vorstellung von
den Schwierigkeiten machen, welche der Akademie aus der
Auswahl der Kunstwerke für die Ausstellung erwachsen."
Diese Schwierigkeiten sind gleicher Weise in Deutschland
und Frankreich bekannt, sie bestehen in der peinlichen
Nothwendigkeit der Zurückweisung einer Menge von
sonst ganz sehenswerthen Arbeiten aus dem cinzigen
Grunde, weil kein Raum zum Aufhängen vorhanven.
Die Zahl der zugelassenen Werke beträgt 1408 gegen
3392 nicht zugelassene, so daß kaum ein Drittel der
eingesandten Gegenstände in der Ausstellung Platz findet.
Aus der Statistik geht ferner hervor, daß kein einziges
der sechs ausländischen Ehrenmitglieder der Akademie,
einschließlich Gallait, Geröme und Meissonier, für seine
Repräsentation Sorge getragen hat. Die Londoner Aka-
demie besteht aus vierzig ordentlichen, und zwanzig außer-
ordentlichen Mitgliedern (ussooiutvs), welche das Vor-
recht auf die besten Plätze haben, doch haben sie im
Ganzen nur 172 Werke eingesandt, während den Nicht-
akademikern gestattet ist, nicht weniger als 1336 Arbeiten
auszustellen. Dies sprichl für die Coulanz in der Ver-
waltung. Die Jahresausstellung ist immer das Haupt-
ereigniß der Londoner Saison, doch finden sich ver-
hältnißmäßig wenige Kunstwerke, welche über die Grenzen
Englands hinaus bemerkt zu werden verdienten. Der
ausländischen Künstler, die ausgestellt haben, sind un-
gewöhnlich wenige, zum Theil wohl, weil sie die Em-
pfindung haben, daß den heimischen Künstlern der erste
Anspruch gebührt, wenn der Raum dem Bedürfniß gegen-
j über so gering ist. Von den fremden Künstlern, welche
Platz fanden, sind vornehmlich zu nennen: Eduard Fröre,
Henriette Browne und Alma Tadema. Der letztere,
der in London ansässig ist und sich hat naturalistren lassen,
stellte „die Skulpturengalerie" aus, die in einem ver-
gleichsweise unvollendeten Zustande im vorjährigen Salon
zu sehen war. Jch bemerke hier, daß Alma Tadema
sehr viel Theilnahme bei den schweren Verlusten ge-
funden hat, welche ihm die schreckliche Pulverexplosion im
vergangenen Sommer verursachte. Sein Haus, welches
er mit großen Kosten und Mühen in eine Art Knnst-
palast verwandelt hatte, wurde dabei fast ganz zertrüm-
 
Annotationen