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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Kunsthistorisches. — Personalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen.

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einen Generalpermesso in Bezug auf alle ösfentlichen oder
in ihrem Besitz befindlichen Denkmale entgegengekommen,
rvährend die Erlangung solcher Erlaubniß ftir Kunstwerke
im Besitze von Privaten, von Kirchen oder gar des Vatikans
wohl noch manches diplomatisch einzuleitenden Schrittes be-
darf. Da die Berliner Sammlungen am meisten in Be-
ziehung auf das Cinque-Cento zu wünschen übrig lassen, wird
man zunächst sein Augenmerk auf dieses richten: auf die Ar-
beiten Donatello's, Sansovino's, Luca's della Robbia, Gio-
vanni's da Bologna u. s. w. Schon sind beispielsweise die
schwierigen Aufgaben besprochen: das Meisterwerk Andrea
Sansovino's aus dem Jahre 150S, das schöne Denkmal des
Kardinals Girolamo Bassi in Santa Maria del Popolo hier,
dann das vortreffliche von Tullio Lombardo verfertigte Grab-
mal des Dogen Andrea Vendramin in San Giovanni e
Paolo in Venedig, Verrocchio's berühmtes Standbild des
Colleoni dort, Donatello's Gattamelata in Padua, die großen
Arbeiten Michel Angelo's in Florenz und vieles andere ab-
zuformen. Man kann sich eines so großen und für die hei-
mische Kunstentwickelung förderndsten Unternehmens nur er-
freuen, um so mehr, als für die verständige Ausführung
alle Bürgfchasten durch die Persönlichkeiten gegeben scheinen,
in deren Hände die Ausführung zunächst gelegt ist. Als
Beirath für die künstlerische sowohl als die technische Seite
der Sache, für die Verhandlungen mit den oft schwierig zu
behandsinden italienischen Kunsthandwerkern u. s. w., sind
mit glücklicher Wahl zwei bewährte und rühmlich bekannte
deutsche Künstler hinzugezogen worden, die abwechselnd in
Rom lebenden Brüder Karl 'und Robert Cauer aus Kreuznach.
Die Brüder Cauer haben aus ihrem großen Atelier in
Deutschland bskanntlich die zahlreichsten und trefflichsten Ver-
vielfältigungen ihrer Arbeiten hervorgehen lassen, wie sie nur
nach gründlichen Studien und praktischen Erfahrungen in
allem dem, was die technische Seite des Kunstfchasfens bildet,
herzustellen sind. (A. A. Z.)

Kiinsthiliorischrs.

Auf dcr Piazza della Signoria in Florenz wurden neuer-
dings wegen Anlage eines Äbzugskanals Ausgrabungen ge-
macht, bei denen man alte Mauern und Gewölbe entdeckt
hat, welche die Angaben der Historiker bestätigen, daß an
der Stelle von Florenz in der römischen Kaiserzeit große Ge-
bäude gestanden haben. Es ist eine Thatsache, daß sich dort
ein römischer befestigter Wachtthurm erhob, aus dessen Trüm-
mern später wahrscheinlich die Häuser degli Uberti gebaut
nmrden. Von diesein Thnrme aus ging offenbar die Via
Sacra, welche mit Statuen und Gräbern geschmückt war.
Dies versichern nicht nur die Geschichtsschreiber von Florenz,
sondern man fand auch seiner Zeit bei der Fundamentlegung
des Palazzo Gondi an der Südseite Fragmente vom Straßen-
pflaster der Via Sacra, sowie Bruchstücke von Grabsteinen
und Statuen, und zwar in der Tiese von 5 Metern, dem
Niveau des römischen „Florentia". Ferner erzählt Magni,
daß G. B. Cei, als er 1529 sein Haus im Borgo de' Greci
erbaute, unter der Erde eine römische Marmorstatue fand;
eine andere wurde 1567 an derselben Stelle von seinem
Sohne gefunden. Beide Statuen wurden in den Palazzo
Gondi geschafft, wo noch heute eine derselben dem prächtigen
Hofe zum Schmucke dient. Eine andere Statue nebst vielen
Jnschriften wurde ferner gefunden, als man die Fundamente
des Oratoriums S. Firenze arub. Auch die Familie Peruzzi
fand, als sie an ihrem Palaste arbeiten ließ, den Grabstein
eines Salbenhändlers, das Bruchstück einer Statue, sowie
andere Antiquitäten. Aus Allem geht hervor, daß die Trüm-
mer von Gebäuden, die man gegenwärtig ausgräbt, jenem
Wachtthurm und der Via Sacra angehören. (Nat. Ztg.)

Peiloilillilachrichten.

« Herr Biktor dc Stucrs wurde zuni Kunstreserenten
im holländischen Ministerium ernannt. Stuers ist einer der
rührigsten Vorkämpfer der im Kunstleben Hollands neuer-
dings hervorgetretenen Reformbewegung, wie die Leser aus
den Aufsätzen über die dortigen Kunstzustänbc, welche die
Chronik soeben veröffentlicht, des Näheren ersehen. Seine
Berufung darf demnach als ein entschiedenes Symptom der
Besserung begrüßt werden.

SammllUlge» und Äusstkllilngen.

ilt München. Die von der Münchener Kunstgenossenschast
veranstaltete Lokalkunstausstellung auf dem Königsplatze l
bereits seit Ende Mai eröffnet und recht zahlreich beschickt, o ^
wohl zahlreiche Kunstwerke von hier zur großen Ausstellung >
Alexandra-Palast zu London gewandert sind. Wan spricht vo
200 Objekten, die dorthin gesandt wurden, und weitere ov
mögen sich im Ausstellungsgebäude hier befinden. Dw zay (
reiche Betheiligung an der Lokalausstellung, die, seu o.
Fremdenverkehr größere Maßverhältnisse angenommen, au 1
stärkeren Besuches sich erfreut, erklärt sich einfach genug durch m
Thatsache, daß sich der Absatz von Kiinstwerken seit dem grvße
Krach von 1873 auf einer weitaus niedrigeren Stufe befinoei,
als man von betheiligter Seite zugiebt, obwohl die Verhai^
nisse anderwärts ebenso wenig erfreulich sind. Dieselve
Verhältnisse lassen uns auch in der Lokalausstellung gar
vielem längst Bekannten begegnen, was die Äufgabe ve^
Berichterstatters allerdings wesentlich erleichtert, ber schv
früher Geleqenheit gehabt, sich darüber auszusprechen. Dayiu
gehören im Geschichtsfache Pecht's Prinz Heinrich am Stttve-
bette seines Vaters Heinrich IV. von England und Thiersch ^
Christus in der Wüste. Was sonst hieher gehört, kann füguch
unerwähnt bleiben. Besser ist das Genre vertreten. An
erster Stelle wären hier „Die Jntimen bei Beethoven" von
Gräf le zu nennen, der den Meister am Klavier sitzend, von
seinen vertrautesten Freunden Steiner, Schindler, Abve
Stadler und I)r. van Swieten umgeben zeigt, die tief ergrifstn
seinem Spiele lauschen. Jm Allgemeinen zeigt sich nur selten
ein neuer Gedanke, und leider ist nach dem bekannken Dichtes-
worte das Neue nicht immer auch gut. Da sehen wir Zon

tungsleser,verlasseneMädchen,Dorfwirthshausscenen,FischendV

Buben, Kartenspieler u. s. w. Auch an unartigen Kindern
ist kein Mangel. Das eine will sich nicht waschen laffen unv
das andere zeigt entschiedene Anlage zu einem„Suppenkaspar
im Stil des unsterblichen Struwwelpeter. Aber das ist nur
die Kehrseite der Medaille: ein paar Dutzend andere Maler
stellten sich dasür die Aufgabe, den Satz: Kinder sind der
Eltern Freude, zu illustriren. Dem alten Gedanken waro
indeß selten ein neues Kleid gegeben. Den bekannten „Groß'
vater" und die nicht minder bekannte „Großmutter" seheu
wir auf unterschiedlichen Stücken Leinwand mit dazu gehm
rigem Goldrahmen. Aus Kindern weiblichen Geschlechts
werden mit der Zeit Iungfrauen, mehr oder minder holo
und minniglich, je nachdem es der Himmel will. Warum es
nun so viele unserer Künstler auf „Schlasende Jungfrauen
abgesehen haben, ist mir bis jetzt.noch nicht ganz klar ge-
worden. Jm Uebrigen konstatire ich als CharakteristikuM,
daß nach Ausweis der einschlügigsn Bilder die Jungfrauen
mit Vorliebe in Wald und Feld schlafen. Die Liebespaare
und „einschichtigen" Verliebten zählen nach Dutzenden. Daß
sie Liebesbriefe schreiben und fich dabei um Gedanken und
Worte abquälen ist ein wenig poetisches Mißgeschick, hat aber
doch auch Künstler zu begeistern vermocht. Wenn andere die
Liebe bald in's einsame Forsthaus, bald auf den stillen Berg-
see, oder aber in den Salon oder selbst in die Schenke ver-
legen, so haben sie darin ganz recht, denn die Liebe ist jg
überall daheim. Zum wie viel hundertsten Male eine das
Miniatur-Porträt ihres Geliebten melancholisch beschauende
junge Dame gemalt worden, weiß ich nicht; wahrscheinlich
weiß es Herm. Bayer, der denselben Stoff behandelte, auch
nicht. Wenn aber Hans Brenner eine junge Dame mu
ihrem Kinde neben einem schwindsüchtigen Mann, ihrem vor-
maligen Geliebten zeigt, so können wir jene nur dazu be-
glückivünschen, daß sie einen Andern geheirathet hat. Daß
es unter Liebesleuten nicht immer ohne „Verdruß" abgeht,
lehrt uns Wilch. Marc in seinem köstlichen Bildchen. Aß
des Lebens Schattenseite erinnern auch Klosterfrauen von A-
Kattowitz und L. Hofmann von Zeitz, die Arme speisen
und sterbende Solbaten mit einem letzten Trunk erquickeu,
noch mehr aber N. Lytra mit seiner Schreckensscene aus
einem von Piraten geplünderten Schiffe. Für die, welcho
sich eine deutsche Kunstausstellimg nicht ohne einen italienischen
Hirtenknaben und oberbayerische Buben und Fischermädchen
denken können, mag die Bemerkung erlaubt sein, daß auch
dieser neue Stoff in unserer Lokalausstellung seine Vertreter
sindet. Den natürlichsten Uebergang zur Landschaftsmalerei
bildet F. Hennings' prächtige Sommernacht mit den wohl-
 
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