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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Vom Christmarkt
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Berggruen, Oscar: Die Selleny-Ausstellung im Wiener Künstlerhause, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0084

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155

Die Selleny-Ausstellung im Wiener Künstlerhause.

156

Landschaftsbildes. Es sind im Ganzen zwölf Blätter,
wie es scheint, mit Fleiß bunt zusammengewürfelt, um
die Vielseitigkeit des Künstlers und seine bewunderns-
würdige Fertigkeit, im flüchtigen Zuge das malerische
Weseu der Dinge festzuhalten, recht anschaulich zu machen.

Noch hat uns die Verlagshandlung von Ed. Hölzel
in Wien, deren Oelsarbendrucke mit Recht sich eines
Weltrufs erfreuen, eipe reiche Auswahl ihrer neuesten
Erzeugnisse auf den Tisch gelegt. Da begegnet uns
Schmitzberger mit einer drolligen Katzenfamilie und
Sinding mit dem Pendant dazu, einer nicht minder
drolligen Kaninchen-Gesellschaft, die es sich bei Kraut
und Kohlköpfen wohl sein läßt, da zeigt uns Kurz-
bauer einen prächtigen Buben inmitten seiner Christ-
bescheerung mit dem Bilderbuch auf den Beinen an der
Erde sitzend; das Gegenstück dazu, ein Knabe, der mit
Katzen spielt, hat Velten geliefert. Weiterhin entrollt
sich uns ein prachtvolles Panorama ^des Wallenstädter
See's von Stefsan, mit reicher Staffage aus male-
risch angeordnetem Vordergrunde, endlich liegt, die Krone
des Ganzen, Defregger's „Letztes Aufgebot" vor
uns. Mit der Reproduktion dieses ergreisenden Meister-
werkes, welches den Lesern dieser Blätter aus der Schil-
derung und Würdigung von anderer Seite schon be-
kannt ist, hat der Oelfarbendruck seine Existenzberech-
tigung aus's Neue in überzeugender Weise dokumentirt.
Das stimmungsvolle Kolorit, in welchem das düstere
Verhängniß eines in den Verzweiflungskampf getriebenen
Volksstammes vorgedeutet ist, der fahle Lichtglanz, der,
aus schweren Gewitterwolken vorbrechend, sich über die
Hauptscene ergießt, der tiefernste Ausdruck der Köpfe so-
wohl bei den von strengem Tagwerk zu ungewohnter Kriegs-
arbeit gerufenen Männern, die fest ausschreitend ihres
Weges ziehen, wie auch bei den in mannigfachen Gruppen
zusammengeschaarten Dorfbewohnern, Weiberp, Kindern
und von körperlichen Gebrechen zurückgehaltenen Män-
nern, deren jedes aus seine Weise an dem Vorspiel der
Katastrophe Antheil nimmt, endlich das äußerliche Mach-
werk, die energische und breite Pinselsührung, Alles das
ist in der Reproduktion zu seinem vollen Rechte ge-
kommen. Die Verlagshandlung, welche das Original-
gemälde zum Zweck der Vervielfältigung um 16,000
Gulden erworben, hat sich durch deffen Publikation ein
unbestreitbares Verdienst erworben.

Eben im Begrifs, die Feder niederzulegen, erhalten
wir noch eine prächtige Leistung des Farbendrucks, deren
hier wenigstens vorläufig in aller Kürze gedacht sein
möge: die Publikation der antiken Odysseelandschaften
vom esquilinischen Hügel zu Rom, herausgegeben von
K. Woermann (München, Ackermann). Das Werk
schließt sich stofflich an desselben Versassers kürzlich er-
schienenes, gehaltvolles Buch über die Landschaftsmalerei
im Alterthum an und giebt die berühmten Malereien

aus der augusteischen Epoche in virtuoser Weise wieder.
Die in '/z der Naturgröße ausgeführten Kopien rühren
von der Hand des Malers H. C. Krohn in Weimar
her, die Facsimilirung in Farbendruck besorgte W.Loeillot
in Berlin. tzx,.

Die Selleny-Äusjiellung im Wiener Lünjiler-
hause.
ii.

Jm rechten und vollen Lichte seiner reichen Be-
gabung zeigen den Künstler erst seine Naturauf-
nahmen. Die Ausstellung enthält von der nahezu
tausend Nummern umsassenden Sammlung der Studien,
die Selleny während seiner Reise um die Erde in den
Jahren 1857—1859 an Bord der in wissenschastlicher
Mission entsendeten österreichischen Fregatte Novara ge-
macht hat, ungefähr die Hälste; sie bietet also voll-
kommen ausreichendes Material zu gründlicher Würdi-
gung des Meisters. Was zunächst durchweg aufsällt,
ist das konsequente Festhalten des Charakters der Studie
bei allen Aufnahmen und die daraus entspringende
technische Oekonomie und künstlerische Selbstbeschränkung.
Selleny bedient sich überall technischer und stofflicher
Abbreviaturen, insofern trotz derselben eine genaue und
treue Reproduktion des ausgenommenen Objektes möglich
ist. Zunächst zieht der Stist die Kontouren, dann wird
die Farbe angedeutet; wo hinsichtlich derselben kein
Zweifel sein kann, wird sie einfach weggelassen, wo sie
aber außergewöhnlich ist, sofort notirt. Ist aber irgend
einmal das Kolorit Hauptsache, so führt der Künstler
die Aufnahme so vollständig aus, daß sie zu einem
selbstständigen, fertigen Kunstwerke wird. Mitunter
steigert sich die Ausführung sogar zu einer miniaturarti-
gen Feinheit und Vollendung. Gehört dagegen ein Stück
des Bildes nicht nothwendig zur Charakterisirung des
Objektes, so wird es unbedenklich geopfert; einige Striche
und selbst eine Lücke deuten an, daß ein bedeutungsloses
Stück Landschaft oder Staffage hinzugedacht werden solle.
Durch diese Methode in Verbindung mit der geistigen
 
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