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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Berggruen, Oscar: Die Selleny-Ausstellung im Wiener Künstlerhause, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0086

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159

Kunstliteratur.

160

überall herauszufinden. Wo er den Nainen eines
interessanten Objektes oder eine bemerkenswerthe Notiz
über dasselbe erfährt, wird sofort eine getreue Anmer-
kung zum Bilde' gemacht; in den großen Aufnahmen
von Städtebildern finden wir die Namen der Haupt-
punkte verzeichnet, und ebenso hat er die wissenschaftliche
Benennung von Pslanzen fast überall beigefügt. Daß
er den Sprachen der Länder, welche er bereiste, große
Aufmerksamkeit zuwendete, ist ersichtlich; so datirt er —
und dieser Zug ist für seinen Drang nach Aktualität
charakteristisch — seine Skizzen immer in der Sprache
des Landes, welchem sie entstammen. Man braucht gerade
nicht sehr feinfühlig zu sein, um sich an dem hübschen
Detail zu erfreuen, daß der Künstler in Brasilien
plötzlich die portugiesische, am Capland die englische
Sprache annimmt. Dabei befleißigt er sich durchwegs
der richtigen Schreibweise und es ist nur ein seiner
deutschen Hand entstammender Schnitzer, wenn er ein-
mal unter Figuren aus der Capstadt schreibt: „Reisle-
men". Der Reiz des Fremdsprachlichen ging für ihn
so weit, daß er ohne Kenntniß des Arabischen die in
dieser Sprache abgefaßte Jnschrift aus dem Grabe eines
Mahommedaners in der Nähe der Capstadt nachzeichnete;
seine Abschrift ist vollkommen lesbar, wenn auch die
Worte nicht richtig getheilt erscheinen. Aus einer Sepia-
zeichnung der Grotte des Camoens (der Künstler setzt
lexikalisch bei: „1524—1579"), die sich zu Macao be-'
findet, gewahren wir sogar das Facsimile einer chinesi-
schen Jnschrift und die Buchstaben, die wir sonst nur
als stilgemäße Dekoration von Thee-Emballage zu sehen
gewohnt sind, nehmen sich da in monumentaler Würde
nicht wenig ergötzlich aus.

Die allgemeinen Betrachtungen, zu denen die
Selleny-Ausstellung Anlaß giebt, haben uns so weit
geführt, daß wir sür das Eingehen in die einzelnen
Arbeiten selbst auch diesmal keinen Raum mehr sinden, es
sei uns vergönnt, demnächst unserm Künstler auf seiner
Weltreise das Geleite zu geben und, soweit dies möglich,
mit Worten ein Bild von all' den Bildern zu geben,
an denen wir heute nur das Eine beklagen, daß sie
Selleny's Vermächtniß sind.

Oskar Berggruen.

Nachschrift: Jm Artikel I ist auf der letzten Zeile das
irrthümlich stehengebliebene Wort „Lustton" zu streichen.

kunMeratur.

I. E. Wessely, Anleitung zur Kenntniß und zum

Sammeln der Werke des Kunstdruckes.

Leipzig, T. O. Weigel. 1876. VIII u. 338 S. 8.

„Vor einem vollendeten Kunstwerke des Bildhauers
oder Malers wird der Wunsch leicht rege, daß das
Schöne sich vervielsachen möchte, um in den Besitz Meh-

rerer zu kommen." Diesem Wunsche des Kunstfreundes
und Forschers ist der Kunstdruck entgegen gekommen;
im Laufe der letzten drei Jahrhunderte nimmt er im
Reiche der Kunst eine achtunggebietende Stellung ein.
Wie er selbst eine glorreiche Geschichte besitzt, so ge-
bietet er auch über eine bedeutende Literatur; Beweis
genug dafür ist, daß er in allen seinen Erscheinungen und
Beziehungen zur Kunst im Allgemeinen und zum Leben
die Geister der tüchtigsten Kenner und Forscher anhal-
tend beschäftigt hat. A. Bartsch, Joubert, Masseau,
Vallardi hatten bereits über ein reiches Material zu
verfügen, als sie ihre Anleitungen zur Kupferstichkunde
verfaßten. Seitdem ist die Forschung nicht stille ge-
standen; manche veraltete Jrrthümer sind beseitigt, manche
neue Entdeckungen zu Tage gefördert worden. Ein
neues, aus Ersahrung und Kenntniß sich stützendes Hand-
buch war darum lange schon ein Bedürfniß geworden.
Als wir mit dem Verfasser oben genannten Buches
vor Jahren über dieses Bedürfniß sprachen, hörten wir
von ihm das alte Wort: Hou äoost inutoriu, sock
urtiiox. Nun dieser urt-iisx fand sich doch! Wessely's
Werk wird gewiß von allen Freunden des Kunstdruckes
sreundlich bewillkommnet werden, um so mehr, als sich
der Verfasser die Aufgabe gestellt hat, nicht allein das
vorhandene Material zusammen zu tragen sondern auch
in ein System zu bringen, so daß man sein Werk un-
bedenklich ein Handbuch der Wissenschast des Kunstdruckes
nennen kann.

Wir begegnen dem Verfasser nicht zum ersten Male
auf diesem Gebiete; die Wissenschast besitzt von ihm be-
reits mehrere geschätzte Monographien über einzelne gra-
phische Künstler und ihre Werke; er ist ein eifriger Mit-
arbeiter am Meyer'schen Künstler-Lepikon, so wie er auch
das von Audresen unvollendet gelassene praktische Hand-
buch für Kupferstichsammler vollendete und dessen Werk
über deutsche Malerradirer fortsetzt. Jn seiner Stellung
am Berliner Kupserstich-Kabinet lebt er in fortwährender
lebendiger Berührung mit allen den Kunstdruck berüh-
renden Verhältnissen und Begebenheiten. Er war also
ganz der Mann dazu, die im Lause der Zeit gemachten
Ersahrungen zum Gemeingute zu machen und ein Hand-
buch herzustellen, in welchem der angehende Kunstfreund
und Forscher den ganzen theoretischen Apparat beisammen
findet.

Wie der Titel des Werkes zeigt, zerfällt dasselbe
in zwei Hauptabschnitte, deren erster Alles bespricht,
was der Kenner des Kunstdruckes wissen soll, weshalb
dieser Theil den Haupttitel: „Der Kunstkenner" führt;
der zweite, „Der Kunstsammler" betitelte Abschnitt be-
spricht das Sammeln der Werke des Kunstdruckes und
das zweckmäßige Behandeln des Gesammelten.

Der erste Theil zerfällt dann wieder in vier Ab-
schnitte; im ersten lernen wir die verschiedenen Formen
 
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