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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Englische Kindermärchenbücher
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0112

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211

Kunstgeschichtliches. — Sammlungen und Ausstellungen

212

zu machen, mangelt uns hier der Raum; man mag die
Bilder betrachten, so ost man will, man wird gesesselt
von ihrer eigenartigen Schönheit, von dem Humor und
dem klassischen Stil, von all dem sinnigen Beiwerk und
der krästigen, gesuuden Phantasie, welche da zu uns
spricht. Der Froschprinz, mit dem Prachtbilde der
königlichen Tafelrunde, wird ohne Zweisel Jedermann
entzücken, und wer kann sich des herzlichsten Lachens
erwehren bei Betrachtung der frei nach Darwin gege-
benen Verwandlung des Frosches in den Prinzen, oder
des Hofkonzertes im Alphabet, wo der. gemüthliche,
dickbäuchige Köuig mit Kroue und Hermelin auf dem
Thron sitzt, sein Schüsselchen Thee trinkend und be-
haglich sein Kölner Pfeischen rauchend, während ihm
drei urkomische Spießgesellen ein Trio vorspielen!

Die Bilderbücher sind in mehr als einer Hinsicht
sehr lehrreich; es ist darin eine ganz neue Richtung im
Jllustriren von Märchen eingeschlagen worden; es sind
hier Ernst und Komik, kindlich-naives Wesen und hohe
künstlerische Kraft iu so eigenthümlicher Harmonie ver-
einigt, es ist das ganze Kolorit der Blätter so originell
und die Technik des Farbendruckes so interessant, daß
sicherlich noch Manches und auch noch Vollkommeneres
in der neuen Weise geleistet werden wird.

Möchte sich ein deutscher Buchhänvler bas Verlags-
recht sür diese Sachen mit deutschem Text erkaufen,
damit eine sehr mangelhafte, int Entstehen begrisfene
Nachbildung der königlichen Bilderbücher (sie werden
bei Schreiber in Eßlingen nachgepfuscht) gar nicht aus-
konuuen kann. Möchten auch deutsche Künstler sich ange-
regt fühlen, Jllustrationen sür kleines und großes Volk
zu unternehmen, welche den englischen nicht nachstehen!
Wie bezaubernd müßten sich die Grimm'schen Kinder-
märchen in ähnlichem Gewande ausnehmen!

E. 0.

Knnstgcschichtlichts.

2 Die AuSgrabungen in Olympia haben zu dem ersten
nnchtigen Ergebniß geführt. Es fand sich das marmorne
Standbild, welches Paionios von Mende, einer der Ge-
hilsen des Phidias, im Auftrage der Messenier in Naupaktos
arbeitete. Die Jnschrift ist erhalten, welche sich auf die
Widmung des Weihgeschenkes nach Olympia bezieht. Von
demselben Künstler rührt das vordere Giebelfeld des Zeus-
tempels in Olympia her, ivelches nach der Beschreibung des
Pausanias die Vorbereitungen zum Wagenrennen des Pelops
und des Oinomaos zum Gegenstand hatte. Wir können
hoffen, daß auch von diesem Werk aus der Schule des großen
attischen Meisters noch Ueberreste dem Boden abgeivonnen
werden. — Nachschrift: Soeben ivird gemeldet, daß sowohl
an der östlichen als an der westlichen Seite des Tempels
Stücke der Giebelfelder gefunden stnd, namentlich der Torso
des Flußgottes Kladeos.

Lammlnngen und ^usstcllungen.

:ss Oesterreichischer Kunstverein. Die Weihnachtsaus-
stellung ist dieses Jahr nicht allzu brillant ausgesallen; weder
vom kleineren Genre, das doch gerne zu solcher Zeit gekauft
wird, hatte sich viel Nennenswerthes eingefunden, noch war

die große, historische Kunst durch ein besonderes Werk ver-
treten; nur einige wenige Leistungen ragten aus der Mittel-
mäßigkeit hervor, in erster Linie zwei Bilder von Alma Ta-
dema, die sich als seltene Gäste über den Kanal zu uns
verirrten. Sie waren sowohl durch die Originalität des Vor-
wurfes, als auch durch die archäologisch-getr'eue Durchführung
das Jnteressanteste der gesammten Ausstellung. Das erste:
„Der Tod des Erstgebornen", Aegyptens letzte Plage, ist in
seiner ergreifenden Wahrheit von großer Wirkung. Da sitzt
die Mutter mit starrem Antlitz, einer steinernen Sphinx
gleich, an einer Tempelwand, die Leiche ihres Aeltesten im
Schooße; neben ihr kauert der Vater; Leichen bedecken den
zum Hintergrunde sührenden Boden, wo wir am Feuer zur
Abwendung des Unheils die Priester Pharao's Opfer bringen
sehen; geisterähnlich schreiten dahinter Moses und Aron
einher. Das zweite Bild führt uns eine Scene des ägyp-
tischen Todtenkultus vor, wie derselbe noch in der römisch-
ägyptischen Zeit unter Diokletian den alten Traditionen
gemäß abgehalten wurde. Jn einer prächtigen Tempelhalle
mit magischen Perspektiven, die Wände und Säulen rings
mit Hieroglyphen und Bildwerken übersäet, ruht bereits im
Sarkophag die eingesalbte Leiche. Harfner begleiten die
Klagesänger und an dem Leichenbehälter kauert in tiefe Trauer
versunken die hinterbliebene Wittwe. Historische Treue und
ticf poetischer Gehalt verleihen auch diesen Arbeiten des
Meisters einen hohen inneren Werth, der durch die sorgfäl-
tige Ausführung noch gesteigert wird. Die Strenge der
Linien erinnert in der That an die Darstellungsweise der
alten ägyptischen Künstler selbst. — Was diese im Kontur zu
viel thaten, thun die heute am Nil wändernden Künstler zu
wenig! Wir streifen hier an Makart, dessen „Blindekuh-
spiel" mit dem Pinselstiel und dem Finger gemalt zu sein
scheint. Solche Skizzen, und seien sie von noch so großen
Künstlern, sollte man denn doch schon aus Pietät sür deren
vollendete Leistungen nicht immer und immer vor die Augen
der Welt ziehen. Das Schnellmalen trägt selten viel Lor-
bern und am allerwenigsten bei kleineren Talenten, denen
noch in Zeichnung und Farbe die naturgemäße Schule man-
gelt. Von V. Brozik ist abermals ein historisches Gemälde
in größeren Dimensionen ausgestellt: „Wie König Premysl
Ottokar II. sich zum letzten Kampfe gegen Kaiser Rudolf
von Habsburg rüstet und von seiner Gemahlin Kunigunde
Abschied nimmt." Die Vorzüge des Bildes wiegen dessen
Mängel nicht auf. Es ist überPiese Leistung nicht viel mehr
zu sagen, als was an dieser Stelle bei Gelegenheit der Oktober-
Ausstellung über des Künstlers „Dagmar" ausgesprochen
wurde. Der Vorwurf bietet wohl schon an und für sich
nicht viel sür den Historienmaler; der Abschied eines Helden
von seiner Gemahlin ist eine rein lyrische Episode, es müßten
denn vor Allem die Köpfe der Gestalten mit Empfindungen
ausgestattet sein. Der Katalog sagt uns zwar, daß die Kü-
nigin von „Reue und Vorahnung ersaßt" Abschied nimmt;
im Bilde ist jedoch davon gar wenig zu sehen; desgleichen
sind die in überreicher Anzahl vorhandenen. Nebensiguren
rein nur da, um den Platz auszufüllen. Sie nehmen weder
Antheil an der Handlung der Hauptgestalten, noch bilden
sie unter sich ergänzende Episoden. Die Stoffe und einige
männliche Charakterköpfe sind gut gemalt; doch die Gestalten
sind leer und lassen den Beschauer kalt. Was scharfe Cha-
rakteristik und geistige Auffassung anbelangt, steht L. Pic-
card's kleines 'Bild: „Samuel Zborowski wird vom Staats-
kanzler Zamojski zum Tode verurtheilt", hoch über dem
genannten. Jede einzelne Figur ist sür sich eine Studie,
durchgeführt in der strengen Manier Matejko's. Nur schade,
daß der Künstler im Arrangement nicht so glücklich war!
Es krankt an bedeutenden Perspektivfehlern des Ranmes,
durch welche die Größenverhältnifse der Figuren leiden und
die ganz hübsch gedachte Komposition zerstückelt wird. Von
Eugen Blaas ist eine „Venetianische Balkonscene", ein Bild
voii der liebevollsten Durchführung, ausgestellt. Drei an-
muthleuchtende Mädchen und zwei Jünglinge aus Venetiens
goldnen Tagen halten Siesta nuf dem Balkon irgend eines
Palastes am 6anal ^ranäo. Es wird dem Beschauer in der
That die Wahl schwer, welcher von den dreien der Apfel
des Paris gehört. Otto v. Thoren's „Pferde auf der
Puzta" find 'mit des Künftlers bekannter Verve gemalt. Van
d. Bussche zeigt uns eine Episode aus der „Rückkehr Na-
poleon's 1. aus Rußland." Aus einem alten Schlitten, einen
 
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