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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Ein neues Bild von Gabriel Max
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Michelangelo in Haft
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0124

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235

Michelangelo in Haft. — Kunstliteratur.

236

schaft der Behandlung zeigt sich in jedem Zuge, selbst
in der Fliege auf dem Arme des Mädchens, die keines-
wegs indiskret und störend wirkt; die Farbe ist kräftig,
harmonisch gestimmt, tresstich abgewogen; nur ein ein-
ziger Ton könnte etwas modificirt sein, das unbestimmbare
Rosa des Unterkleides, welches das Mädchen trägt.

Michelangelo in Hast.

.7. ?. 7l. Jn diesen Tagen ist in Nom das erste
Heft einer neuen Zeitschrift veröffentlicht worden, welche
schon in Rücksicht auf ihr Programm allgemeines Jn-
teresse verdient. Bekanntlich ist durch die Anfhebung
zahlreicher Klöster in Rom eine Unzahl archivalischen
Materials dem Staate in die Hände gefallen, nnd dieses
hat seine allerdings noch nicht vollendete Aufstellung in
dem Parlamentsgebände nahe gelegenen Lokalen gefnnden.
Die nene Zeitschrift, welche den Titel gewählt hat:
Z.rollivio storioo nrtmkioo QrollkoloAioo 6 lettorario
ckoUa oittü. o provinoin cki U,oinn und jährlich min-
destens 24 Drnckbogen anszugeben verspricht, hat sich
zur vornehmsten Anfgabe gestellt, die Schätze des neuen
Staatsarchives, sofern dieselben in den auf dem Titel
angegebenen Wissensgebieten von allgemeineni Jnteresse
sind, zu pnbliciren. Sehr zeitgemäß ist zum Gegenstande
des ersten Artikels der Aufenthalt Michelangelo's in
Rom gewählt; denn jetzt nach der Feier des Centenariums
des Meisters sind Leben und Werke desselben ein Thema,
das in allen mit Knnst sich beschäftigenden Zeitschriften
anf das lebhafteste erörtert wird. Es wird uns hier
eine den Biographen unbekannt gebliebene Anekdote er-
zählt, die darnm von Jnteresse ist, weil sie einmal be-
weist, wie sehr das Zeitalter der kirchlichen Nestauration
der Zeit des hnmanistischen Glanzes nnd der klassischen
Renaisfancebewegnng entfremdet war, und dann weil sie
ein nener Beleg ist für den fast abstoßend zu nennenden
Ton, in dem der große florentiner Bildhaner sich im
Berkehr zu geben beliebte. Die Geschichte ist in den
Memoiren des Bildhaners Flaminins Vacca, niederge-
schrieben im Zahr 1594, folgendermaßen erzählt: „Zur
Zeit Paul's des Vierten (Michelangelo war also wenig-
stens achtzigjährig) wnrve bei S. Vitale in der Vigna
des Herrn Oratio Muti ein Schatz gefunden, bestehend
in einer großen Anzahl von Goldmedaillen und werth-
vollen Edelsteinen. Der Finder, ein jenem untergebener
Vignerole, machte sich davon. Genannter Herr Oratio
ging nach seiner Vigna und da er den Vignerolen nicht
fand, dnrchsnchte er seine Bigna und fand die Stelle,
wo der Schatz war ansgegraben worden, fand anch da
einige Kupfergefäße und zerbrochene Kessel. Jn der
Erde herumsnchend fand er noch Goldmedaillen und
weil ihm nnn der Betrug klar war, avisirte er alle

Banquiers und Goldarbeiter in Rom: man möchte, so
man einen mit Goldmünzen oder Edelsteinen anträfe,
ihn dem Gericht in die Hände geben. Nun traf es sich,
daß in jener Zeit Michelangelo Buonarroti einen ihni
Untergebenen Namens Urbino ausschickte, einige Geld-
stücke zu wechseln, die dazumal nickt mehr in Gebrauch
waren. Der Banquier war betroffen, und da er den
Vorfall im Gedächtniß hatte, traf er Anstalten, daß der
Mann sofort in's Gefängniß gebracht wurde. Als man
diesen ausfrug, erklärte er, jene Münzen habe er von
Michelangelo erhalten. Da befahl der Richter, Michel-
angelo solle festgenommen werden, nnd das geschah. Als
man seiner habhaft geworden war, frug man ihn aus.
Zuerst stellte man die Frage an ihn, wie er heiße. Er
gab zur Antwort: Mir ist gesagt worden, daß man mich
Michelangelo von den Buonarroti nennt. Ans welchem
Lanve seid ihr? Die Leute sagen, ich sei ein Floren-
tiner. Kennt ihr die Familie Muti (—stumm)? Wie
wollt ihr denn, daß ich die Muti kenne, wenn ich nicht
einmal diejenigen kenne, die sprechen können? Unter-
dessen hatten einige Kardinäle die Geschichte erfahreu
und schickten sofort einige vornehme Männer zum Richter,
er solle ihn freigeben. Da führte man ihn in sein Haus
zurück. Urbino blieb noch einige Tage im Gefängniß,
bis Herr Oratio Muti Nachricht erhielt, der Vignerole
sei in Venedig gesehen worden. Der unglückliche Evel-
mann ging nach Venedig und fand, daß der Vignerole
die Edelsteine und Medaillen der Signorie gegeben,
nnd daß diese ihn zum Bürger mit einer guten Ein-
nahme gemacht hatte. Herr Oratio beklagte sich bei der
Signorie, erreichte aber weiter nichts, als daß ihm so
viel erstattet wurde, als die Hinreise und die Nückreise
nach Rom betragen konnte. Wenn diese Geschichte nicht
von Alterthümern handelt, so lasse man sie für einen
Zwischenfall gelten. Man mag sich aber wohl wun-
dern, welch' üblen Streich der Zufall dem nnglücklichen
Michelangelo am Ende seines Lebens gespielt hat."

kmlstliteratnr.

IRs Lnzisux rkpwoänoock in nntoGpö

^lntos rvitll Iiistorio notes Rrnnlc Ilocko
I?orv1cs. Tonckon, xublisliock tllo Z.runckoI
Looiot^, 1875.

Dieser schätzenswerthe Beitrag znr Kunstarchäologie
gehört zu einer Reihenfolge von Büchern, die auf Kosten
der englischen Regierung „unckor tllo Znnetion ol rllo
Zoionos unck Z.rt äopiLrtnrönt ol tllo Oonrmittso ol
Oounoil on üiäuontion" — herausgegeben werden.
Die sorgfältig zusammengetragene Monographie mit
einer vollständigen photographischen Facsimile-Repro-
duktion des Teppichs von Bayeux ist eine der vielen
trefflichen mit dem Museum iu South - Kensiugton
 
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