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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Holländische Kunstzustände, [4]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0141

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269

Nekrologe.

270

belebmde, sinnige Noluren, Originale voll liebenswnr-
digem Hmnor und Scham erweckendem Sarkasmus, den
besten Wasfen gegen Philistrosität und Schlafmützen-
thum!

Dann könnten sich die Holländer auch einmal zum
Vorbild nnsere Gewerbemuseen in Berlin, Dresden,
Wien, Stuttgart, München, Nürnberg und anderen
Orten ansehen; das sind sreilich keine Kensingtonmuseen,
aber wie mächtig wirken diese vielen Hebel seit einer
Reihe von Jahren an dem Aufschwung unserer, auch
der Barbarei entzogenen Kunstindustrie! Sie, die reichen
Hollänver, die kolossale Geldmittel nur stüssig zu machen
brauchen, sollten sie mit ihrem praktischen Verstande und
ihren vielen trefflichen Anlagen nicht bald in die Höhe
kommen? Es müßte doch sonderbar zugehen, wenn alles
das nicht hälfe.

Jn allen einigermaßen wichtigeren Städten müßten
Bibliotheken mit Prachtwerken aller Art entstehen; die
Holländer haben ja so wenige Schwierigkeiten mit fremden
Sprachen; leicht können sie englische, sranzösische und
deutsche Werke lesen und studiren; sollten alle solche
Angelegenheiten, wie die erwähnten, nicht anch für die
über ganz Holland verbreitete Gesellschast zur Beför-
derung der allgemeinen Wohlsahrt passend sein, welche
14,000 Mitglieder zählt? Sie könnte einmal im Palast
sür Volksfleiß eine internationale Ausstellung von Lehr-
mitteln veranstalten, um dem Publikum zu zeigen, was
anderswo geschieht!

Sie könnte auch Preisausgaben stellen, könnte Prä-
mien aller Art vertheilen, bald sür das schönste Haus,
welches gebaut wird, oder für ein Meisterstück von
Maurerarbeit, für die beste Uebersetzung eines werth-
vollen Lehrbuchs aus fremden Sprachen in's Hollän-
dische, oder eine prächtige typographische Leistung. Der
Architekturunterricht wie das Jnteresse sür allgemeine
Kunstgeschichte müssen gehegt werden. Beide sind so zu
sagen Null im Vergleich mit ihrer Pflege in anderen
Ländern. Man braucht nicht einmal unser, für die
Holländer etwas abgelegenes, deutsches Vaterland als Bor-
bild zu citiren, sie sollen nur einmal in Belgien, Paris
und England sich umsehen, was da erstrebt und geleistet
wird.

Jn Haarlem erscheint ein Prachtwerk: „Die Erde
und ihre Völker", welches dem Engelhorn'schen Pracht-
werk über Jtalien an Vorzüglichkeit der Ausstattung
kaum nachsteht. Wenn man einmal Holland selbst in
ähnlicher Weise ausbeutete, es würde doch wohl hier wie
auswärts ein allgemeines Staunen sich kundgeben über
die zu wenig gekannten Schönheiten des Landes, über
seine überreichen Schätze alten Kunstfleißes, über die
Unzahl der selbst Fachmännern wenig bekannten Bau-
denkmäler. Jede Exkursion eines Mitgliedes der LM8-
uävisvurs zur Untersuchung der Bauwerke des Landes,

welchen die Gesahr der Zerstörung droht, ist eine Ent-
deckungsreise; man staunt, daß unendlich viel mehr noch
von den Stürmen der Jahrhunderte verschont blieb, als
man erwartete, man gewinnt das Land lieber und
lieber und freut sich der Tüchtigkeit, Herzlichkeit, Zuver-
lässigkeit seiner Bewohner.

llekrologe.

Joh. Adam Klein, der im vorigen Jahre verstor-
bene berühmte Navirer, wurve am 24. November 1792
zu Nürnberg als das vierte Kind seiner Eltern, welche
eine Weinwirthschaft daselbst hatten, geboren. Da bei
ihm schon sehr früh Talent sür die bildende Kunst sich
zeigte, ließ sein darüber ersreuter Vater ihm schon von
seinem achten Jahre an Unterricht im Zeichnen ertheilen,
zuerst 1800 — 2 von dem Zeichenlehrer von Bemmel,
dann bis 1806 in der von Ph. Zwinger geleiteten
Zeichenschule, woselbst er zuletzt Radirungen von
Riedinger kopirte unv dadurch den Grund zu seiner
später ost bewunderten Sicherheit der Zeichnung legte.
Darauf kam Klein in das Atelier des Kupferstechers
A. Gabler, eines unbedeutenden Künstlers, aber eines
in der Technik sehr ersahrenen Mannes und eines trefs-
lichen Lehrers, der die bcsondere Begabung seines Schü-
lers bald erkannte, zu würdigen und auszubilden wußtc.
Er wies ihn an, neben den akademischen Studien auch
sleißig im Freien nach der Natur zu zeichnen, und lei-
tete ihn an, das Charakteristische aufzufassen und richtig
darzustellen. Zugleich erlernte Klein bei ihm die Techmk
des Radirens und Aetzens. Jn dieser Weise tüchtig
vorgebildet, ging Klein im Jahre 1811 aus Reisen,
zunächst, mit Empsehlungeu von Seiten des berühmwn
Kunsthändlers Frauenholz versehen, über Regensburg,
die Donau hinab, nach Wien, wo er bei den dortigen
Künstlern sreundliche Aufnahme fanv, die Akademie be-
suchte, daneben aber auch mit Aussührung verschiedener
Austräge beschäftigt war, auch viele Platten ohne
besonderen Auftrag radirte. Er zeichnete mit Vorliebe,
und zwar schon mit seiner bekannten Sicherheit, Korrekt-
heit und Treue der Ausfassung, die malerischen Kostüme
der Ungarn, Walachen, Polen rc., ihre Pferde nnd Fuhr-
werke. Als dann Frauenholz nach Wien kam, kaufte
er Klein nicht nur sämmtliche radirte Platten ab, son-
dern machte auch neue Bestelluugen. Jm September
1812 machte Klein in Gesellschast des ihm befreundeten
Malers Mansfe'lv eine Fußreise durch die Steyrischen
Gebirge, an ven Traun- und Hallstädter See, von
welchen er viele Zeichnungen heimbrachte. Reichen lLtofs
sür seine Studien brachten ihm dann die Kriegszüge
der Jahre 1813 und 1814. Er zeichnete vie Solvaten
und deren Bagage mit einer erstaunlichen Genauigkeit
und Treue, so gewissenhaft korrekl, daß viese Ltuvien
zugleich ein höchst werthvolles Material sür kulturhisto-
rische Zwecke bilven, Zeichnungen, welche um so werth-
voller sind, weil wenig andere Künstler jener Zeit der-
gleichen gesertigt haben. Jm Jahre 1815 kehrte Klein
nach seiner Vaterstadt zurück, wo er in der begonnenen
Weise fleißig fortarbeitete, auch hier besonders unter den
durchziehenden fremden Truppen seine Stndien machte,
aber auch viele Landschaften zeichnete. Auch kultivirte
er jetzt mehr die Oelmalerei. Klein malte mit derselben
Genauigkeit, mit welcher er zeichnete und radirte. Es
 
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