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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Mosler contra Lessing, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0227

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Xl. JahrMnst.

Nr. 28.


Sciträge

sind anvr. C. V. LÜt?VW
(Wien,Theresianumgasse
25) od. andie Verlilgsll.
t^Leipzig, Königsstr. 3),

21. iApril

Inscrate

L. 25 Pf. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
wcrden von jeder Buch-

1876.

Bciblalt zur Zeitschrist sür üildende Knnst.

Dies Blatt, jede Woche ain Freitag erscheinend, erhalten die Adonnenten der „Zeitschrift für bildende Knnst" grst>8; für sich allein bezogen
kostel Ler Jayrgang 9 Mark sowohl im Buchhandcl wie anch bei den dentschen nnd österreichischen Postanstaltcn.

Jnhalt: Mosler contra Lesstng. — Korrespondenz: Stnttgart. — Ver Huell, Jaeobus Houbraken. — Auszeichnungen. — Berlin: Ausstellung italienischer
Dekorationsmalcreien; Jahresausstellnng der Wiener Künstlergenossenschaft; Sammlung alter Gläser des Marquis d'Azeglio; Deutsche Kunst in
England. — Kriegerdenkmal in Kassel. — Nenigkeiten des Buchhandels. — Jnserate.

Mosler contra Lesfing. ^)

In irlsäig.» r68 wlll uns Herr Maler Mosler
in seinen „Kritischen Knnststudien" führen, in
nnbewußter oder bewnßter Nachahniuug des von ihm
angegriffenen Lessing'schen staokoon; er greist daher „mitten
aus der Aesthetik nnd dem Kunstleben" einen Satz
heraus, dessen Besprechung ihn zur Darlegnng der
Behauptung hinleiten soll, um derentwillen das ganze
Buch geschrieben ist und die nichts Geringeres bezweät,
als nachzuweisen, daß Lessing's Festsetzung der „Grenzen
der Malerei und Poeste" eine mißglückte sei, und daß
an Stelle des Lessing'schen Grundsatzes ein anderer
treten müsse.

Jch möchte es nun zwar, trotz der höchsten Ver-
ehrung sür Lessing, keineswegs aus mich nehmen, von
seinem Laokoon das zu behaupten, was er selbst von
der Poetik des Aristoteles glaubte aussprechen zu dürsen;
vielmehr werden manche Anschauungen einer berichligenden
Untersuchung wohl unterzogen werden können. Daß
aber der Hauptgrundsatz sollte angezweiselt und durch
einen so schwankenden und unpräeisen ersetzt werden
kvnnen: „Alles ist darstellbar und in jeder Kunst,
und ist je nach Umständen ein würdiger Gegen-
stand der Kunst" — das bedurfte in der That erst des
Druckes, um glaubhaft zu erscheinen. Und doch wird
es begreislich, wenn man die wahrlich nicht geringe Mühe
nicht gescheut hat, sich durch diese „Kritischen Kunst-
studien" durchzuarbeiten, und dabei ans jeder Seite

*) Kritische Kunststudien von Heinrich Mosler, Maler.
Münster, A. Russell, 1875. Vl u. 221 S. 8.

wiederfindet, daß der Versasser zwar ein sehr acht-
bares Streben nach Erkenntniß hat, eine sehr bedeutende
Belesenheit besitzt nnd ofsenbar über Vielerlei ernsthaft
nachgedacht hat, dabei aber entschieden unsähig ist, scharf
zu denken, daß ihm daher die Klarheit, die er so gern
Anderen beibringen möchte, selbst in bedenklichem Maße
abgeht, daß er einer Beherrschung seines Stosses voll-
ständig ermangelt und nicht vermag bei seiner Sache
zu bleiben, sondern alle Zwischen- und Nebengedanken
in manchmal seitenlangen Klammern herbeizieht, ja daß
er nicht einmal die Sprache in dem Grade beherrscht,
welcher die Grundbedingung zum Auftreten als Schrist-
steller ist. Diese Sätze sollen keineswegs blos Be-
hauptungen bleiben.

Die Uufähigkeit, klar zu denken, tritt gleich bei der
Behandlung der ersten Frage hervor: „Kann die Ma-
lerei ein Gespräch darstellen — sogar besser als die
Dichtkunst?", deren zweiter Theil schon eine bejahende
Antwort auf den ersten Theil voraussetzt. Diese erste
Frage, ob die Malerei ein Gespräch darstellen könne,
schließt sich an ein Wort von Cornelius an, der, das
Bild eines angehenden Historienmalers: „Die Helden bei
Brunhild uud Gunther, die Rache an Siegsried und
Chriemhilde beschließend" kritisirend, behauptete: „Ein
Gespräch.läßt sich nicht darstellen als Bild." — „Und
doch hat Lionardo da Vinci in seinem „Abendmahl",
Rasfael in der „Schule von Athen", Cornelius selbst
und viele andere tüchtige Künstler durch zahllose Bei-
spiele bewiesen, daß dies eventuell ganz ausgezeichnet
geht!" ruft Mosler aus und sügt später, außer anderen
Beispielen, namentlich noch Tizian's „Zinsgroschen"
hinzu. Nur schade, daß diese Autoritäten nicht sür,
 
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