Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

DOI Artikel:
Regnet, Carl Albert: Die Eröffnung der deutschen Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung in München
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0299

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XI. Jahrgang.
Seiiräge

> sind cm vr. C. v. LÜ1;lNV

25) od. andie Verlilsisll.
(^cipüg. KönigZstr. 3),

23. Iuin

Nr. 37.

Inscrate

1876.

BcibllM znr Zcitschrift sür bildcndc Kunst.

Dies Blatt, jcde Woche am Frettag erschetnend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Knnst" goatis; für sich allein bezogen
kostet der Zahrgang 9 Mark sowohl im Bnchhandel wie auch bei dcn dentschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Die Eröffnung der dentschen Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung in München. — Die Karlsruher Kunstschule. — Zi: A. Ver Huell's „Houbraken."

— Domiuicus Mahlknecht f. — Die Royal Albert Hall in London; Das Albert-Denkmal ebda.; Die Nadel der Kleopatra. — Auktion Lieber-
mann. — Zeitschriften. — Auktions-Kataloge. — Znserate.

Die Eröffnung der deutschen Kunst- und
Kunjtgewerde-FuLstellnng in München.

Seit Wochen glich der Münchener Glaspalast einem
riesigen Ameisenhanfen, in dem hervorragende Künstler
und Handwerksgehitfen, hohe Hof- und Staatsbeamte
und aus den Kasernen geholte Soldaten geschäftig hin
und her eilten. Am Eingange stauten sich Berge von
Kisten; für eine, die man in's Jnnere geschafft, wurden
von den Queue machenden Brückenwagen sechs andere
abgeladen. Kästen und in weiße Tücher gehüllte Statuen
und Büsten reihten sich an reiche Goldrahmen. Dort
schien ein Gewappneter aus seinem Grabe zu treten und
daneben schichtete man buntfarbige Ofenkacheln. Hier
klang der Hammer des Dekorateurs und dort hantirte
der Tüncher. hoch über den Häuptern der unten Vorüber-
eilenden.

Welch' ein Chaos von Menschen und Dingen!
Doch es schien nur ein Chaos, denn bald erkannte
selbst ein ungeübtes Auge, daß Alles sich nach einem
Gesetze bewegte und fügte, das thatkräftige Männer aus-
gedacht, und dessen gewissenhasteste Dnrchführung sie nun
mit Falkenaugen überwachten. Und je näher der 14. Juni
heranrückte, desto lebendiger wurde es im Glaspalast.
Den Kommissären der auswärtigen Regierungen folgten
erst einzelne, dann mehrere, endlich viele Aussteller.
Da und dort fand ein Bild, eine Statue, ein Ofen,
ein Kamin, ein Schrank seinen Platz, erstere oft nur
versuchsweise, um ihn am nächsten Tage wieder mit einem
anderen, am dritten Tage vielleicht wieder mit einem
neuen zu vertauschen. Schon vermochte eine einiger-
maßen nachhelfende Phantasie sich ein Bitd von dem

Genusse zu schasfen, das die Besucher am Eröffnungs-
tage erwartete.

Mit jedem Tage wuchsen die herbeiströmenden
Massen der Ausstellungsobjekte, mit jedem Tage Mühe
und Anstrengungen: mit ihnen aber auch die Kräfte.
Und doch schüttelte Mancher noch am Abende des 13. Juni
bedenklich den Kopf, wenn er forgenden Blickes das weite
Feld dessen übersah, was bis zum nächsten Morgen noch
zn thun war. An diesem Tage war nun auch mit der
Herstellung eines freundlichen Gartenparterres im Em-
pfangsraume begonnen, waren mächtige einheimische und
ausländische Bäume und Sträucher um den in der Mitte
desselben besindlichen, noch von der deutschen Jndustrie-
Ausstellung des Jahres 1854 vorhandenen monumen-
talen Brunnen aufgestellt worden, und selbst die Fon-
tänen warfen schon ihre perlenreichen Wasserstrahlen
raufchend bis zur Glasdecke enipor.

Ein Gang noch durch die weiten Räume. All-
überall die gleiche fieberhafte Thätigkeit. Run sind
tausend und tausend der werthvollsten Kleinigkeiten aus
den Kisten und Kasten hervorgeholt worden, Hunderte
von Krhstall- und Bronzelüstern glänzen im Strahle der
scheidenden Sonne, welchen, nur den einzigen Empfangs-
raum ausgenommen, vom Architekten v. Schmaedel höchst
fachgemäß konstruirte Decken aus weißem Baumwollen-
zeuge zu Nutz und Frommen von mehr als achthundert
Bildern dämpsen. Es ist dies eine Einrichtung, welche
alle Anerkennung verdient und sindet.

Auch die riesigen Masten im Empfangsraume stehen
nicht mehr schmucklos: von ihnen wehen die Flaggen der
beiden Kaiserreiche und der größeren Bundesstaaten, das
großeFriedensfest, dasmorgen beginnen wird, mit zu feiern.
 
Annotationen