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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Bergau, R.: Zur Kenntniß der Nürnberger Goldschmiede des 16. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0325

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637

Kunstliteratur.

638

Um Gewißheit zu erlaugen, suchte ich in alten Wappen-
büchern nach den Wappen der Genannten des großen
Raths — als solche pflegten auch die Handwerker ein
Wappen anzunehmen — und fand endlich in einem
Manuscripte des Germanischen Museums (Nr. 28,694)
in einem „Genanntenbuche", welches ein „Verzeichniß
der fürnehmsten Leute" rc. enthält, den Widderkops als
Wappen des Goldschmieds Hans Petzold, von welchem
man bisher keine andere Arbeit kannte, als eine Medaille
mit dem Porträt A. Dürer's (Will, Münzbelustigungen,
Bd. I, Stück 49, und Jmhof, Münz-Kabinet Seite 726)
welche jedoch, wie E. Troß (Anzeiger für Kunde deutscher
Vorzeit, 1868, Spalte 162) gezeigt hat, nicht von ihm
sein kann. Von demselben Meister, welcher demnach der
Verfertiger oben genannter Pokale ist, sind, wie die
Marken angeben, noch zwei Pokale, sehr ähnlich dem
bezeichneten Kaiser-Pokal, früher im Besitz des Raths
der Stadt Nürnberg, jetzt Eigenthum des Herrn Treiber
in Nürnberg, ein dritrer, ursprünglich dazu gehöriger,
jetzt im Besitz des Freiherrn v. Rothschild in Frankfnrt,
und zwei Pokale von wesentlich anderen Formen, welche
aus der Frankfurter Ausstellung des Jahres 1875 zn
sehen waren. (Der eine von ihnen (Nr. 1634) im Be-
sitz des Grafen v. Eltz in Eltville, welchen ich srüher
(siehe Kunst-Chronik Bd. XI, Nr. 13) wegen der Aehn-
lichkeit mit zwei Pokalen in der städtischen Kunstsamm-
lung in Nürnberg, glaubte dem Paul Flyndt znschrei-
ben zu müssen, der andere (Nr. 1632) im'Besitz ver
Baronin Mathilde v. Rothschild in Frankfurt.)

Aus dem dargelegten Wege ist es somit gelungen,
die speziellen Marken der beiden vorzüglichsten
Goldschmiede des 16. Jahrhunderts, des Wenzel
Jamitzer (wurde Meister 1534) nnd des Hans Petzold
(wurde Meister 1578) sestzustellen. Mit Hülse dieser
Marken wird man nun auch die andern Werke der Meister
leicht erkennen. — Vielleicht glückt es später, dnrch ähn-
liche Manipulationen, auch die Marken noch anderer
Goldschmiede zu ermitteln. R. Bergau.

LmchlitkMtur.

Wiener Kunst-Renaissance, Studien und Charakteristiken
von C. von Vincenti. Wien, C. Gerold's Sohn,
1876. 464 S. 8.

Unter dem Titel seines Werkes will der Autor,
wie er im Vorworte bemerkt, das „Wiederaufleben der
bildenden Künste" in Wien seit dem Beginne der Stadt-
erweiterung, seit dem Herbst 1859, verstanden haben
und eine Schilderung, nicht aber eine Kritik dieser Be-
wegung bieten, weil, nach seiner Ansicht, eine solche Kritik
sich jetzt kaum von natürlichen Befangenheiten frei zu
halten vermöchte. Daß der Autor diesen Standpunkt
mit Konsequenz festgehalten, muß anerkannt werden; daß

er ihn überhaupt eingenommen, können wir nnmöglich
billigen. Wer einen Beitrag zur Knnstgeschichte einer
bestimmten Epoche liefert, der darf nicht rein deskriptiv
oder gar paneghrisch versahren, wie dies hier geschehen,
sondern soll kritisch darlegen, wie er und die Zeitgenossen
sich zu den Leistungen der geschilderten Kunstperiode ver-
halten, da hierin ein nicht zu unterschätzender Beitrag
zn einer weiteren, allgemeinen Wissenschaft, zur Kultur-
geschichte liegt. Am wenigsten dürfen die erwähnten
„Befangenheiten", deren Charakter sofort klar wird, wenn
man im Vorworte liest, daß der Autor aus „unmittel-
barem Atelierverkehr" geschöpft habe, als berechtigt oder
gar als „natürlich" hingenommen werden; denn so wie
es „natürlich" ist, daß der Künstler producirt, so ist es
nicht minder natürlich, daß der Kunstschriststeller kritisirt.
Daher dars der persönliche Verkehr zwischen Künstler
und Kunstschriftsteller keineswegs dem letzteren seinen
eigentlichen Wirkungskreis entziehen, sondern höchstens
mit dazu beitragen, daß jener Standpunkt eingenommen
werde, welchen wir bei jeder Kunstkritik gewahrt sehen
möchten: der Standpunkt wohlwollender Objektivität.

Mit der vorstehenden kurzen Bemerkung haben wir
das Grundgebrechen der besprochenen Schrift zur Genüge
charakterisirt und können uns nun zu ihren guten Seiten
wenden. Der Autor hat mit richtigem Blick die „monu-
mentale Baubewegung" in Wien seit 1860 zum Aus-
gangspuukte seiner Darstellung gewählt und die Archi-
tektnr überhaupt als die leitende Kunst in der jüngsten
Wiener Renaissance besonders berücksichtigt. Obgleich
nämlich alle jene geistigen, politischen und sinanziellen
Momente, denen wir den überraschenden Aufschwung der
Stadt Wien seit 1860 zu danken haben, den anderen
Künsten nicht minder als der Architektur zu Gute kamen,
hat doch unbestreitbar diese letzte Kunst es am meisten
zu einer reichen und selbständigen Entfaltung gebracht
und ihre so außerordentlich gestiegenen Schöpfungen haben
zunächst die Ansprüche und Leistungen auf den anderen
Kunstgebieten gesteigert, wo nicht hervorgerufen. Daher
ist es an sich gerecht, daß ein Drittheil des Buches der
Architektur gewidmet ist, und wir können nur nicht billigen,
daß über einzelne monumentale Staatsbauten, über die
neuen Museen, das neue Nationaltheater (Hosburgtheater),
den Reichsrathspalast, die Börse, die Akademie der bil-
denden Künste, die Universität und den Justizpalast seiten-
lauge, bis in die kleinsten technischen Details reichende
Beschreibungen, welche dem Laien viel zu viel und dem
Fachmann denn doch viel weniger bieten, als einige gut
ausgeführte Pläne, sich vorfinden, während ein für die
„Kunst-Renaissance" in Wien nach der historischen wie
kritischen Seite so bedeutsames Monument wie das
Opernhaus kaum nebenher erwähnt wird. Vollends ver-
nachlässigt ist die Privat-Architektur, welche auf kaum
zwanzig Seiten mit einer dürren Nomenklatur abgeser-
 
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