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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Thorbecke's Standbild in Amsterdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0331

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XI. Jahrgang.
Oeiträgc

stnd cmvr. C. v. Lützow

^ 25)od. andieVerlagsll.

(Aeipzig, Königsstr. 3),

21. Äuli

Nr. 41.

Inserate

ir 25 Pf. für die drei

187«.

Bciblatt znr Zcitschrift sür bildende Kunst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" gratis; für sich allein bezogen
kostel der Zahrgang 9 Mark sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Thorbecke's Standbild in Amsterdain. — Der Salon von 7876. III. — Die Mediceergräber in Florenz. — Jda Grafin Hahn-Hahn als Kunst-
kritiker. — Die kunsthistorische Ausstellung in Köln; MLnchener Knnstverein.— Bautzener Silberfnnd; Aquarellstudien von L. Rottmann; Frequenz
der Münchener Akademie; Schweriner Bildhauerarbeiten. — Neuigkeiten des Buch- nnd Kunsthandels. — Zeitschriften. — Korrespondenz der

Thorbecke's Standbild in Ämjterdam.

Zu den beiden Erzbildern Vondel's und Rem-
brandt's, welche die Größe Althollands in Dichtung und
Malerei verkünden, ist in Amsterdam ein neues Monu-
ment Hinzugekommen: die Statue Thorbecke's, dem sein
Volk damit zuerkennt, daß es ihm am meisten verdanke
für die Wiedergeburt des holländischen Staates und
Volkes seit 1830.

Amsterdam hat über Stadt- nnd Parteigetriebe
hinweg seine Ehre als Hauptstadt dadurch gewahrt, daß
es das Denkmal Thorbecke's in seinen Mauern haben
wollte. Diese Statue ist ein Wahrzeichen des Geistes,
in welchem die mit neuer Kraft sich erhebende Stadt
vorwärts schreiten und politischer Hauptort Hollands
sein will.

Das Geschlecht, unter dem Thorbecke als Denker
und Staatsmann ein Vorkämpfer war, stirbt dahin.
Schön ist es zu sehen, wie jetzt um die Todten die
schwere Wolke von Mißgunst, Verkennung nnd Partei-
haß zu Boden sinkt und ihr Bild klarer hervortritt in
der Anerkennung des Guten und Großen, was sie in
schwerster Zeit geschafsen haben, und der Ueberzeugungs-
treue in Glauben, Denken und Wirken.

Es galt nach 1830 Hollands Wiedergeburt. Das
alte, längst morsche Staaten-Holland war in der fran-
zösischen Revolution zusammengebrochen. Fremdherr-
schaft folgte. Dann der Versuch der europäischen Mächte,
ein neues Niederland zu gründen. Er nahm ein übles
Ende. Aber die belgische Revolution und ihre Ge-
fahren zwangen die HollLnder, sich wieder aus sich selbst
zu besinnen. Das ganze Volk erhob sich in Geist und

Wasfen. Erhebend blieb das Gefühl, wi^ es seine Ehre
gerettet hatte. Aber es galt weiter, den Anfschwung
festzuhalten, Holland mit neuer Kraft und neuem Geist
zu beseelen, damit es jenen Wahlspruch Seeland's durch-
halten könne: luotor st omei'Ao!

Noch lag die große Vergangenheit von 1570 —1670
nahe. Hier war ein anderer Grund, als wenn etwa
der Deutsche sür vergangene Größe sich in das srühe
Mittelalter zurückversetzen mußte. Die alten Tugenden,
durch welche Holland im 17. Jahrhundert so groß ge-
worden war, mußten im Volk neu gepflegt oder wieder
erweckt werden. Mannigsach waren die Ueberzeugungen
und die Wege. Das Rechts- und Freiheitsgefühl er-
kannten die Einen als höchste treibende Kraft im Kampf
der Väter; die Andern strengen religiösen Sinn, glaubens-
eifrigen Calvinismus. Hier begann man wieder den
alten Geist in der alten holländischen Kunst zu suchen
und zu erneuern, in Malerei und Dichtung — auch
in der Musik, —> dort wandte sich Einer zu der Philo-
sophie jener großen Zeit, in welcher Spinoza die Kühn-
heit, Konsequenz und Ueberzeugungstreue der holländischen
Denker verewigt hat. Nur die Streng-Katholischen
mußten für ihre Renaissance bis in die Vorreformations-
zeit, in die Gothik zurückgreifen.

Aber alle diese Männer waren im holländischen
Patriotismus einig. Unter dem Eindruck der Holland
feindlicheu belgischen Nevolution waren selbst die sonst
revolutionären Geister in Bezug auf Alt-Holland konser-
vativ. Der Umsturzgeist und der' vage Drang nach
Neuem fehlte hier, wo man im Holland der großen Zeit
die Freiheit und Größe gewahrte, die man nur wieder
neu zu erringen brauchte. Auch die heißblütigsten
 
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