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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Janitscheck, Hubert: Zur Charakteristik Franz Dreber's
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Die Ausstellung des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0350

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Die Ausstellung der Kunstvereine für die Rheinlande und Westfalen.

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Wort wäre jedes seiner Bilder, dächte man sich die
Figuren aus der Landschaft weg. In den geistigen
Organismus des Bildes also sind sie ausgenommen,
darum auch untrennbar und unlösbar von der um-
gebenden Landschast. Daß der Künstler außerdem hohe
Sorgsalt daraus verwandte, die Figuren in den sormalen
Organismus des Bildes hineinzukomponiren, ihre kolo-
ristischen Werthe für die koloristische Gesammtwirkung
genau abzuwägen, weiß der Verfasser dieser Zeilen auch
aus dem mündlichen Gespräche mit Dreber selbst. Ge-
wiß aber gäbe dies den Figuren noch nicht den natur-
nothwendigen Zusammenhang mit der Landschast, wären
sie nicht schon im ersten schöpserischen Gedanken mit
einander unlöslich verbunden gewesen.

Ich schließe diese kurzen Bemerkungen, die keinen
andern Zweck haben, als die Betrachtung auf einen oder
den andern Punkt hinzulenken, den sich eine Kritik gern
entgehen läßt, die fürchtet, falls sie über Untersuchung
von Zeichnung, Kolorit, Komposition u. s. w. hinaus-
ginge, kunstphilosophischer Velleiläten geziehen zu werden.
Man hätte aber mit solcher Betrachtung die Bedeutung
Dreber'scher Schöpfungen nnr in geringem Maße er-
kannt. Denn tiefen inneren Lebens war er voll, und
wie dies in persönlichem Verkehre überströmte, so pulsirt
es in noch größerer Jntensivität in seinen Werken. Unter
der Pyramide des Cestius, wo er von .seinem liebsten
Freunde, dem Bildhauer Gerhard in Rom, gebettet ward,
wirb sich wohl bald ein Denkmal erheben; ein schöneres
wird für ihn sein vie Liebe uno Verehrung der Deutschen,
die aus der Kenntniß seiner Schöpsungen keimen wird.
Leistete er doch, was die letzte Ausgabe der Kunst ist,
uns durch vie Pforte des Schönen in das Reich der
Jdeale zu sühren; die Wege dahin sind nicht leicht zu
sinden, Virtuosenthum und Dilettantismus haben zu
viel des Schuttes darüber gehäust.

Hubert Janitscheck.

Die ^ussteüung des Kuustvereins für die
Rheinlaude und Westfuleu.

Gutes Licht wurde bis jetzt sür das Hauptersorder-
niß eines Ausstellungslokals gehalten; von einem solchen,
ja von Beleuchtung überhaupt kann aber in dem Ranme,
welchen der Rheinisch-Westfälische Kunstverein zu seiner
großen Ausstellnng benutzt, nicht die Rede sein. Da
seit dem Branve der Akademie noch immer kein geeignetes
Lokal zu diesem Zwecke beschafft ist, geht vie Kunst
gleichsam um Unterkunst betteln und hat denn auch dieses
Jahr wiederum mit der städtischen Tonhalle vorlieb
nehmen müssen. Der Saal, in welchem sich die Ge-
mälde besinden, empfängt das Licht durch zwei Reihen
Fenster übereinander, die an jeder Seite angebracht sinv,
nnd ist außerdem ringsum von grünen Bäumen um-

geben. Den Malern, insbesondere den Landschaftern,
muß es in der That zu Muthe sein, als begingen sie
einen Selbstmord, wenn sie ihre Bilder diesen Reflepen
aussetzen. Ebenso gut könnte man Gemälde in einem
Walde ausstellen! Eine geistvolle Komposition läßt sich
vabei allenfalls noch würdigen, aber Farbenessekte und
Stimmungen sind gänzlich verloren. Um so peinlicher
macht sich denn die Gedankenarmuth fühlbar, welche in
jedem Jahre mehr hervortritt, und der wohl nur durch
vielseitigere Geistesbildung der Künstler aufgeholfen
.werden könnte. Das Alltägliche wird noch alltäglich
aufgefaßt und das Leben im nüchternsten Spiegel wieder-
gegeben; immer enger zieht sich der Kreis der Darstel-
lungen zusammen, immer reizloser wird die Auffassung
der Natur. Eine ehrenvolle Ausnahme macht hier
H. Knackfuß mit seinem Bilde: Byzantinische Gesandte,
welche einer orientalischen Fürstin, etwa der Frau eines
Mongolenhäuptlings, Huldigung und Geschenke dar-
bringen. Die höfliche Art der Byzantiner bildet einen
interessanten Gegensatz zu der Jndolenz der Asiatin,
welche, aus ihrem Ruhebett hingestreckt, nur durch eine
leichte Hanvbewegung die Annahme der Geschenke kund-
giebt, zu der naiven Neugierde ihrer Frauen, die sorg-
los auf die Fremden starren. Das Ungestüm der Race
tritt am meisten in dem Töchterchen der Fürstin hervor,
welche sich über die Lehne des Ruhelagers geworfen
hat und besser für vie Steppe, etwa auf den Rücken
eines wilden Pferdes paßte, als in diesen, freilich auch
etwas barbarisch geschmückten Prunksaal. Schade, daß
diese Zierathen, insbesondere der golvene Rand des
Bettes, zu sehr in's Auge springen und dadurch der
Figur der Fürstin Eintrag thun. Vor dem Lager rechts
müßte auch mehr Platz für die am Boden sitzenden
Frauen sein, die jetzt so wunderlich gekürzt erscheinen,
während wir den beiven Gesandten gern etwas von ihrer
Länge, welche durch den monotonen Faltenwurs noch
ausfälliger wird, abziehen möchten.

Fr. Tüshaus vertritt die historische Kunst durch
zwei Bilder, seinen „Germanicus am Rhein" und
durch die „Heilige Genoveva". Wenn der Kampf der
Deutschen und Nömer, theils am User des Rheines,
theils aus Booten, welche im Strome liegen, auch mit
Talent und Feuer dargestellt ist, so bleibt es doch ein
, großer Uebelstand, daß die Hauptfigur Vurchaus unbe-
veutend, sast schattenhast erscheint. Die Komposition ist
nicht srei von Manier, alle Bewegungen unv Mienen
sind peinvoll, gewaltsam; etwas Mäßigung, etwas Ein-
sachheit würde die Wirknng nicht abschwächen, sondern
erhöhen.

Die Genoveva, bei welcher dem Künstler engere
Grenzen gesteckt sind, gewinnt daher den Preis. Die
ernste, seierliche Stimmung, so unähulich der bei diesem
Gegenstand beliehten süßlichen Manier, führt uns das
 
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