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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Steche, R.: Die Hallen zu Ypern und ihre Ausschmückung durch Ferdinand Pauwels
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0355

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Nr. 44.

XI.Jahrgang.

Seiträge

sind an vr. C. V. Lülzow

25) od. an die Verlogsl).
(^erpzig, Königsstr. 3),

11. Mgust

Inscrate

1876.

Bciblatt zur Zcitschrift siir bildcude Kunst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" grati8; für sich allein bezogen
kostet Ler Zahrgang 9 Mark sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Die Hallen zu Ypern und ihre Ausschmückung durch Ferdinand Pauwels. — Korrespondenz: Stuttgart. — Wiener Akademie der bildenden Künste.
— Schwerin; Müuchener Kunstverein. — Rottmann-Fest und Rottmaun-Fresken; Professor Caspar Scheuren. — Zeitschriften. — Zuserate.

Die Hallen M Hpern und ihre ^usschrmickung
durch Ferdinand Pauivels.

Unter den vielen interessanten Hallenbauten, welche
noch jetzt die niederländischen Städte zieren, nehmen die
Tuchhallen von Apern neben denen von Brügge mit
Recht die erste Stelle ein. Sie überragen an Alter,
Ausdehnung und künstlerischer Durchsührung jene von
Gent und Löwen, Diest und Mecheln. Die Macht und
der Reichthum Merns, melche es in Gemeinschast mit
Brügge und Gent an die Spitze aller übrigen belgischen
Städte des Mittelalters stellten, ossenbaren sich in dem
Hallenbau ebenso wie die demokratische Stadtverwaltung
durch denselben charakterisirt wird. Nach den Angaben
aus dem Archive der Stadt wurde der Grundstein im
Iahre 1200 am 1. März gelegt durch Balduin I. von
Konstantinopel, Grasen von Flandern, und nach der
preisgekrönten Schrist von M. Lambin „Neuioirs 8ur
ITullö uu Drup>8 ll'H6i'8" ist der Thurm oder
Belfried der älteste Theil, der rechte Flügel, in den
Akten der Stadt als „alte Halle" bezeichnet, wnrde
1230, der entgegengesetzte 1285 ausgebaut. Der rechte
Theil der Hinterfayade wurde erst 1342 vollendet. Das
Gebäude bildet ein gewaltiges Rechteck und ist ein
Backsteinbau, dessen Details in Haustein ausgeführt
sind. In das Jnnere des Erdgeschosses führt eine Reihe
osfener, jetzt zum Theil vermauerter Zugänge, über
welchen durch zwei Geschosse sich dichtgedrängte Fenster-
reihen von gleicher Höhe im frühgothischen Stile ordnen;
über ihnen zieht sich ein reizvoller Spitzbogenfries längs
der Fayaden herum, welcher von schlichten Zinnen bekrönt
wird. Als einziger Schmuck dieser, obwohl etwas ein-

förmigen, doch mächtig wirkenden ernsten Anordnung
dienen an den Ecken Erkerthürmchen, nnd dieses Motiv
wiederholt sich an dem schweren viereckigen Glockenthurm,
welcher sich aus der 133,10 Meter langen Hauptfayade
erhebt. Solche Glockenthürme (Belfried, Bergfried,
Beffroy) wurden von den freien Städten eigener Ge-
richtsbar.keit mit Vorliebe errichtet, um durch ihren
Glockenklang die Bürger bei drohenden Gefahren
zusammenzurufen und die Feuersbrünste anzuzeigen.
Seit 1860 hat die Fayade ihren ursprünglichen plastischen
Schmuck zwischen den Fenstern des ersten Geschosses
zurückerhalten: die Standbilder von 31 „Grafen von
Flandern" und ihren Gemahlinnen, von Balduin dem
Eisernen (863 — 874) bis Kaiser Karl V. sind von P.
Puyenbroeck in Brüssel von Neuem ausgeführt. Die
früheren 12 von 1513 wurden von den Franzosen 1792
herabgestürzt.

Das Jnnere des Gebäudes birgt einen gewaltigen
Saal von 50 Meter Länge und 30 Meter Breite, und
dieser ist es, welcher durch Ferdinand Pauwels' Meister-
hand geschmückt werden soll. Bestimmend für die An-
ordnung der Gemälde war der freiliegende Dachstuhl,
dessen vor der WandflLche stehende Stützen die Wand
in einzelne Theile zerlegen. Die fämmtlichen Verbin-
dungsstücke des Dachstuhls sind einfach mit der Axt zu-
gerichtet, und da man die einzelnen Hölzer je nach ihrer
Länge und Stärke möglichst auszunutzen suchte, ergaben
sich Unregelmäßigkeiten, welche für den die Gemälde
ansertigenden Künstler wohl zu beachten waren. Der
Dachstuhl ist aus Kastanienholz gearbeitet und ist so
ausgezeichnet erhalten, als sei er jüngst gezimmert;
nicht mit Unrecht schreibt man diese Erhaltung dem
 
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