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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Die Festbauten in Leipzig
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0405

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797

Korrespondenz.

798

öffeutliche Kuustiutereffe zu beleben, zu einer einem großen
und wohlhabenden Gemeinwesen würdigen Bauthätigkeit,
zu ösfentlicher und privater Pflege des guten Geschmacks
.anzuregen, so ist diese Wendung nicht zum kleinsten Theile
das Verdienst des verewigten Bürgermeistcrs. Sowohl
der Museums- als auch der Theaterbau sind bleibende Ruh-
mesmale seiner stets von weiten Gesichtspunkten bestimm-
ten Amlsführung. Jn seinen letzten Lebensjahren trug er
sich mit dem Gedanken einer Erweiterung des Museums,
dessen Räume allgemach sür die sich ansammelnden Kunst-
schätze zu enge werden. Vielleicht giebt der jetzige Fest-
ban einen Fingerzeig, wie der Gedanke auszusühren ist,
um zugleich den Bedürfnissen des Musenms und der
besseren Gestaltung des Augnstusplatzes Rechnung zu
tragen. Außerdem lag ihm noch besonders die Entwick-
lung der jüngst begründeten und von Professor Nieper
geleiteten Gewerbeschule am Herzen, sowie der Wunsch,
dieselbe mit dem noch immer in ermietheten Räumen
vegetirenden Kunstgewerbemuseum nnter ein Dach zu
bringen. Ein im vorigen Jahre zu diesem Ende vor-
gelegtes, an sich sehr gefälliges Projekt des Architekten
Vieweger scheiterte an dem Widersprnch der Stadt-
verordneten gegen den gewählten Platz, dessen versteckte
Lage und ein dreieckiges Gebäude bedingende Gestaltnng
nicht mit Unrecht als Momente der Unzweckmäßigkeit
geltend gemacht wurden.

Korrespondeiy.

Frankfurt a/M. im September.

Die Krachdornen umwuchern noch immer Handel
und Industrie. So lange Koch und Hofstaat schlasen,
wird man es auch der Kunst nicht verargen, wenn sie,
wie weiland Dornröschen, ein wenig „dämmert". Tausend
und eine Nacht, so viele sind es ja wohl jetzt bald, seit-
dem Wien die Josephsrolle übernahm und den Traum
vom Schlarasfenzeitalter, diesem kostbaren, tragikomischen
Gründermärchen, so drastisch deutete. Nach dem lnstigen
Fastenscherz ist die Aschermittwoch angebrochen. Das
ist so der Lauf der Welt. Die Kalendermacher wollen
es sogar vorausgewußt, wenn auch nicht gesagt haben.
Murren wir nicht! Eine solche Einkehr that unserer
Kunst noth und hoffentlich thut sie ihr gut. Die Spreu
wird jetzt vom Weizen gesondert werden, und es wird
sich manche tüchtige Kraft in der Kunstindustrie Verdienst
erwerben können, die in der eigentlichen Kunst zu leicht
befunden. Glück auf!

Jn günstiger Lage sind jetzt die sicher dotirten
Museen. Wenn die Frankfurter Kunstfreunde befürchteten,
daß das Staedelffche Kunstinstitut durch seinen Neubau
gezwungen wäre, seine Ankäufe einzuschränken, resp. ganz
zu sistiren, — wer bauen will, muß zwei Pfennige für
einen rechnen — so hat sich diese Befürchtung gottlob

nicht erfüllt. Abgesehen von den namhaften Erwerbungen
für das Kupferstichkabinet in der Auktion Kalle hat auch
die Galerie eine schätzenswerthe Bereicherung erfahren:

1) Landschaft von A. Cuhp aus der Sammlung
Schneider, auf Holz, 50/75 Cm. Bez. A. Cuhp. Preis:
8070 Mk. Die warme Luft und das Verschwimmen
der Ferne in derselben sind unvergleichlich schön. Was
sich im Niederländer Saal an Landschasten besindet, wirkt
frostig kalt dagegen. Jenes Verschmelzen von Lust und
Terrain im Hintergrunde beruht auf einer scharsen Beob-
achtung der Natur, in der eine abgeschnittene Begren-
zung selbst beim heitersten Himmel nicht vorkommt. Von
den neueren Landschaftern hat das keiner besser beobachtet
und virtnoser dargestellt als der Meister der Lüfte,
Eduard Schleich. Bedauerlich ist bei dem Cuyp'schen
Bilde die Geschmacklosigkeit in der Stafsirung. Dieser
Schäfer mit seinen Schafriesen ist, im Verhältniß zn
der Hütte rechts und den beiden Figuren vor derselben,
ein würdiger Kollege Polhphem's, nicht gleichend

/L k7crcx/)tt^co, jnc^- st/l^Ln^c

2) Landschaft von Teniers. (Kupfer, 50/66 Cm.
Sammlnng Tesse. Bez. David Teniers. Pr.: 2439 Mk.)
Eine Iugendarbeit, die Kuh links im Vordergrund ist
noch im Archenoahstil gehalten. Voll Humor sind die
kleinen Schweine als „Portlicker".

3) Winterlandschast von Iakob Ruisdael. (Lein-
wano, 38/33 Cm. Sammlung Lippmann. Pr.:l839Mk.)
Ein geräucherter Schnee. Die Galerie befaß schon eine
ähnliche, nicht so stark nachgedunkelte, Arbeit des Meisters.

4) Frauenporträt (Heilige?) von B. v. Orley.
(Knpser, 40/27 Cm. Pr.: 1680 Mk.) Das Bild ist
dem Orley in der Auktion Ruhl sehr ähnlich. Der
warme bräunliche Fleischton, die liebevolle Durchbildung
auch des Beiwerks, das trauliche Zimmer, machen es
zu einem hochinteressanten. Dabei ist es vortresflich
erhalten. Ansfallend ist die Verwendung von Kupfer
als Maltasel in dieser Zeit.

5) Weibliches Brustbild, (Holz, 15/20 Cm. Samm-
lung Marcille. Preis: 3153 Mk.), srüher dem Clouet
zugeschrieben. Es ist neben den Holbein aus der Samm-
lung Brentano gehängt, womit hoffentlich keine Andeu-
tung bezweckt ist. Ein Franzose dürste doch wohl am
geeignetsten Gevatter stehen. Leider hat das Bild stark
gelitten. Der Hals hat seine Lasuren fast ganz ein-
gebüßt, aus der Stirn und der rechten Wange machen
sich Restaurationspflästerchen unangenehm bemerklich.
Trotzdem wirkt der Fleischton, der sich vom grünen
Hintergrunde lenchtend abhebt, noch immer bestechlich.

6) Brustbild des „Martinus de Noirlieu" von
Ph. Veit. (46/39 Cm. Leinwand. Preis: 1714 Mk)
Es dürste wohl zu dem Besten gehören, was die neu-
deutsche Schule in der Porträtmalerei aufzuweisen hat.
Das unmittelbare Leben im Kopfe wirkt fast erschreckend,
 
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