Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

DOI Artikel:
Berggruen, Oskar: Rubens und Rembrandt, [2]
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0236

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
463

Nekrolog.


ein; genauer ist seine Stelle in der Rnngliste ver großen
Männer nicht zn bestimmen. Nach seinem Tode scheint
er, wie bei Lebzeiten, das Privilegium bewahrt zn haben,
den Thronsitzen nahe zu sein und in ihrer Nähe sich
stattlich auszunehmen. Dennoch aber wäre die Erschei-
nung van Dyck's nicht zu erklären ohne jene Sonne,
welche ihn niit so schimmernden, farbigen Reflexen über-
glänzte. Wüßte man nicht, daß van Dyck ein Sohu
vvn Rubens sei, unv kvnnte man ihn nicht so benennen,
so würde das Geheimniß seiner künstlerischen Geburt
die Kunstgeschichte gewaltig bcschäfligeii, und sie würde
ihn, in historischer Beziehung, bezeichnen müssen: Unbe-
kannter Meister!" Oskar Berggruen.

Nekrolog.

Karl Maycr -s. Umer den Männern, welche im
Laufe Les vorigen Jahres der Wiener Kunstwelt durch
den Tod entrisscn wurden, war Karl Mayer wohl einer
der weniger gekannten und besprochenen, obgleich er, durch
Können und Wissen gleich ausgezeichnet, persönliche
Liebenswürdigkeit und eine echte Künstlernatur in sich
vereinigte. Er hatte die Reklame, welche gegenwärtig
für den Werth von Künstlern nnd Kunstleistungen in
gewissen Kreisen häufig allein als maßgebend gilt, für
sich nie in Anspruch genouimen, er lebte und schaffte in
stiller Zurückgczogenheit, jedoch mit aufrichtiger Kunst-
begeisterung; und wenn auch sein Ruhm nicht weit
durch die Welt klang, so hingen doch jene, die ihm nahe
standen, mit solcher Liebe und Berehrung an ihm, daß
sie seinen Verlust nachhaltig auf das schmerzlichste
empfinden. Ueber Karl Mayer's Lebcnsgang läßt sich
nicht viel erzählen; er hatte keine bedeutenvcn Kämpfe
durchzumachen, seine Kunstleistungcn verschafften ihm stets
die Mittel für seine beschcidencn Ansprüche, bis er, im
Hafen der ckkademischen Professorswürde angelangt, gegen
die Wechselfälle des Lebens einen sicheren Schutz fand.

Karl Mayer erblickte das Licht der Welt am
18. Januar 1810 zu Wicn in der damaligen Vorstadt
Erdberg als der Sohn eines, nach dem Wiener Sprach-
gebrauche sogenanntcn „kleinen Beamten", welchcr eben
nicht besonders mit irdischen Gütern gesegnet war und
schon starb, als Karl noch im zartesten Knabcnalter
stand. Seine Mutter mußte nach ihres Mannes Tode
ihr und ihrer Kindcr Leben mit einer kargen Pension
fristen, doch genoß sie auch cine Unterstützung von dem
Bruder ihres Gatten, welcher, nnverheirathet, Rechnungs-
rath einer Hofbnchhaltung war und sich dcr Verwaisten
väterlich annahm. Nach dem Wunsche seines Onkels
sollte Karl ebenfalls Beamter werden; doch wLhrend sich
der Knabe noch in der Volksschule befand, offenbarte sich
in ihm schon ein so auffallendcs künstlerisches Talent,
daß der Oheim selbst nach einigem Widerstreben vem
begabten Nesfen seine Einwilligung zum Betreten der
Künstlerlaufbahn nicht lange vorenthielt. Er besuchte
nun die Akavemie unter Professor Gselhofer und pflegte
nebenbei das Naturstudium im figürlichen wie im
landschafklichen Fache mit großem Eifer. Jm Laufe
seiner fortschreitenden Entwickelung machte Karl Mayer
alljährlich Sludienreisen nach OberLsterreich, Salzburg,
Tirol, Oberitalien, an den Rhein u. s. w. und brachte

behufs seiner Ausbildung auch cinige Zeit in Piüucht"
zu (1834), wo damals unler der Aegive KvnigLudwigst^'
Künstler und Kunstjünger aus aller Herreii Länver
zusammenfanden.

Mit besonverer Vorliebe durchforschte Karl BiaY^
auch vie näheren und ferneren Umgebungen Wiens; st
wußte mit wahrem Künstlerauge vie in vcn verschiedc"'
sten Regione» befindlichen malerischen dialurschönhcisc>>
aufzufiuden und war stcts gern bereit, über biesc sc»»
Entdeckungen vie genaueste Auskunft zu ertheilen.

Währenv seiner akademischen Studienjahre verkehr^
er häufig im Hause des damaligen Kustos a»'
k. k. Belvedere, Karl Ruß, welches ein SammelpliE
von jungen Künstlern und Musikern war; dort lei'»»
er auch kurz vor dessen zu frühein Tode Franz Schubc>
kcnnen, dessen unsterbliche Lieder er trefflich vorzutragc»
wußte. Ueberhaupt war Karl Mayer ein bcgeister'lcj
Verehrer gediegener, besonders deutscher Musik, unv cs
klagte später iu seinen Briefen aus Rom vielfach, v-'U
schmerzlich er vort die deutsche Musik entbehre
wie widerlich ihm das fadendünne Geplärre der Kastratc"

! in den Ohren klinge. Seinen Aufenthalt in Münchc»
und die sommerlichen Ausflüge abgerechnet, lebte KaZ
Mayer zu Wien in geräuschloser Thätigkcit, bis er fuj
ein Gemälde, „Prometheus weist die ihm durch Mcrkstj
überbrachte Pandora zurück", mil dcm großen Prc'st
ausgezeichnet wurde nnd das Künstlerstipendium erhicl>^
um als k. k. Pensionär nach Jtalien gehen zu könneU,

Jm Zahre 1842 tral er die Reise nach Rom »>
und traf daselbst am 11. Nov. ein. Da er alleiu »»(
der italienischen Sprache nichl mächtig war, hallc c(
auf seiner Römerfahrt, welche man zu jener Zcit allcs'
dings nock nicht im mehr oder minder bequemen Eisc'h
bahncoups zuiücklcgeu konnte, mit allerlei Widerwärtib'
keiten zu kämpsen; auch vermochte er sich nur erst »»>-
geraumer Zeit allmählich mit dem römischen Lebcn Zj
befreuuden; zuletzt wurde er jedoch dort so heimisch, dstb
er sich nur sckiwer von Rom trennte, und ihm nur sst
Sehnsucht nach seinen Frennden in Wien und schlicßl'd
die politischen Verhällnisse nach 1848 den Abschicd vv'
Jtalien erleichterten. Während seines mehrjährig^
Aufenthaltcs in Rom machte er wicdcrholte Ausflüge 'st
die Campagna, Lie Abruzzcn, nach Neapel und
auch ein gern gesehener Gast in dem Sommeraufcnthallc
des damaligen österreichischen Gesandten Grafcn vc>
Lützow in Albano. Höchst interessante Aufschlüsse übc'
Karl Maycr's Leben und Streben in Jtalicn gcnd
dessen an seine Wiener Freunde gerichtelen Briefe, wcläb
überdies einen erfreulichen Einblick in sein reiches Geistc"j
leben und sein für alles Schöne und Edle empfäiiglichd
Gemüth gewähren.

Wenn die Früchte von Karl Mayer's Aufenthm
in Jtalien in keinem größeren Werke zu Tage tratt^
so mag wohl die Ursache darin liegen, daß seine Si»'
weniger die Technik, als ein unerschöpsticher Neichtlst»
an Jdeen war. Bon der großartigen Natur und fs
nicht minder erhabenen Kunstschöpfungeii dcr civig^^
Roma mächtig angezogen, vermochte er nie, sich zu konzc',
triren und schied nach einem mehrjährigen Ailseiith-st>
aus Rom, ohne auch nur ein einziges größeres B>
vollendet zu haben; dagegen füllten stch seine Mappst^
mit ciner Unzahl von Studien und Entwürfen, >» .
denen er, wohl auch häufig bekannte nnd befrcnndc,
Künstler versorgte, welche nicht ermangelten, dieselben l
 
Annotationen