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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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715

Korrespondenz.

716

figürlichen Darstellungen an den Plafonds und die
Landschaften in den Lunetten schufen, ebenso die Deko-
rationsmaler, welche die Arabesken ausführten, sind in
trefflicher' Weise iu die Jntentioncn des Architekten ein-
gegangen; überall klingt der malerische Schmuck in
wirkungsvollster Weise mit der Architektur zusammen.

Die Maler, welche sich an der sinnigen Aus-
schmückung des Jnnern betheiligten, sind Prof. Große,
der in dem Deckengemälde des oberen Foyers das Leben
des Dionysos, als des Urbildes eines dramatischen
Helden, in fünf Feldern zur Darstellung brachte; ferner
die Professoren Hofmann und Gonne, welche die
Decken in den beiden an das Foyer angrenzenden Ve-
stibulen malten, indem ersterer eine Apotheose verklärter
Helden des Alterthums, letzterer eine solche von Helden
der romantisch modernen Zeit gab. Ebenso sind die
Landschaftsmaler Choulant, Gärtner, Mohn,
Müller, Oehme, Preller, Rau und Thomas zu
nennen, welche in den Lunetten der erwähnten Vestibule
die Schauplätze epochemachender Dramen und Opern
vorführen. I. Marshall endlich malte den Plafond
des Zuschauerraums wie den Prosceniumfries. Dem
Plafond, der in reicher ornamentaler Gliederung auf
Goldgrund allegorische Gestalten, wie die Musen
Griechenlands, Englands, Frankreichs und Deutschlands,
fcrner Dichterbildnisse und Embleme enthält, liegt eine
Skizze des genialen Erbauers des Hauses, Gottfried
Semper,zu Grunde; in dem Friese stellte Marshall
die poetische Gcrechtigkeit umgeben von den hervorragend-
sten und bekanntesten Charakteren des Dramas dar.
Ueber die Wirkung des von F. Keller in Karlsruhe
gemalten Vorhangs steht ein Urtheil noch aus, da
letzterer noch nicht sichtbar ist.

Anch der Plastik wurde in dem Schmucke des
Außenbaues eine schöne Aufgabe zu Theil. Jn einem
wohlgeordneten, einheitlichen Gedankengange correspon-
dircn die Sculpturen des Aeußeren mit den Malereien
des Jnneren, und in der kolossalen Gruppe des Dionysos
und der Ariadne aus panthergezogcnem Wagen, welche
die den Haupteingang markirende Exedra krönt, findet
das Ganze seincn künstlerischen Abschluß. Die Gruppe,
von Schillings Meisterhand modellirt, ist in Bronze, die
übrigen Bildwerke sind in Sandstein ausgeführt. An
obige Hauptgruppe schließen sich, ebenfalls noch an der
Exedra, die Statuen der Melpomene, Thalia, Poly-
hymniaund Terpsichore, von den Schilling'schen Schülern:
R. Hölbe, G. Dielmann, H. Epler und R. Ockel-
m ann. Jn dcn Nischen des Foyerbaues sodann haben
die sitzenden Dichtergestalten, Sophokles und Euripides,
Shakespeare und Moliöre, Schiller und Goethe wieder
Platz gefunden, welche bereits den Rundbau des alten
Theaters schmückten und vom Brande verschont geblieben
sind. Acht Gruppen von je zwei Figuren endlich beleben

auf den Balustraden der Unterfahrten die Seitenfronten,
Darstellungen, welche in großen, allgemeinen Typen dw
Grundstoffe aller dramatischen Dichtung versinnbildlichcii'
Diese von den Bildhauern Kietz, Möller, Hultsch,
Härtel, Dietze, Echtermeyer, Broßmann und
Bäumer gefertigten Gruppen sind: Zeus-Promethcus,
Antigoue-Kreon, Jason-Medea, Satyr-Bacchantin, M«c-
beth.-Norne, Faust-Mephisto, Don Juan-Steinerncr
Gast und Oberon-Titania. Die Arbeiten erscheineu ii»
Allgemeinen recht gelungen; nur müßten sie in eincw
etwas größeren Maßstab ausgeführt sein. Zu bedauern
bleibt auch, daß das mächtige vordere Giebclfeld keinc»
plastischen Schmuck erhalten hat. Jm Jnnern dcs
Hauses sind von Sculpturen zwei hübsche Figuren, Attwi
undPsyche, hervorzuheben, welche Hultsch für dieNischc"
des Prosceniums geliefert hat. Ebenso mag noch cr-'
wähnt sein, daß die ornamentalen Sculpturen meist vo»
einem jüngeren Sohne des Meisters Semper hel-
rührcn. Ein ältererSohn desselben, Manfred Sempcr,
ein tüchtiger Architekt, ist bekanntlich mit der Baufüh'
rung betraut.

Was sonstige Erscheinungen unseres Kunstlebcn^
betrifft, so sahen wir kürzlich eine ansprechende größerc
Landschaft, welche Fr. Preller jun. im Auftrage eine^
Leipziger Kunstfreundes in Wachsfarben ausgeführt hatlc-
Dieselbe zauberte in stilvoller Auffassung und natur-
wahrer Behandlung die Reize des Comer-Sees, dc§
schönsten der italienischen Seen, dem Beschauer vo>
Augen. Ebenso war im Atelier des Oberstlieutenaill
v. Götz eine gute Arbeit dieses talentvollen Schlachteiv
malers vffentlich ausgestellt. Das frisch und lebend>ö
gemalte Bild führt das 2. preußische Garderegiment Z"
Fuß beim Sturm auf St. Privat vor und ist, de>n
Vernehmen nach, von einem Grafen Luckner in Berl»'
bestellt worden, zum Zwecke der Schenkung an das »'
demselben verherrlichte Regiment.

Ferner machte die Kunsthandlung von A. Ernh
die hiesigen Kunstfreunde durch eine treffliche Arbeit »»^
E. v. Gebhardt bekannt, einem Maler, der bis jetzt
dem Namen nach hier bekannt war. Zugleich w>»
eine meisterlich gemalte Marine von Andreas Achc>»
bach in dem Magazine des genannten Kunsthändlcrd
ausgestellt, welch letzterer überhaupt in reger und dankend-
werther Weise bemüht ist interessante Novitäten vorz»
führen. Unter warmer Theilnahme des Publikums w>»
auch im hiesigen Rathhause das künstlerisch ausgeführtc
Ehrenbürgerdiplom öffentlich ausgestellt, welches d»
Stadt Dresden Sr. Exc. dem Minister Frhrn.
Friesen überreicht hat. Die geschmackvolle, schöne
führung der Urkunde ist das Werk der Herren Grafl
und Rade. Ersterer ist bekanntlich Director der hiesigc»
Kunstgewerbeschule, letzterer Lehrer an derselben. Frh>'
v. Friesen hat seinen künstlerischen Neigungen folge»^
 
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