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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Berggrue, Oskar: Der neue Katalog des Museums in Brüssel
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0370

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Der neue Katalog des Museums in Brüssel.

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kannten Meistern. Ein Bildniß des Kaisers Maximi-
lian I. (Nr. 408) ist gut gearbeitet, aber kaum nach
der Natur; außer diesem Porträt sind noch zwei
Donatorenbildnisse (Nr. 378 und 379), ein männliches
und ein weibliches, wegen der feinen Jndividualisirung
bemerkenswerth. Die übrigen Erwerbungen umfassen
fast ausschließlich Heiligenbilder der alten niederlän-
dischen Schulen, deren Meister nicht festgestellt werden
konnten; eine „Anbetung der Hirten" (Nr. 376), ein
durch die genreartige Behandlung des Mittelbildes auf-
fallendes Triptychon, trägt zwei monogramm-ähnliche
Bezeichnungen, deren Bedeutung bisher nicht aufge-
klärt wurde.

Die Erwerbungen aus den neueren Schulen sind
der Zahl und dem Werthe nach ungleich bedeutender.
Wir verzeichnen eine hübsche allegorische Darstellnng des
Herbstes vom Sammetbrueghel, 1876 um 2500
Francs augekauft; dann das „Jnnere eines Bauern-
hauses" von Govert Camphuysen aus dem Jahre
1650, welches bei der Auktion der Sammlung des
Herrn von Lippmann-Lissingen um 7056 Francs er-
standen wurde. Ein schöner, nicht bezeichneter Frans
Hals, das Bildniß von JanHoornebeek, Professor an der
Universität zn Leyden, aus dem Jahre 1645, wurde mit
20,000 Francs nicht theuer bezahlt; es ist ungleich sorg-
fältiger ausgeführt, als das im Jahre 1870 um 17,000
Francs angekaufte, monogrammirte Porträt von Willem
van Hehthuyzen, Gründer des „Hofje van Heythuyzen"
in Haarlem, woselbst der bekannte Rembrandt-Forscher
Vosmaer es als ein Werk des Meisters erkannte.
Ein herrlicher, voll bezeichneter Hobbema aus dem
Jahre 1663, welcher eine mit reicher Staffage (von
Barent Gael?) versehene Partie aus dem Haarlemer
„Holz" darstellt und 1874 um 60,000 Francs ange-
kauft wurde, ergänzt eine Lücke des Musemns, das
früher gar kein Bild dieses Meisters besaß, in der
wünschenswerthesten Weise. Zwei biblische Bilder mit
lebensgroßen Figuren von Jan Metsys (Massys), dem
unbeveutenden Sohne des merkwürdigen „Schmiedes von
AntwerpeiL", haben mehr einen lokalpatriotischen, als
kunstgeschichtlichen Werth; eines derselben trägt die Be-
zeichnung: „1565. ckouiws Nussiis pinAsdut". Sehr
hübsch ist ein 1875 bei der Auktion Schneider in
Paris um 15,750 Francs erstandenes Bild in Tages-
stimmung von Aart vanderNeer „Wintervergnügen".
Ein 1872 erworbenes, monogrammirtes Stillleben
(Blumen nnd Früchte) von Antonio de Pereda, dem
hauptsächlich als Porträtmaler hervorragenden spanischen
Meister (1599—4669), ist nicht bloß wegen der treff-
lichen Faktur, sondern auch deßhalb bemerkenswerth, weil
man diesen Künstler außerhalb seines Vaterlandes nicht
oft antrifft. Ein Glanzpunkt der neuen Acquisitionen
des Museums sind zwei herrliche Brustbilder in Lebens-

größe von Rubens, deren Entstehungszeit, zwischen
1617—1618, nach Angabe des Katalogs auf interessante
Weise, durch einen niederländischen Vorläufer des
Gothaer Almanachs, konstatirt werden konnte. Die
Porträts stellen einen belgischen Edelmann Jean Char-
les de Cordes und dessen zweite Gemahlin, Jacqueline
van Caestre, vor und wurden 1874 den Erben der
Gräfin von Beaufort um 130,000 Francs abgekauft-
Sehr ansprechend ist ein Jnterieur der Bildergalerie
des Erzherzogs Leopold Wilhelm von dem jüngeren
David Teniers aus dem Jahre 1651, welches sich
den Teniers'schen Ansichten dieser Sammlung in Wien,
Madrid u. a. O. anschließt. Auf dem 1873 um nur
30,000 Francs erworbenen Brüsseler Bilde — es ist
96 Centimeter hoch und 128 breit — steht der Erz-
herzog in der Mitte vor einem mit Bronzen, Medaillen
und Zeichnungen beladenen Tische und betrachtet auf-
merksam eine Zeichnung, welche Teniers ihm zeigt;
hinter dem Prinzen halten sich zwei Hofherren, von denen
einer eine Bronzefigur in der Hanb hat. Die Wände
der Galerie sind ganz mit Bildern bedeckt, die zuin
großen Theile sich noch heute im Belvedere befinden. Es
wäre zu wünschen, daß die österreichische Regierung sich
bemühte, dieses Bild im Wege des Tausches oder Kaufcs
von dem Brüsseler Museum zu erwerben, oder daß zuw
Mindesten gute Kopien dieses und des Madrider Bildes
im Wiener neuen Hofmuseum neben dem Teniers'schen
Originale des Belvedere aufgehängt würden. Nirgenbs
hätten die Teniers'schen Ansichten der Sammlung des
kunstsinnigen Erzherzogs einen so legitimen und sachlich
berechtigten Platz, wie im Wiener Hofmuseum, das ihr
so kostbare Hauptbestandtheile zu danken haben wird
und für welches die erwähnten Darstellungen einen ge-
malten lidsr vsritutis bilden. Außer dem eben be-
sprochenen Prachtstücke sei von dem jüngeren David
Teniers noch eine Landschaft verzeichnet, welche erst
vor wenigen Monaten vom Kunsthändler Sedelmeyer
um 10,000 Francs erworben wurde; dem vielgewanber-
ten, nicht gerade bedeutenden Bilde sei nun die ewigr
Ruhe gegönnt! Ein treffliches Familienbild von Cor-
nelis de Vos d. Ae. (188 Centimeter hoch und 160
breit), um nur 17,000 Francs im Jahre 1870 ange-
kauft, gehört ebenfalls zu den glücklichsten Errungen-
schaften des Museums. Es stellt den Künstler, dessen
Züge bekanntlich durch seinen Freund van Dyck ver-
ewigt wurden, mit seiner Frau und zwei Kindern in
ganzer Figur und in Lebensgröße dar, und zeichnet sich
durch meisterhafte Gruppirung, lebensvolle Durchbildung
der Personen und warmes Kolorit aus- Ein Kirchen-
interieur von Emmanuel de Witte aus dem I. 1685
und eine durch hohen Reiz der Farbe und der Stimmung
fesselnde Landschaft von Wynants, welche der Katalog
unseres Erachtens ohne Grund als muthmaßliche Rhein-
 
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