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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 13.1878

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Die akademische Kunstausstellung zu Berlin
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Tidemand-Ausstellung in Christiania
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https://doi.org/10.11588/diglit.5787#0008

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Tidemmid-Ausstellunc; in Christiania.

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Romantiker auf solchen Pfaden. Und doch wnrde der
gleichsam angeborene Adel dcr Auffassnng und das
ftine Gefühl für das Schickliche den Künstler gcrade für
das Porträt besondcrs bcfähigen. Obwohl dic Damc
fast bis zu drei Bierteln ihrer Gestalt dargestellt ist,
dvminirt doch der cdel geschnittenc Kopf, in dem ein
nornehmer Gcist wohnt, in einem Maße über die ganze
F'üur, daß man kaum ein Auge auf die mit Siccht
änßerst schlichi bchandelte Nobe wirft. Am deutlichsten
wird der Werth dcs Heyden'schen Porträts, wenn man
cs mit den cleganten Zierpüppchcn im fashionabclsten
Modckostüm vcrgleicht, die Gustav Gracf ausgcstellt
hat. Allerdings haben die hübschen, rosigen Gesichter
wohl nicht viel zu sagcn; es ist aber immerhin be-
dauerlich, daß cincr unser vornehmstcn Porträtisten sich
fo zum Modemaler dcgradirt.

Mit Liesem Siebengcstirn ist die Reihe der Porträt-
waler abgcschlosscn, die mir der Erwähnung werth er-
schcinen. Alle übrigen, dic man sonst zn ncuncn ge-
wohnt ist, smd vollzählig vertreten. Abcr keiner von
^hnen ist der Unsterblichkcit eincn Schritt näher gekomincn.

Tidemand-Ausstellung iu Thristiania.

Die Ansstcllung, welchc währcnd der Sommcr-
nwnate oiescs Jahres in den Lokalitäten der Univcrsität
§u Christiania stattfand, bildct ein wichtigcs Momcnt
>n dcr neneren Kunstgcschichte Norwcgcns nnd zcugte
n>cht nur von der künstlcrischen Begabung cinzeliier
^Rcijter, sondern auch von dem mehr und mehr er-

wachenden Jnteresse des Publikums an dcn Leistungen
b» Kunst.

Cs galt oicSmal hauptsächlich, die Werkc des süngst
Neistorbenen norwegischcn Meistcrs Adolf -r.idcmano
^nr Ausstellnng zu bringen, und cs gelang auch glück-
^'ch, eine große Anzahl von Bildern dicscs Meisters, die
nhc schaii ii^ st>st^>^ Hünp^ii stnd sim Ganzen 59 Num-
wcrn), vorzuführcn. Leider fchlten gcrade cinigc sciner
^aupiiverke, wie „Der Brantzug durch den Walv ,
,'Rcni,lhwrj.agd" rc., durch welche der Meister seinen
wuf begründete. Doch sind dicse Bilder in ganz Europa
Uannt, und das Fehlen dcrselben war siir die meisten
^schauer der AilSstellung als kcine LUcke zu betrachten.

Wie bei allen derarligcn Ausstcllungen lag anch
)wr der Schwerpunkt dcs Jnkeresses darin, daß man
^'s den Werken allcr Lcbenspcrioden ven Entwickclungs-
üwig des Künstlers gcnau verfolgen konnte. So gelangte
'"un zu dem Nesuitate, daß dcr Künstler, wie wenige
vom Anfang seincr Thätigkeit an ein Ziel vcr-

hat und schnnrgeradc darauf losgesteuert ist, ohne

u ) langes Suchen und Vcrsuchcn scine Zeit und Kraft ^
ö" zcrspütie^

Schon in seinen Erstlingswerken licgt die Nich-
tung angcdeutet, dic cr später einschlug; nian sieht
wohl den schwercn Kampf, dcn er zu bcstehcn hatte,
wie cr wohl vielfach anch geirrt, aber schließlich doch
mit klarem Wissen nnd Wollen seine Prinzipicn vcrvoll-
kommnctc, bis cr die Werke geschaffen, dcnen er scine
Bedentiing vcrdankt.

Scklicht und einfach, wie seine Malwcisc war,
greift er auch in scinen Motiven nicht zurück zum
grauen Alterthum, noch hinaus in fcrne Ländcr, son-
dern mittcn in das reiche Volksleben seines eigcnen
Landes. Nur wcnige Bilder und cinigc Studien aus
Jtalien, welche allc besondcrn llmständen ihre Ent-
stehung vcrdankcn, sind davon auszunehmcn.

Von dcn erstcn Arbciten des Meisters verdicnt
namentlich ein Bild der Erwähnung: „Heimkehr däni-
scher Fischer", 1839 gcmalt, durch welches er zuerst die
Aufmcrksamkeit auf sich lcnkte. Ein Boot mil dänischcn
Fischcrn in ihrcm eigcnthümlichcn Kostüni ist ebcn im
Begriffe zu landen, das Segcl wird herabgelassen nnd
flattert im Winde. Dic Situation ist gut anfgcfaßt,
die Figurcn sind mit vicl Leben und Wahrheit gemalt,
die Bewegungen fcin cmpfundcn — schade, daß bci dic-
scm Bildchen die Landschaft so übcrans schülcrhaft und
äußerlich gemalt ist. Es scheint, als hättc der Meister
diese seine Schwäche auch sehr wohl eingcsehen, dcnn in
Ziikniift erschcint auf allcn Bildcrn, wo die Landschaft
bedciitcnd hervortritt, anch der Namc cines Landschafts-
malers; so lesen wir hänfig Gnde und Morten-
Müllcr ncbcn seinem Namen.

Eine Erscheinung, wclchc außcr bei Tidemand auch
bci vielcn andcrn norwcgischen Malcrn nnr zu oft vor-
koinmt, bestcht in der häufigen Wicderholung dersclben
oder sehr nahc verwandtcr Molive; so hat Tidcmand
u. A. bic „Braulfahrt in Hardangcr" zweimal, den
„Verwundeten Bärenjäger" drcimal, das „Einsame
Paar" in vielen Varialioncn gemalt.

Es ist nicht nöthig, von allen Werkcn, die in dic-
ser Ansstellniig vercint waren, zu reden; dicselben sind
bei verschiedenen Gelegeuheikcn schon bcsprochcn wordcn.

Es genügt, vie Namcn einiger Bildcr zn nenncn, um
oieselben dem Gedächtnisse zurückzurusen: „Die Katechi-
sation", 1847, „Die Fanatiker", „DicHaugianer", 1852
(Nationalgalerie in Bcrlin!, „Der vcnvundete Bären-
jäger" in zwei ähnlichen Bildern, cin dritles bcfindet
sich in Wien im Bclvederc, „Bcsuch dcr Eltern",
„Braulsahrt in Harvanger" (Landschaft von Gude).

An klcinen Genrebilvern sind nvch crwähncnswerth:
„Großvatcrs Eiiiiiieriingen", „Dic Answandcier", „Lc-
sendes Mävchen", „Leseunterricht", sowic viele Skizzcn
und einige Porträls.

Unter den Skizzen sind einige, welche Tidemand
im Anftragc ausführte, wie die „Anfcrstchnng Christi",
 
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