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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 13.1878

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Das städtische Museum in New-York
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https://doi.org/10.11588/diglit.5787#0187

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Das städtische Museum in New-Dvrk.

36l

geerntet. Ein Theil der Sammlung ist schon seit einigen
Jahren im Muscum anfgestellt, doch wurde sie erst im
Iahr 1876 angekauft. Jnzwischen ist sie aber im
gleichen Verhältniß gewachsen, wie die Ausgrabungen
fortschrilten, und durch ihren Besitz ist das Museum den
großen archäologischen Sammlungen der alten Welt
würbig zur Seite getreten. Sie ist von einem Reich-
thum, einer Vollständigkeit, befindet sich in einem Zu-
stande der Erhaltuug, wie sie nur unter den günstigsten
Verhältnissen zu erzielcn waren. Die Erzeugnisse
ägyptischer, assyrischer, phönizischer, altgriechischer und
griechisch-römischer Kultur sind darin vereinigt und über
hundert Kisten stehen noch ungeöfsnet, für deren Jnhalt
erst die neue Halle ben erforderlichen Raum gewähren
wird. Aus den Gräbern von Idalium, welche bis da-
hin noch nicht geöffnet worden waren und deren Cesnola
viele hunderte ausbeutete, brachte er an 4000 phönizische
irdene Vasen jeder Größe und Form an's Licht, viele
von großer Schönheit. Die meisten sind Lemalt, einige
mit eingeritzten Zeichnungen verziert; ferner glasirte
Vasen von Samos, altgriechische Vasen, Schalen und
Teller, Lampen ohne Zahl, Waffen, Dreifüße und andere
Geräthschaften aus Bronze, schöne Skarabäen, Steine
mit phönizischen Jnschriften und hunderte von kleinen
Terracoltafiguren. Die kyprischen Gräber aus der
griechisch-römischen Epoche habcn einen Reichthum an
Glasgefäßen ergeben, die in den prächtigstcn Regenbogen-
farben jchillern, was ohne Zweifel die Einwirküng me-
tallischer Substanzen in der Erde verursacht. Es sind
ihrer 1670 Stücke, die für sich ein Zimmer füllen. Jn
Curium entdeckte Cesnola das Schatzgewölbe eines Tem-
pels oder Palastes, dessen Ausbeute die kühnsten Er-
wartungen überbot. Goldgeschmeide von der schönsten,
feinsten Arbeit, Halsbänder, Armbänder, Hunderte von
Ohr- und Fingerringen und Amulctten, Schmuck und
Geräthe von Silber, Bronze und Alabaster, eine phöni-
zische goldene Schale kamen nach mehr als 2000 Jahren
wieder an's Tageslicht. Als die größten Schätze sind
jedoch die Statuen und Statuetten aus dem Tempel von
Golgos, so wie die Hunderte vvn Statuettcn und Köpfen
aus ven Gräbern zu betrachten. Sie reichen von der
Blüihezeit der ägyptischen bis zum Verfall der römischen
Kunst. Die abscheuliche chaldäische Venus und die nicht
schönere jübische Astaroth befinden >ich in freundlicher
Nachbarschaft mit einigen griechischen Statuetlen und
Köpfen aus guter Zeit. Die meisteu der Statuen aus
dem Tempel rühren indessen von den Assyrern und
PHLniziern her, sind alle auf Kypros aus einem dort
sehr häufig vorkommendcn Kalkstein gcarbeitet und zeigen
denselben Gesichtötypus, welcher auf Cypern noch heut-
zutage unter dem Volke vorherrschen soll. Charakteristisch
ist ein.stereotypes vergnügtes Lächeln. Eine eingehendere
Bcsprechung muß für eine spätere Zeit vorbehalten

l leibcn, wenn Licht und Raum ber Betrachtung günstigcr
st-n werden unv ein vollständiger Katalog angeferligt isi
Lchwerlich ,st bis dahin einem Menschen das Glück ve>"

als

gönnt gewesen, für sich alleiu, ohne andere Hülst
die der unwissenden eingeborenen Arbeiier unb der
fachsten Werkzeuge, einen solchen Reichthum an's L-ck'-
zu fördern, unb man muß die Energie und Ausvauc-
bewundern, die ein so bedeutendes Stück alter Cw-l-iu
tion wicder auf die Oberwelt gebracht hat.

Außer diesen Sammlungen hat das Museu»-
jetzt keine größeren Erwerbungen gemacht, einzelne Gcg-»-
stände abgerechnet — darunter eine vortreffliche Eüs--
Hadrian's — die gelegcntlichen Geschenke von K»»>'
freunden. Eine werthvolle Sammlung von Alterthü>»e>>>
und ilienaissancegegenständen verschiedener Art, besouvc-
schvne Gemmen, Jntaglio's und Majolikcn, i->-
des Sammlers Castellani, die während der velflossc»-"
Wochcn im Musenm ausgestellt war, würde eine gwl''
Errungenschaft gewesen sein; allein die durch Len Änl>»>l
von Cesnola's Sammlung erschöpften Mittcl rcWe"
dafür nicht aus. Außerdem aber tragcn dic zum
ausgesuchten Privatsammlungen, deren manche sck"»-
mehreren Iahren leihweise ausgeslellt sind, ---
Maße zu der Mannigfaltigkeit dcs Ganzen bei.
sonders anziehend ist eine schöne keramische San»»lu--i!'
die außer Len Proben von Porzellan, Steinzeug
Glas aus europäischen Fabriken eine reiche Auv>»»'
chincsischer und japancsischer Erzeugnisse enthält. Ä» I
Elfenbeinschnitzereien, emaillirte und lackirte Gegenst»»^
aus China und Japan sind zahlreich, wie inan
überhaupt die beste Gelegenheit hat, sich mit ostasiat-I st
Kunst und Industrie bekannt zu machen. Die un»>---''
bare Verbindung durch Dampfer über Kalifornien »»°
die Leichtigkeit des Berkehrs Legünstigen den Austa»!»!
und machen.New-York zu einem Stapclplatz solchcr E>''
zeugnist'e. — Ferner ist noch eine Sammlung »>'^
Münzen zu erwähnen, viele werthvolle Gegenstänve >»
dem Alterthum und der Renaissance — darunter c>»
herrliche silberne Schelle, die dem Benvenuto CeH-»'
zugeschrieben wird, alte Manuskripte uut Miniat»-^
schöne.^ geschnitzte Beichtstühle aus ber OlmxsIIs »»
köAuinuAö in Geut uno zwei reizende Medaillons »»
der Fabrik^der della Nobbia. — Seit Kurzem ist »»j
eine Auswahl alter Spitzen ausgestellt, denen ge^»'
wärtig überhaupt viel Aufmerksamkeit gewidmet wirv-
Alles in Allem genominen liefert das Museum e>>»»
erfreulichen Beweis für den zunehmenden Kunsts-n--
New-Norker^Publitums und aus dem, was die Gcgc»'
wart geleistet, känn man mit Zuversicht unter »»'
cinigermaßen günstigen Verhältnissen auf eine glänze»>»
Zukünft schließen. 0.
 
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