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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 13.1878

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42g

Korrespoiidcuz.

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lun Gegciigkwicht der orthüdox-conservativen tluchtnng
M bilden, die in der Akademie vorherrscht, nnd den
Kunstlern, deren Werke damit nicht in Einklang sind,
Gelegenheit zu bieten, ihre Schöpfungcn dem Publikum
nnabhängig uud frei von unfrcundlichcn Einflüsseu vor-
Zuführen.

Unter dicseu Umständen ist die gegenwärtige Aus-
stellung entschicden als ein Erfolg zu rühmcn. Der
Katalog enthält 122 Nummern und selbst bci dicser
»"rhältnißmäßig kleincn Zahl läßt sich größere Man-
«igfaltigkeit im Stil und mehr Zndividualität in dcr
^lusführung wahrnehmen, als man oft in dcn 5—600
Mniiineru der akademischen Ausstellung cntdecken konnlc.
4liele der ausstellcndcu Künstler sinv nnter dcn Einsluß
bcutscher uud französischer Kunst gekommen und die
Üeiere Behandlung, die höhere Tcchnik, wclche» sich in
ihreu Arbeiteu kundgebcn, sind ein unleugbarer Fort-
schrilt von dcr hergebrachteu übermäßig glattcn Manier
und der stcreothpeu Beleuchtung, dcrcn Gleichförmigkeit
'" den Ausstellungen so crmüdend wirkte. Offenbar
'H ein neues Element in vcr amcrikanischen Kunst zum
Kusdruck gekommcu, das eine selbständigere nnd höhcre
Entwickelung verheißt, als unter alleiniger akademischcr
H"rschafl möglich wäre. Freilich hat die Sache auch
st^e Kehrseite. Manchc der jnngen Maler sind in ihrcm
sich die Vorzüge ihrcr Vorbilder anzucigncn in
"" unbedingte Nachahmung dcrsclbcn verfallen, ohnc sich
ledvch über ^^^re Manier zu erhcben. Da giebt
ss schwache Reminiscenzen an Eorot, Gerome unv Diaz,
"> stlbst Hille Bobbe von Frans Hals hat als Modcll
st" cine böhmische Bettlerin dieneu müssen. Andere
stellen halbfertigc Bilder aus, nach dem Beispiel bcdcu-
^der Künstler, deren geniale Skizzen freilich cinc andcrc
^ercchligung habcn als die Versuchc ihrcr Schüler uud
'stuchahincr. Zn den Zeitungen wird eine lcbhaftc Dis-
Won über diesen Gegenstand geführt. Während von
e>uer Seite die Behauptung aufgestellt wird: ein Bild
n' sertig, wenn der Künstlcr durch weitere Ausführung
'e'ne höhere Vollenvung zu errcichen weiß, wird von der
nndern diese „8lnp-äu8li" Manier alS cin verderblicher
^rihu», bekämpft. Wie immer auf amerikänischen
^nsstellungen herrscht die Landschaft vor, doch fehlt es
^nch nicht an Portraits, Studienköpfen nnd Genrebil-

Zuvörderst ist William M. Chasc, gegenwärtig
' Biünchen, zu crwähncn, aus dcssen Werken hohc
"nstlerischc Begabung spricht. Scine Gestaltcn athmen
Ü'sches Lebcn; eS sind Mcnschen mit ansgesprochenen
^"b'vidualitäten, die man nicht vergißt, wenn man

einnial begcgnet ist. Scine Bchandlung ist breit,

">>er und kräftig. Besonders erregt ein Bild: „rsrrä^

tlis rlgg wohlverdicnte Aufmcrksamkeit. Es

^ "> Lebensgröße und fast ganzer Gestalt, eine jungc
^anie .

'»' Reitanzug, welchc die Handschuhc anzieht, im

Begriff aufs Pferd zn steigcn; cine anziehende Erschei-
nung, aristokratisch und cdel, mit blondem Haar und
cinem schwermüthigcn Ausdruck, dcr auf eine iuncrc
Geschichte schlicßeu läßt. ES licgt Stimmung darin
uud ein cigenthümlich poctischer Hauch ist darüber aus-
gcbrcitct. Ganz davon verschicden, aber nicht niindcr
charakteristisch ist dcr Lchrjunge, Knicstück, cin roth-
haariger Bcngel, dcn die Gesellen um die Ecke nach
eincm Krug Bier gcschickt habcn. Untcrwegs hat er
ein Cigarrenendc aufgelesen und raucht es mit kvmisch
gcspitztcn Lippen und dem Ansdrnck höchster Befriedi-
guug. Es ist so viel gesunder Hunior und heitcre
Wirklichkeit in der Darstellung, daß man seinc Frcude
darau hat. Ein verwundeter Schmuggler und cin
Studienkops beknndcn ebenfalls Chase's Talent, dcn
vcrschiedcnartigstcn Vorwürfen sclbständiges, eigcnthüm-
lichcs Lebcn zu vcrlcihen. Kcinen schärfern Gcgensatz
könnte man finden, als das sehr anspruchsvollc, lebenS-
große Portrait dcr Sängerin Albani in dcr Rvlle der
Lueia von Lammermoor von William H. Low, das bei
sorgfältiger Ausführnng in seincr Lcblosigkeit dcn Ein-
drnck eincs Coftümbildes macht. Walter Shirlaw, der
Präsident dcs Vereins, zeigt in seinen Bilvern, daß
deutsche Eiuflüsse cineu ergicbigeu Bodeu gefunden haben.
Eins dcr besten Genrcbildcr ist scin Wcrk: einc Schennc,
darin cine Baucrfrau mit ein paar kleincn Zuugcu, die
ebcu der Gänsehccrde die Thür geöffnet hat uud Meu-
scheu und Geflügel wünschen sich gegcnseitig guten
Morgeu. Es ist ein Stück heitcru Laudlcbcns und
thut sich durch sorgsame Ausführnng hervor. Anch ein
Pvrtrait „ein junger Patrizicr" uud cin Stndienkopf
sind ansprechende Leistungen. Studienköpfe nnd Porlraits
vou Whatt Eatvn und Aldcn Weir, Ein Znterieur in
Tlemccn von Lvuis Tiffanh, Wasserträgcr in Venedig
von Mahnard, 2lusternfischcr in Caneale vvn Zvhn S.
Surgent, und ein jnnges Mädchcn in eineni Wälschkorn-
feld von Frederick Dielman sind gelnngene Bildcr, dic
dcn gutcu Einstuß enropäischcr Schnlcn kuiidgcbcn.

Unter den Landschaften sind viele anziehende lvbcns-
werthc Werke zu erwähueii. Die Eniaiieipativn vvu dem
conventivnclleu Stil gibt sich auch hier mehr oder ininder
auf erfreulichc Weise tuiid. Thomas Moran, dcssen
Darstcllungen des „großcn Westens", dcr Gegenden am
Hcllvw'Stvnefluß und der Fclscugebirge ihm iu wcnig
Jahren wvhlverdienten Nus vcrschasft habcn, W. S.
Maeh (Wald in Baiern im Späthcrbst), R. Swain
Gifford, A. H. Whant, Samncl Colman, Charles
H. Millcr, W. E. Bnucc, C. B. Cvinans, Alden
Rh d cr, E. H. Bartv l, Zamcs M. Whistler und A. H.
Thaher zcichnen sich anf dicsem Fclde aus und haben
Werke ausgestcllt, welchc auf jeder eurvpäischen Auö-
stellnng Anerkeiliinng findcn würden nnd cin ehrcnvvlles
Zengniß für ihrc knnstlcrische Befähigung lieferu.
 
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