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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 13.1878

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Das Freiburger Münster und seine Restauration
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https://doi.org/10.11588/diglit.5787#0379

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747

Das Freiburger Münster und seine Restauration,

lichcn Baues gewachsen ist, Diese Vvrbedingnngen
einer guten Nestauration sind aber bis jetzt niemals
erfüllt worden, Wenn man Ende des vorigen Jahr-
hundcrts in seinenr guten Eifer getrost an's Werk ging
und die fchlenden Chorstrebehfeiler auszubauen begann,
so gut als man cs ebcn ohnc irgend welche kunstgc-
schichtliche Studien vermochte, die damals überhautzt
kein Mensch machen konnte, so ist das verzeihlich; und
was von 1780—1813 etwa von diesen Zuthaten am
Miinster besteht, ist mindestens groß und tüchtig ge-
dacht, wenn auch im Stil vollstcindig verfehlt, Auch
das ist noch erträglich zu nennen, was zunächst nach
dieser Zeit dem Chorbau zngefjigt wurhe und erst mit
dem weiteren Fortschreiten des Restaurationswerks bis
zum Jahre 1857 werdcn diese Ergänzungcn immer
schlechtere Spielereien einer unverstandencn Gothik.
Scit diesem Jahre hat die Restauration Gottlob lang-
same Fortschritte gemacht. Mit welcher Willkür und
Unkenntniß der Aufgabe man indessen verfahren ist,
dafür spricht schon der Umstand, daß man nicmals das
Münster aufgenommen hat, trotzdem fast alle Theile
desselben schon einmal eingeriistet warcn, daß man sich
niemals bci irgend einer Autorität im mittelalterlichen
Kirchenbau Raths erholt hat, wic dies ja doch selbst
die Bauverwaltungen im Mittelalter zu thun.pslegten,
wenn es sich um wichtigc Angelegenheiten handelte,
daß man bald da bald dort entfernte odcr zufügte,
was den zu solchem Meisterwerk weder Bernfcnen
noch Auserwähltcn gut dünkte. An der Fensterrvse
des südlichen Ouerschiffs wurde nicht blos die barocke
Malerei des vorigcn oder 17. Jahrhnnderts cntfernt,
svndern glcichzeitig anch ein auf der Leibung dieses
Radsenstcrs aufgcmaltes Ornament, welches, nach nvch
vorhandeuen Photvgraphieen zu urtheilcn, entschicden
der Erbaunngszeit des Querschiffs zuzuschreibcn ist.
Wenn dcr Restaurator, der cs cntfernen ließ, bchauptete,
dieses Ornamcnt sei ebenfalls barock gewesen, so be-
ruht diese Ansicht doch wohl auf einer irrigcn An-
schanung und könnte nnr dadurch einigermaßen erklärlich
sein, daß dieses Ornamcnt in der Barockzeit ausgcfrischt
worden war und so zu einer Täuschung führte. An
den Ergänznngen der südlichen Strebepfcilergrnppen
Wurdcn nicht nnr manche Ornamente gcändert — man
hat beispielsweise bei eiuem Frics großcr Blätter die
Blattncrven weggclassen, welche an den Originalen
vorhanden waren, „weil man solche Dctails vvn unten
doch nicht sehe" — sondern auch einc Answahl so
sonderbarer Kreuzblnmen hinzngefügt, daß, wenn diese
wirklich genan nach alten Mustcrn kopirt wärcn, sie
jedenfalls als höchst seltsame Ausnahmsfällc Jnteressc
hütten. Vermuthlich sind sie aber moderne Phantasie-
gebilde, wie man sie ja in Deutschland so vielfach
alten Banten anfoktrvpirt. Nenerdings hat man die,

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Galeriebrüstungen des Mittclschiffs theilweise cntfemt
llne dnrch abscheuliche Mißgeburten modernen Ge-
pnackv crsetzt. Jm Jnnern hat inan, was ganz
eie htigt istz dcn Anstrich von dem Steinwerk entfernt
uiu sv hat der entschiedcn an Würde gc-

üoiimn; cs darf jedoch nicht Verschiviegen wcrden, daß
ui )t selten niit der Entfernuiig der Farbe vom Stcin-
ivei" sv rückjichtslos verfahren wird, daß nicht blos dic
ursprünglichc Behauungswcise des Stcins nnd daniit
enie archäolvgisch wichtige Handhabe znr Benrthcilung
euizelncr baugeschichtlichcn Problcme verlvren geht,
sviwerii auch, daß d!e Oriiameiitik dnrch Abkratzcn und
ia -arbeiten des Steines lcidet. Was die ncucr-
mgS wiederhergestellte Malerei an dcn Gewvlbcn dcS

- ittelschjffs bctrifft, so mvchten wir sie am liebsten
gc ten tasjen, hätte sich „icht eine anßcrdcutschc Antv-
ritatz von der man sich cin Urtheil erbeten hattc, un-
gwistig über dieselbe ausgcsprochcn. Die nciien Bcr-
" ^ ^ewölbemalereicn in den Seiteiischiffcn sind
ulS stilistisch dnrchans verfehlte zn betrachten".

lIlasmalereien scheinen in dcn lctzten Zahren
a inälig in ivillkürlicher Wcisc verunstaltct zn wcrdeni
Uas wir wenigstens an sogen. Ansbesseruugen zu be-
>at)ten Gclcgenheit hattcn, war dnrchaus schlecht."

- »^>v>i eincr Vvllkvmmen gelnngenen Wicdcrhcr-
Mlnng i„i Jnneren unscres Münsters zu sprechen,
-a e eilsv der Herr Korrespvndent kaum cine Bc-
rechtignng) ebensoiveiiig hatte er Grnnd dazn, die
me >, erncn, gvthisch stin sollenden Altärc uud die ncucn
-vand- nnd Glasgemälde zu loben. „Die wcißcn mit

v i bciualten Chvrjtühle, welche theilwcisc erst 1828
svn Glänz nnd 1833 Vvn Bildhaner Hausen gcscrtigt
>n , will dcr Korrespvndent restaurirt wiffcu, da-
gegen verlangt er die Entferniliig der schöncn Renaist
lancevorhalle am südlichen Qncrschiffflügel, „wclchc
e>jt in der zwcitcn Hälfte des Vvrigcn Jahrhniidcrts
angebaiit wnrde" — er hätte in Lübke's dentscher Rc-
naijjancc sich tiber diese Vorhalle besser nnterrichtcll
ennen. Die „drei gcschmacklosen Säulen vor dci»
^anptportal, cine völlig mißlungcne Arbeit aus dcm
/tnfang dcs letzten JahrhnndcrtS, welche Sänlcii dic
erhabenen Bau störcn", svllc"
v 'ensiUls dcr Pnrisikationswiith nnseres Korrcspoiidcute'!
Znin Opfer fallen. Wir wollen den Korrespondcnteii

mcht zn widerlegen siichcn, fvndern cinige Fragcn bc-
>n tl-vitin, Ivelche ,ich twn selbst aufdrängcn".

„Wer ist denn Eigenthümer des Münsters, d. h.
"cht des Banplatzes nnd des Banes, der darauf stclst'
svndcrn des Knnstwerkes? Das Domkapitcl oder d-c

Nniistcrst.ftnngsbaukomuilssion oder dic Stadt odcr

ccr Staat oder die katholische Bcvölkcrung des badi-
welche untcr deni ErzbiSthum stclst-
i-vit eiu solches erhabenes Werk nicht der ganzc"
 
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